Vanessa Sacchet im Gespräch mit Liana Moser
10.05.2025 Leute aus der Region, AadorfLiana Moser wurde am 12. Februar 1987 in Frauenfeld geboren und wuchs mit drei Schwestern auf. Die gelernte Pflegefachfrau ist verheiratet, Mutter von zwei Söhnen und arbeitet mit einem 40-Prozent-Pensum bei der Spitex Wetzikon. Im Februar 2022 erhielt sie die Diagnose Brustkrebs. ...
Liana Moser wurde am 12. Februar 1987 in Frauenfeld geboren und wuchs mit drei Schwestern auf. Die gelernte Pflegefachfrau ist verheiratet, Mutter von zwei Söhnen und arbeitet mit einem 40-Prozent-Pensum bei der Spitex Wetzikon. Im Februar 2022 erhielt sie die Diagnose Brustkrebs. Wie sie die Krankheit bewältigte und warum ihre Schwester sie für die SRF-Sendung Happy Day angemeldet hat, erzählt die heute 38-Jährige.
«Ich hatte einen Knoten in der Brust und die Hebamme empfahl mir, zur Frauenärztin zu gehen, die mich sofort zur Biopsie anmeldete. Danach hatte ich einen vereinbarten Termin für Donnerstag. Am Dienstagmorgen reif sie mich an, da das Resultat bereits vorlag. Die Ärztin bat mich, am Abend in die Praxis zu kommen. Als ich dort war, dachte ich mir, dass es bestimmt nichts Schlimmes ist. Ich hatte schon einmal, nach dem Stillen meines älteren Sohnes, einen gutartigen, milchigen Tumor in der Brust. Dieses Mal teilte mir die Ärztin mit: Ich habe leider keine gute Nachricht. Sie haben Brustkrebs! Es fühlte sich an, als würde mich jemand erwürgen. Sie bot mir an, jemanden anzurufen, der mich abholt. Doch ich lehnte ab. Zuhause warteten mein Mann David und meine Mutter, die auf die Kinder aufpasste. Was mich im Nachhinein besonders berührt hat, war die Tatsache, dass mein Termin um 16.15 Uhr war. Ich jedoch erst um 16.45 Uhr dran kam und um 16.50 Uhr die Diagnose erhielt. Daheim, genau zu diesem Zeitpunkt begann unser älterer Sohn, der sehr feinfühlig ist, aus dem Nichts heraus zu schreien, sich auf den Boden zu legen und nach mir zu rufen. Als hätte er genau gespürt, was passiert war».
Zwei Jahre zwischen Angst, Therapie und Hoffnung
«Für meine Familie war die Diagnose anfangs ein grosser Schock und die Hilflosigkeit nichts tun zu können, unerträglich. Ich wusste, dass ich eine Chemotherapie durchlaufen muss, mit insgesamt sieben Zyklen. Mein grösster Tumor war 7 cm gross, dazu gab es noch zwei weitere mit 5 cm und 3 cm. Eigentlich war meine ganze Brust betroffen, doch ich hatte während des Stillens nichts bemerkt, da sie sich in dieser Zeit ohnehin anders anfühlte. Zu Beginn hoffte man, die Brust erhalten zu können, doch mir wurden 450 Gramm Tumorgewebe entfernt.
Nach der Operation war klar, es waren noch Krebszellen vorhanden. Hätte es keine mehr gegeben, wäre die Behandlung abgeschlossen gewesen. Doch so folgten weitere 14 Chemotherapien und 25 Bestrahlungen. Die zweite Serie der Chemotherapie war glücklicherweise nicht mehr so schlimm wie die ersten sieben. Bei der aller ersten Chemo ging es mir gut und ich hätte sogar arbeiten können, da mein Körper fit war. Doch mit jeder weiteren Sitzung wurde ich schwächer. Bis es mich teilweise völlig aus der Bahn geworfen hat und ich nicht mehr wusste, wo oben und unten ist. Selbst das Liegen war anstrengend. Die schlimmste Zeit dauerte jeweils eineinhalb Wochen, dann folgten ein paar bessere Tage, doch schon bald wusste ich, in drei Tagen geht es wieder los. Insgesamt zog sich die Behandlung über zwei Jahre, bis im Frühling 2024».
Wie ich von Röbi Koller und Happy Day überrascht wurde
«Eigentlich wollte ich damals im Sommer mit meiner Kollegin Isabelle und meiner älteren Schwester Angela eine Party feiern, da bis dahin alles überstanden sein sollte. Da das nicht der Fall war, fand keine Party statt. Als ich die Chemotherapie hinter mir hatte, meldeten die beiden mich heimlich bei Happy Day mit Röbi Koller an. Auch meine anderen Schwestern und meine Mutter halfen bei den Vorbereitungen, indem sie heimlich Handynummern aus meinem Telefon stibitzten. Alles musste sehr kurzfristig geplant werden da die Chemover Party in zwei Wochen stattfand. Die Gästeliste musste innerhalb zwei Tagen eingereicht werden. Das war eine echte Herausforderung! Mein Happy Day fand am 1. Oktober 2023 auf dem Hof Gertau in Bischofszell statt und ausgestrahlt im Fernsehen wurde die Sendung am 28. Oktober 2023. Am Tag der Überraschung war ich zu Hause und hatte keine Ahnung, was auf mich zukam. Ich wusste nur, dass Isabelle angeblich eine Geburtstagsfeier plante und wir am Sonntag um 14 Uhr dort sein sollen. Sie hatte sich extra ein schönes Kleid gekauft und erwähnte, dass es eine tierische Überraschung gibt. Ich fand das etwas komisch, sie wohnt am Waldrand, also passte das mit dem schön Anziehen irgendwie nicht ganz zusammen. Am Morgen habe ich noch mit meiner Nachbarin gebacken und wollte ihr ein Stück vom Kuchen abschneiden und übergeben. Da läutete es bereits an der Tür und ich dachte: Gopf, Malea, musst du jetzt so stressen? Ich sagte zu meinem Mann, mach bloss nicht auf, sie soll einfach kurz warten! Doch vor der Tür standen die Leute von Happy Day die meinten, ich wäre gar nicht zu Hause. Als ich öffnete und Röbi mit dem Kamerateam sah, hatte ich noch den Kuchen in der Hand».
Ein unvergesslicher Moment
«Mein erster Gedanke war: Was macht denn Happy Day hier! Ich war es doch, die sich bei meiner Familie bedanken und sie mit einem Happy Day überraschen wollte. Das war nun nicht mehr möglich. Denn zwei Mal kommen sie bestimmt nicht zu einem. Dann schoss mir der Gedanke durch den Kopf, wie war es möglich, hinter meinem Rücken so etwas zu organisieren, ohne dass ich es mitbekommen habe? Immer wenn ich mir die Sendung im Fernsehen anschaute, dachte ich, dass mir das nie passieren würde, weil man doch merkt, wenn eine so grosse Sache geplant wird. Ich habe mich jedoch riesig gefreut! Röbi meinte ich solle mich parat machen. Dann hiess es einsteigen. Ab Gossau wurden mir die Augen verbunden.
Später liefen wir ein Stück durch den Wald und ich wurde interviewt. Dann musste ich mich erneut mit verbundenen Augen ins Auto setzen und wir fuhren zum Hof Gertau. Als ich ausstieg, waren im Hintergrund ganz leise Stimmen zu hören und es herrschte eine besondere Atmosphäre. Als ich die Augenbinde abnehmen durfte, war ich komplett überrascht! Es waren circa 100 Personen da. Die Familie, meine Schwestern, mein Mann, die Kinder und viele Freunde. Sie alle waren gekommen, um mit mir gemeinsam zu feiern, dass meine Chemo und die Bestrahlung vorüber sind. Auf dem Hof wurde grilliert, es gab ein Wägeli mit vielen Süssigkeiten und für die Kinder ein Gumpi Schloss. Dann gab es ein Überraschungskonzert von Phenomden. Ich kenne den Musiker von früher. Er hat ein Lied das heisst Steinig. Er singt über den steinigen Weg. Während meiner Krankheit hatte ich eine Playlist mit aufmunternden Liedern. Sein Lied hatte ich gefühlte tausendmal gehört. Mein persönlicher Happy Day und diese Party mit all den lieben Menschen zu feiern, hat mir wahnsinnig viel bedeutet».
Über Hoffnung und Mut
«Vor einem Jahr hatte ich eine grosse Operation betreffend dem Brustaufbau. Diesen Februar hatte ich einen ästhetischen Brustaufbau damit beide Brüste wieder gleich aussehen. Über die ganze Zeit hinweggesehen, hat mir die Familie und meine Kinder Kraft gegeben. Sie waren bei der Diagnose gerade mal einund dreijährig. Familie und Freunde haben mir ebenfalls geholfen, wo sie nur konnten. Die einen kümmerten sich um die Wäsche, andere brachten das Essen und sie unternahmen viel mit den Kindern. All das, was ich bis jetzt erleben musste, haben meinen Blickwinkel auf das Leben verändert. Ich geniesse jeden Tag! Ich lebe bewusster, schaue mehr auf mich und weniger darauf, was die Leute denken könnten. Die Zeit ist kostbar und ich will sie nicht mit Dingen verbringen, die mir nicht guttun. Ein Traum, den ich gemeinsam mit meiner Familie verwirklichen möchte, ist es, Orca-Wale in freier Wildbahn zu sehen. Zusammen mit meiner Schwester hatte ich bereits in Kanada die Gelegenheit dazu. Diesmal soll es nicht nach Kanada gehen, sondern nach Spanien».
VANESSA SACCHET