Vanessa Sacchet im Gespräch mit Thomas Gurzeler
21.09.2024 Leute aus der Region, ElggThomas Gurzeler, geboren am 12. März 1968, wuchs in Elgg zusammen mit seinen zwei Schwestern auf. Seine Lehre als Zahntechniker brach er nach zwei Jahren ab, nachdem er zuvor heimlich eine Schnupperlehre bei der Firma Steger in Aadorf absolviert hatte. Im Jahr 1987 begann er dort seine ...
Thomas Gurzeler, geboren am 12. März 1968, wuchs in Elgg zusammen mit seinen zwei Schwestern auf. Seine Lehre als Zahntechniker brach er nach zwei Jahren ab, nachdem er zuvor heimlich eine Schnupperlehre bei der Firma Steger in Aadorf absolviert hatte. Im Jahr 1987 begann er dort seine Ausbildung zum Sanitärinstallateur. Im Alter von 51 Jahren entschied er sich, nach Thailand auszuwandern. Heute lebt er mit seiner Frau Pen in Hua Hin.
«Im Oktober 1989 fragte mich meine Schwester, ob ich mit ihr nach Thailand in die Ferien kommen möchte. Wir verbrachten drei Nächte in Bangkok und anschliessend zwei Wochen Badeferien in Pattaya. Das war das erste Mal, dass ich dieses Land bereiste. Bei der Firma Steger hatte ich die Chance, zusammen mit einem Arbeitskollegen in Pakistan, beim Neubau der Schweizer Botschaft in Islamabad, die sanitären Anlagen zu installieren. Im November flog ich für die Weihnachtsferien zurück in die Schweiz. Ich bereute es, bei diesen kalten Temperaturen und dem Nebel zurückgekehrt zu sein, und schwor mir, das nie wieder zu tun.
So verbrachten wir im März 1993 zwei Wochen Badeferien in Pattaya. Danach hatte ich erst einmal genug von Thailand und wollte noch andere Länder bereisen. Als ich bei der Firma Lattmann in Elgg Geschäftsführer war, fragte mich der Lehrling, ob wir nicht zusammen nach Thailand in die Ferien gehen möchten. So flogen wir nach Phuket. Später zog es mich noch vier bis fünf Mal dorthin. Danach wollte ich lieber im Land herumreisen. Im Jahr 2008 besuchte ich für zwei Jahre die Migros Klubschule, um die thailändische Sprache zu lernen.
Meiner Frau Pen begegnete ich zum ersten Mal per Zufall in einem Gästehaus, als ich in Hua Hin war. Sie besass in Bangkok einen Beauty Salon und besuchte eine Kollegin. Wir kamen ins Gespräch, und es entwickelte sich eine Freundschaft. Als ich wieder in der Schweiz war, hielten wir Kontakt über E-Mail. Im Dezember 2013, als ich erneut in Thailand war, verliebten wir uns und sind heute seit zehn Jahren verheiratet.»
Im Jahr 2019 nach Thailand ausgewandert
«Unser Elternhaus in Elgg verkaufte ich im Alter von 51 Jahren. Diese Entscheidung erforderte eine gewisse Vorbereitung, da ich schon länger mit dem Gedanken spielte, auszuwandern. Eigentlich hatte ich geplant, dies erst mit 55 Jahren zu tun. Da ich die Sprache bereits gelernt hatte und Thailand gut kannte, war es keine unüberlegte Entscheidung. Das Positive an Hua Hin ist das angenehme Wetter. Hier herrscht ein mediterranes Klima mit wenig Regen, selbst in der Regenzeit haben wir oft schönes Wetter. Wenn es regnet, dann meist nur kurz am Nachmittag. Zudem wird es nicht so heiss und auch nicht wirklich kalt wie im Norden des Landes.
Ein weiterer Vorteil ist die günstige Lebenshaltung. Mit unserem Schweizer Franken können wir hier gut leben und haben ein monatliches Budget von 1300 Franken. Unser Lebensunterhalt wird durch den Erlös aus dem Hausverkauf gedeckt, und zusätzlich hatte ich das Glück, im Jahr 2012 ein Haus in Steg im Tösstal zu kaufen, das wir weiterhin besitzen. Das Haus ist gut vermietet und bietet uns ein regelmässiges Einkommen. Dies gibt uns die Sicherheit, dass wir, falls es in Thailand nicht klappen sollte, wieder in der Schweiz Fuss fassen können.»
Kulturelle Unterschiede und Schweizer Gemeinschaft
«Pünktlichkeit hat für Thailänder eine andere Bedeutung als für Schweizer. Es gilt eher das Motto: Komme ich heute nicht, komme ich morgen. Diese Mentalität spiegelt sich darin wider, dass Verabredungen um 14 Uhr oft erst gegen 15 Uhr eingehalten werden. Thailänder leben im Hier und Jetzt und denken weniger an die Zukunft. Die Sauberkeit ist nicht vergleichbar mit der Schweiz, und das Abfallmanagement ist weniger effizient. Thailand ist auch lauter, da viele Feste gefeiert werden, und sie kennen keine Grenzen, wenn es um Lautstärke geht. Die Luftqualität ist ebenfalls anders, besonders in der Trockenzeit zwischen März und Mai, wenn die Bauern ihre Felder abbrennen, was zu schlechter Luft führt.
Dennoch überwiegen für mich die positiven Aspekte. Die Freundlichkeit und die Mentalität der Menschen sind bemerkenswert. Durch meine Sprachkenntnisse kann ich mich gut mit den Einheimischen verständigen. In Hua Hin habe ich nur wenige thailändische Freunde. Hier leben viele Schweizer, mit denen ich in Kontakt getreten bin. Ein lustiger Zufall ist, dass mein ehemaliger Chef, Cornelius Steger, ebenfalls in Hua Hin lebt. Hier gibt es eine sogenannte Swiss Society, die sich einmal im Monat in wechselnden Restaurants trifft. Cornelius Steger erkennt mich jedoch nicht mehr, da meine Lehrzeit in Aadorf schon viele Jahre zurückliegt. Ich habe die Firma Steger 1994 verlassen.»
Mein neues Leben in der Ferne
«Trotz meiner Vorbereitung auf den Ruhestand fühlte es sich anfangs so an, als hätte ich mich ins kalte Wasser geworfen. Als wir auswanderten, waren wir nicht von Beginn an in Hua Hin. Meine Frau wollte in der Nähe ihrer Familie wohnen, die in einem Dorf ausserhalb von Khon Khaen lebt. Wir mieteten für 14 Monate ein Haus in der Stadt.
Schnell merkte ich, dass ich dort nicht Fuss fassen konnte. Einen gemeinsamen Nenner zu finden war schwierig, aber letztendlich leben wir heute in Hua Hin, wo ich meine klassischen Hobbys pflege, wie das Reisen, Sport treiben und Schwimmen. Wir haben hier einen grossen Gemeinschaftspool im Village, den ich oft nutze. Ausserdem koche und backe ich sehr gerne, weshalb ich oft Gäste einlade und ebenfalls eingeladen werde.
Aus meiner alten Heimat vermisse ich wenig. Klar fehlen mir meine Schwestern und zwei, drei wirklich gute Freunde von früher. Meine ältere Schwester, die gerne reiste, ist mittlerweile 72 Jahre alt. Meine ein Jahr jüngere Schwester leidet an Flugangst und war noch nie in Thailand.
Ich würde gerne zwischendurch mal wieder nach Hause kommen, aber das Leben in der Schweiz ist sehr teuer. Ohne Elternhaus ist es schwierig, eine preiswerte Unterkunft zu finden. Auch die Verkehrsmittel sind kostspielig. Zuletzt waren wir wegen Corona für drei Monate in der Schweiz.
Heute fühle ich mich in Thailand zu Hause, aber es hat seine Zeit gedauert, bis ich ein soziales Umfeld aufgebaut hatte und mich zurechtfand. Jetzt kann ich sagen, ich bin angekommen.»
Schweizer Genussmomente in Hua Hin
«In Thailand habe ich gelernt, das Leben gelassener zu nehmen. Natürlich denke ich an die Zukunft, aber ich lebe gerne im Moment und geniesse das, was ich habe. Grosses Heimweh verspüre ich nicht, und ich vermisse eigentlich nichts.
Das Schöne hier in Hua Hin ist, dass sich Thailand in vielerlei Hinsicht gewandelt hat. Man bekommt mittlerweile fast alles. Wir haben unseren Metzger Sami, einen Appenzeller, der seit Jahrzehnten hier lebt und die besten Servelas, Bratwürste und andere Wurstspezialitäten herstellt. Es gibt drei Schweizer Bäcker, bei denen wir Gipfeli und St. Galler Brot bekommen. Auch die Restaurants bieten alles Mögliche an, sogar Fondue ist überall erhältlich, und es gibt Käse in allen Variationen, bis hin zu höhlengereiften Sorten. Ich kenne viele Thailänder, die ebenfalls gerne Fondue essen. Meine Frau liebt es. Noch lieber mag sie Raclette. So essen wir nicht nur thailändisch, sondern geniessen zwischendurch mal ein Raclette mit Tischgrill.»
VANESSA SACCHET