Zusätzliche Unterstützung für Schweizer Medien
29.01.2022 AbstimmungenIn zwei Wochen entscheiden die Stimmbürgerinnen und -bürger, ob die Medien mit einem Massnahmenpaket von zusätzlich 151 Millionen Franken ergänzend zu den bestehenden Subventionen unterstützt werden sollen. Für die Befürworter ist das unabdingbar, für die Gegner unnötig und schädlich.
Am 13. Februar befindet das eidgenössische Stimmvolk über das neue Mediengesetz mit einem Massnahmenpaket zugunsten der Medien. Zeitungen, private Radio- und Fernsehstationen sowie Onlinemedien versorgen die Bevölkerung täglich mit Informationen. Sie tragen damit zur Meinungsbildung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Trotz ihrer Bedeutung sind die lokalen und regionalen Medien aber finanziell unter Druck geraten: «Werbegelder fliessen vermehrt zu grossen internationalen Internetplattformen. Viele Zeitungen sind verschwunden. Auch die privaten Radio- und Fernsehstationen haben weniger Werbeeinnahmen. Das schwächt die Berichterstattung aus den Regionen und damit das gesellschaftliche Zusammenleben», ist den Abstimmungsunterlagen zu entnehmen. Bundesrat und Parlament wollen die lokalen und regionalen Medien stärken. Der Bund vergünstigt seit langem die Zustellung von abonnierten Zeitungen. Diese Vergünstigung werde nun auf solche mit grösserer Auflage und auf die Zustellung früh am morgen erweitert. Zudem fördere das Gesetz Onlinemedien und unterstütze Lokalradios sowie das Regionalfernsehen stärker. Bedingung sei, dass sie sich hauptsächlich an ein schweizerisches Publikum richten und Themen aus verschiedenen Bereichen der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft behandeln müssten. Die Fördermassnahmen würden aus den Einnahmen der bestehenden Radio- und Fernsehabgabe sowie über den Bundeshaushalt verwaltet. Zur bereits existierenden Unterstützung sollen nochmals jährlich 151 Millionen Franken aufgewendet werden.
Unabdingbar für die direkte Demokratie
SP, Grüne, EVP, GLP und die Mitte unterstützen die Abstimmungsvorlage. Das breit abgestützte Ja-Komitee aus Politik, Medien und Organisationen findet, dass die Unabhängigkeit der Medien und der Meinungswettbewerb unabdingbar für die direkte Demokratie seien. Für die freie Meinungsbildung in politischen und gesellschaftlichen Debatten brauche es möglichst vielfältige, glaubwürdige, fundierte und manchmal auch unbequeme Informationen. Nur so sei es möglich, demokratische Verantwortung zu tragen. Das Medienpaket stärke die Unabhängigkeit der Schweizer Medien, denn sie blieben klar vom Staat getrennt und es gebe keine Auflagen und Leistungsaufträge für die Verlage.
Regionale Medien sind durch den Einbruch im Werbemarkt massiv unter Druck und mit der Verlagerung ins Digitale lässt sich heute in den Gemeinden und Regionen noch kein Geld verdienen. Dazu brauche es gemäss Befürwortern neue Geschäftsmodelle und Investitionen, welche die Unternehmen aber kaum aus eigener Kraft tätigen können. Hier setze das Medienpaket an: Die Unterstützung sei überschaubar, zeitlich begrenzt und unterstütze die kleinen, regionalen und lokalen Medienunternehmen im Verhältnis deutlich stärker.
Noch immer ist die Zeitung das meistgenutzte Medium der Schweiz. Der flächendeckende Vertrieb in jede Ecke – ob lokal, regional oder schweizweit – ist finanziell sehr aufwändig. Die Kosten der Post für die Zustellung der Zeitungen und Zeitschriften seien in der Vergangenheit gestiegen und würden weiter zunehmen, argumentiert das Ja-Komitee. Das Medienpaket ermässige die Zustellkosten und stelle so die Tages-, Früh- und Sonntagszustellung in alle Briefkästen der Schweiz sicher.
Ein Raubzug auf die Staatskasse
SVP, FDP und EDU stellen sich gegen das Medienpaket. Laut des nicht minder breit aufgestellten Nein-Komitees aus Politik, Organisationen und ebenso einigen Medien würden die grossen und reichen Medienkonzerne, die Jahr für Jahr Hunderte von Millionen Franken Gewinn machen, profitieren. Deshalb sähen sie das Massnahmenpaket als Raubzug auf die Staatskasse. Es sei unnötig und schädlich, verzerre den Markt und mache die Medien staatsabhängig. Zudem führe das zu noch mehr Einheitsbrei und zementiere die heutigen Monopole.
Neu würden die privaten Medienhäuser vom Staat jedes Jahr weitere happige Millionenbeträge erhalten. Dies zusätzlich zu den jährlich 109 Millionen Franken, welche die Verlage für ihre Radio- und TV-Stationen bekommen und den 130 Millionen, welche sie dank des reduzierten Mehrwertsteuersatzes einsparen würden. Insgesamt würden die Verleger die Steuerzahler künftig jährlich über 400 Millionen Franken kosten, lässt das Nein-Komitee verlauten. Eine Mehrheit der Mediensubventionen sollen direkt in die Taschen der grossen Medienkonzerne und deren Aktionäre fliessen, obwohl diese das Geld nicht nötig hätten. Denn sogar im letzten Corona-Jahr hätten sie mehr als 300 Millionen Franken verdient. Selbst börsenkotierte Unternehmen wie die Tages-Anzeiger-Gruppe, die NZZ oder wohlhabende Verlegerdynastien würden jedes Jahr Millionen an Subventionen einstreichen. Für die Vorlagengegner ist klar: Vom Staat finanzierte Medien verlieren ihre Glaubwürdigkeit. Nur unabhängige Medien könnten den Staat kontrollieren. Nun aber wolle dieser die Medien beherrschen und gefügig machen. Man wisse aber: «Wes Brot ich ess, des Lied ich sing».
RENÉ FISCHER
Wichtig für Kleinverlage
Die bestehende Mediensituation zeigt auf, dass das Marktumfeld für kleine Verlage immer schwieriger wird. Viele kleinere Zeitungen wurden bereits von Grossverlagen übernommen oder sind ganz von der Bildfläche verschwunden. Wie man heute schon feststellen kann, schwinden bei einer Übernahme eines Kleinverlags durch einen grossen automatisch die tiefgründigen regionalen Berichterstattungen, da die Redaktionen zwecks Kostenoptimierung zusammengelegt werden. Gerade deshalb gilt es, die kleinen Regionalzeitungen zu schützen und deren Überleben zu sichern. Ansonsten stirbt die vielfältige regionale Berichterstattung aus, was ernsthafte negative Folgen für die Gemeinschaft in den vor allem ländlichen Gemeinden mit sich bringt. Ein gesunder regionaler Kreislauf von Medien, Geschäften, Behörden, Kultur und Vereinen ist in der heutigen Zeit wichtig und fördert den Zusammenhalt, von welchem schlussendlich die gesamte Bevölkerung profitiert. Würden diese Zeitungen weiter dezimiert, hätte das eine Minderung oder sogar den Verlust der regionalen Berichterstattung über beispielsweise Politik, Sport, Vereine, Kultur und KMU zur Folge. Dies würde der Gesellschaft, dem Zusammenhalt der Bevölkerung und unserer direkten Demokratie schaden.
Inserateneinnahmen schwinden seit Jahren und bei den Abonnenten kann mehrheitlich kein Zuwachs mehr generiert werden. Ist ein Kleinverlag in der Lage, die Anzahl Abonnenten zu halten, ist er schon erfolgreich unterwegs. Im Gegenzug nehmen die Kosten und Aufwände jedoch jährlich zu. Entscheidet sich ein Verlag, eine Onlineplattform für seine Kunden anzubieten, muss das ebenso finanziert werden.
Deshalb würde eine zusätzliche finanzielle Förderung durch den Bund den Kleinstverlagen enorm nützen, ihre herausfordernden Aufgaben zukünftig weiterhin wahrnehmen zu können. Positiv an der Vorlage ist, dass die kleineren und mittleren Zeitungsverlage prozentual stärker im Verteilschlüssel berücksichtigt werden. Eine mögliche Gefährdung der Unabhängigkeit der Berichterstattung durch das Massnahmenpaket kann ich nicht bestätigen.
Schlussendlich kommt ein Ja zum Medienpaket jedem Leser und jeder Leserin zugute, welche sich weiterhin über eine vielfältige und regionale Berichterstattung, inklusive gutem Service freuen dürfen.
GIAN-MARCO PAZELLER, VERLAGSLEITER