Vanessa Sacchet im Gespräch mit Ramona Pomahatsch-Hollenstein
18.01.2025 Leute aus der Region, ElggRamona Pomahatsch-Hollenstein, geboren am 22. Oktober 1982 in Frauenfeld, wuchs gemeinsam mit ihren zwei Brüdern auf. Die gelernte Bäckerin/Konditorin ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Heute leitet sie ihr eigenes Geschäft und hat sich auf Zuckerartistik spezialisiert ...
Ramona Pomahatsch-Hollenstein, geboren am 22. Oktober 1982 in Frauenfeld, wuchs gemeinsam mit ihren zwei Brüdern auf. Die gelernte Bäckerin/Konditorin ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Heute leitet sie ihr eigenes Geschäft und hat sich auf Zuckerartistik spezialisiert – eine kunstvolle Technik, bei der Zucker zu filigranen, dekorativen Formen und Figuren verarbeitet wird.
«Mein Vater ist Bäcker/Konditor. Als er bei den Bäckereien Tischhauser und Schenk arbeitete, haben mein Bruder und ich ihn nach der Schule oft in der Backstube besucht, um mitzuhelfen. Obwohl wir viel Zeit dort verbrachten, hätte ich mir nie vorstellen können, selbst diesen Beruf auszuüben. Viel lieber machte ich eine Schnupperlehre als Bäckerei/Konditorei-Verkäuferin, da mir das Päckchenmachen gefiel. Da keine Lehrstelle frei war, entschied ich mich doch, die Ausbildung als Bäckerin/Konditorin zu absolvieren – mit dem Gedanken, dass ich so Hintergrundkenntnisse sammeln kann, um später in den Verkauf zu wechseln. Dazu kam es jedoch nie, da mir meine Ausbildung so gut gefallen hat, dass der Verkauf kein Thema mehr war.
Bei meinem Bruder, der ebenfalls Bäcker/Konditor ist, habe ich am Abend jeweils ausgeholfen. Ich richtete Verschiedenes für die Nacht, knetete Teig und kochte Vanillecreme. Dort gab es einen Mitarbeiter, der Zuckerartistik ausübte. Das hat mich extrem fasziniert. So kam es, dass ich in der Berufsschule das Freifach Zuckerartistik wählte. Nachdem ich beim Lehrer, der diese Lektion unterrichtete, weitere Kurse absolviert hatte, legte ich erfolgreich die Diplomprüfung ab und darf nun selbst unterrichten. Die Technik der Zuckerartistik ist vergleichbar mit dem Glasblasen, da man den Zucker ebenfalls mit einer kleinen Pumpe aufblasen kann – er wird aber nicht so heiss wie Glas. Geht er kaputt, ist er genauso scharf wie Glas. Gelingt etwas nicht, kann man ihn unter der Wärmelampe erneut erhitzen. Das ist aber nicht beliebig wiederholbar, da der Zucker ab einem gewissen Zeitpunkt sich nicht mehr ziehen oder blasen lässt und reisst. Zu Beginn hatte ich Blasen an den Fingern. Auch meine Schülerinnen, die ich in der Berufsschule unterrichte, kämpfen damit. Vorwiegend werden die Kurse von Frauen besucht. Es gibt auch Männer, die das lernen möchten. Manchmal können sie es fast besser als die Frauen, da sie die Wärme eher ertragen.»
Der Schritt in die Selbstständigkeit
«Es war schon immer ein Wunsch von mir, mich einmal selbstständig zu machen. Als die Bäckerei Tischhauser damals zum Verkauf stand, habe ich mir überlegt, diese zu übernehmen. Ich verwarf den Gedanken jedoch wieder und kreierte, neben meiner Vollzeitarbeit, weiterhin zu Hause Torten und Pralinés und ging damit an verschiedene Herbstund Wintermärkte. Da ich mit Schokolade arbeite, sind die Sommermonate zu heiss dafür. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagte ich im Jahr 2021, als unser erster Sohn viel zu früh zur Welt kam. Ich fand die passende Wohnung hier in Elgg mit einem dazugehörenden Ladenlokal. Die grösste Herausforderung war damals Corona, da ich mein Geschäft genau während dieser Zeit eröffnete. Weil ich Lebensmittel verkaufe, durfte ich geöffnet haben. Ein Vorteil war, dass viele Kunden, die ich vorher im Angestelltenverhältnis bediente, bei mir einkauften. Ich hatte auch absolut keinen Druck. Hätte es nicht funktioniert, wäre eine Rückkehr zum vorherigen Arbeitgeber jederzeit möglich gewesen. Ich zog es trotz Corona durch.
Im Sortiment habe ich Patisserie, Tortenstücke, Geschenkartikel mit Schokolade und vieles mehr. Spezielle Torten mache ich auf Bestellung. Wie lange ich daran arbeite, ist unterschiedlich. Gibt es Dekor zu modellieren, dauert es länger. Gerade Tierfiguren gelangen mir zu Beginn nicht so, wie ich wollte. Als Bäckerin/Konditorin lernt man das Modellieren nicht. So habe ich mir alles selber angeeignet.»
Handwerk, Hingabe und Perfektionismus
«Kommt ein Kunde und beschreibt, was er für eine Torte zu welchem Thema haben möchte, sehe ich sie bereits bildlich vor mir. Dann benötige ich nur noch die Zutaten und alles läuft von alleine. Zum Modellieren brauche ich Rollfondant, eine Zuckermasse. Diese färbe ich jeweils ein. Wird eine Torte kurzfristig bestellt, verwende ich CMC-Pulver. Es lässt die Masse schneller aushärten. Dann gibt es auch Blumenmasse, die etwas spezieller ist. Man kann vor allem Röschen und feine Sachen damit modellieren. Ich fertige sie selbst an aus Staubzucker, CMC, Eiweiss, Butter und Gelatine. Das meiste fertige ich von Hand an oder ich benutze Modellierstäbchen. Silikonformen brauche ich nur sporadisch. Meistens gibt es nicht die passende Form für das, was ich gerade modellieren möchte. Gelingt mir etwas nicht auf Anhieb, lege ich es zur Seite oder beginne wieder von vorne. Meistens nehme ich es gelassen. Bin ich im Stress und nichts gelingt, kann ich mich schon darüber aufregen, weil es nicht funktioniert, wie ich es möchte. Ich bin sehr selbstkritisch. Auch wenn mir mein Mann versichert, dass es toll aussieht und die Kunden ebenfalls begeistert sind.»
Meine beiden Herzensprojekte
«Die spannendste Arbeit war meine Diplomprüfung, als ich aus Zucker ein Motorrad gestaltete. Vom Kundengespräch bis zur Herstellung hatte ich 24 Stunden. Ich habe die gesamte Zeit, die mir zur Verfügung stand, genutzt und durchgearbeitet, um das fertige Werk am Schluss zu präsentieren. Jetzt steht das Meisterstück in meinem Geschäft und ich bin sehr stolz darauf. Ein anderes spannendes Projekt war eine Hochzeitstorte. Und zwar meine eigene! Ich bin sehr anspruchsvoll und nicht leicht zufriedenzustellen. Deshalb stand von Anfang an fest, dass ich sie selbst kreiere. Das Risiko, enttäuscht zu werden, wollte ich nicht eingehen. Mein Mann wünschte sich auf der Torte Galablumen und zuoberst ein Brautpaar aus Zucker. Ich arbeitete wochenlang daran und konnte alles gut vorbereiten. Es handelte sich dabei um eine spezielle Anfertigung mit Hauben, die man über die Torte stülpt. Das bedeutet, dass das Dekor nicht direkt auf der Torte angebracht wurde, sondern auf diesen Hauben. So hatte ich genügend Zeit, sie separat anzufertigen. Ansonsten muss man sehr schnell arbeiten und die Torte immer wieder kühlen. An unserem Hochzeitsmorgen brachte ich sie höchstpersönlich im Restaurant vorbei, in dem wir später feierten», meint Pomahatsch-Hollenstein lachend und ergänzt: «Es gibt ein altes Sprichwort, das besagt, dass es Unglück bringt, wenn die Braut ihre eigene Hochzeitstorte backt. Davon merke ich nichts. Wir sind seit zehn Jahren glücklich verheiratet!»
Auch sonst ist sie sehr zufrieden, wie alles läuft mit ihrem eigenen Unternehmen. Einzig das Brot herstellen fehlt ihr. Sie meint: «Deshalb backe ich zu Hause für die ganze Familie Brot und Zopf. Wenn die Kinder grösser sind, könnte ich mir gut vorstellen, mein Geschäft zu vergrössern und eine Bäckerei zu integrieren. Denn Bäckerin/Konditorin ist einer der schönsten Berufe, die es gibt. Klar muss man in der Nacht arbeiten. Das hat aber nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile, weil man den ganzen Nachmittag frei hat. Für jemanden, der kreativ ist und gern backt, ist das der optimale Beruf. Ich könnte mir nichts Besseres vorstellen, und es gibt nichts, was ich lieber tun würde.»
VANESSA SACCHET