Wahr oder Fake?
11.03.2023 KolumneDa hatte ich meine Kolumne über den Lehrermangel schon beinahe fertig geschrieben, und dann das: Vor einer Woche, am 4. März, rief Rolf Hug in dieser Zeitung zum Bürgeraufstand auf. Er empörte sich darüber, dass in den Gemeinden Seegräben und Windisch Mieter aus ...
Da hatte ich meine Kolumne über den Lehrermangel schon beinahe fertig geschrieben, und dann das: Vor einer Woche, am 4. März, rief Rolf Hug in dieser Zeitung zum Bürgeraufstand auf. Er empörte sich darüber, dass in den Gemeinden Seegräben und Windisch Mieter aus ihren Wohnungen gezwungen worden seien, um Asylanten Platz zu machen. Gleichzeitig wird aber bekannt, dass die Faktenlage in beiden Gemeinden anders ist als von Hug dargestellt, und sein Aufruf an die Mieter, internationale TV-Stationen aufzubieten oder sich medienwirksam vor der Wohnungstür anzukleben, ist verfrüht und ohne vertiefte Prüfung und Kenntnis der Sachlage erfolgt.
In Windisch wurde den Mieterinnen und Mietern nämlich gekündigt, weil das Gebäude abgerissen wird. Gemeinde und Kanton entschuldigten sich für den Kommunikationsfehler. Im Kanton Aargau hat man übrigens noch gegen 1000 freie Plätze für Asylsuchende. In Seegräben haben die Behörden dem Mieter, der allein in einem grossen, gemeindeeigenen Haus wohnt, gekündigt, weil sie einen Rechnungsfehler gemacht und die Asylantenquote falsch berechnet haben. Sie hätten also gar nicht kündigen müssen.
Ich will hier jetzt keine Asylantendebatte lostreten oder gar das Problem verharmlosen. Die Asylgesuche steigen, und bewaffnete Konflikte wie der Ukrainekrieg verschärfen die Lage zusätzlich. Die Zürcher Gemeinden werden noch mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen. Migrationspolitik, Klimawandel oder steigende Gesundheitskosten stehen auf dem Sorgenbarometer der Bevölkerung zu Recht weit oben. Wir alle sind angehalten, uns dazu Gedanken zu machen und wenn möglich einen Teil zur Lösung beizutragen.
Dazu eignen sich aber vorschnell abgesetzte Posts schlecht. Viele Artikel im Internet sind schlecht recherchiert und verbreiten Halbwahrheiten. Oftmals teilen Leute im Netz Beiträge, ohne die Quelle oder Faktenlage zu überprüfen. Dabei kommt der Bildung eine grosse Bedeutung zu. Wie gehen wir mit der Informationsflut um? Wie kann ich überprüfen, ob eine Meldung glaubwürdig ist? Welchen Internetseiten kann man vertrauen?
Medienkunde ist neu ein Fach an der Volksschule. Dabei sollen Schülerinnen und Schüler nicht nur lernen, Medien interaktiv zu nutzen und mit anderen zu kommunizieren, sondern ganz wichtig ist es auch, Medienbeiträge zu entschlüsseln und reflektieren. Eine effiziente Internetrecherche setzt zum Beispiel Kenntnisse über die Funktionsweise von Suchmaschinen oder über die Hintergründe zu Zensurmassnahmen voraus.
Und ganz zum Schluss bleibt noch das eigene Denken. So hat zum Beispiel eine Schülerin von mir mal steif und fest behauptet, dass der Simplon einen 59 Kilometer langen Tunnel habe und sich dabei auf das Internet berufen. Zum Glück haben das nicht alle in der Klasse geglaubt und gemerkt, dass es sich dabei um die Länge der Passstrasse handelt.
Für uns Leserinnen und Leser wird es immer schwieriger, Fake News von gut recherchierten Artikeln zu unterscheiden. Wir sollten uns dessen bewusst sein und deshalb alles genau lesen und auf seinen Wahrheitsgehalt prüfen!