Vanessa Sacchet im Gespräch mit Gian-Marco Pazeller
19.07.2025 Leute aus der Region, ElggGian-Marco Pazeller, geboren am 24. Dezember 1974 in Winterthur, wuchs gemeinsam mit seinem Bruder in Elgg auf. Seine berufliche Laufbahn begann mit einer Lehre als Möbelschreiner bei der Firma Elibag, gefolgt von der Handelsschule und einer Weiterbildung zum Marketingplaner. Heute ...
Gian-Marco Pazeller, geboren am 24. Dezember 1974 in Winterthur, wuchs gemeinsam mit seinem Bruder in Elgg auf. Seine berufliche Laufbahn begann mit einer Lehre als Möbelschreiner bei der Firma Elibag, gefolgt von der Handelsschule und einer Weiterbildung zum Marketingplaner. Heute ist er als Verkaufsleiter Schweiz für ein schwedisches Unternehmen tätig. Er ist Vater einer Tochter und lebt in einer langjährigen Partnerschaft. Nach dem Tod seines Vaters, Andrea Pazeller, übernahm er im Februar 2015 die Leitung der «Elgger/Aadorfer Zeitung». Zum zehnjährigen Jubiläum an der Spitze der Lokalzeitung und anlässlich meines 200. Interviews bot sich die ideale Gelegenheit, mit ihm über seinen Werdegang, prägende Erfahrungen und die Herausforderungen seines Alltags zu sprechen.
«Die Zeitung begleitet mich, seit ich denken kann. Ich bin damals mit meiner Mutter schon als kleiner Bub auf Zeitungstour gegangen. Sie holte die Bündel jeweils mit dem Auto in der Druckerei Turbenthal ab und wir verteilten sie in den Dörfern. In Gündlikon übergaben wir die Zeitungen an Frau Hugi, die sie dann dort in die Haushalte verteilte. In Elgg und Hagenbuch lieferten wir sie bei der Post ab und im Obertor wartete Frau Müllhaupt bereits auf unsere Lieferung. Es war mehr als nur eine Aufgabe, es war eine Zeit, die mich geprägt hat. Einige Jahre danach begann ich, mich stärker in die Arbeit rund um die Zeitung einzubringen. Ich nahm an Sitzungen teil, nicht, weil es jemand von mir verlangte, sondern weil ich das Bedürfnis hatte, näher dran zu sein. Ich wollte verstehen, was läuft und vorbereitet sein für den Fall, dass mein Vater einmal Unterstützung bräuchte. Damals brachte ich auch erste eigene Ideen ein, etwa die Frontseiten-Inserate auf der Titelseite. Auch wenn mein Vater sie anfangs nicht für nötig hielt, setzte ich sie mit seiner Zustimmung um. Als er im Jahr 2015 verstarb, übernahm ich die Leitung. Das Redaktionsteam, Daniel Kradolfer und Jacqueline Schär, unterstützten mich in dieser herausfordernden Zeit mit viel Herzblut und Erfahrung».
Mit Flexibilität und Teamgeist zur erfolgreichen Zeitungsführung
«Ich kümmere mich vor allem um strategische Themen, Buchhaltung oder die Repräsentation der Zeitung an verschiedenen Anlässen und versuche überall dort präsent zu sein, wo es wichtig ist. Ich schätze den Kontakt mit Behörden, oder mit Geschäftsleuten, die ich zuvor meist nur vom Hören und Sehen kannte. Plötzlich sitzt man mit dem Gemeindepräsidenten am Tisch, oder wird von verschiedenen Leuten direkt angesprochen. Die Fähigkeit, offen auf Menschen zuzugehen, hat mir geholfen. Ich habe dabei keinen Gegenwind gespürt, im Gegenteil. Ich wurde von allen Seiten positiv aufgenommen, man freute sich, dass ich die Zeitung übernommen habe, und begegnete mir mit Wohlwollen. Es war und ist für mich eine spannende, bereichernde Aufgabe, vor allem, weil ich sie mit Leidenschaft und Freude ausübe».
Tradition bewahren, Zukunft gestalten.
«Durch meine frühere berufliche Tätigkeit in der Druckbranche konnte ich auf ein wertvolles bestehendes Netzwerk zurückgreifen. Im Umfeld der Zeitung gab es Personen, die mir zu Beginn mit wertvollen Tipps beratend zur Seite standen. Das hat mir den Einstieg enorm erleichtert. Ein wichtiges Ziel war, die Zeitung auch wirtschaftlich für die Zukunft sicher aufzustellen, das ist uns gelungen. Die «Elgger/Aadorfer Zeitung» erfüllt eine zentrale Rolle in den Dörfern, nicht nur informell, sondern auch als soziales Bindeglied innerhalb der Bevölkerung. Den Wunsch meines Vaters, der bereits 2007 in einem Bericht des Schweizer Fernsehens gesagt hat, er wünsche sich, dass die Zeitung auch nach seinem Tod noch lange weiterlebt, versuche ich nun mit grossem Engagement und einem starken Team im Hintergrund, zu erfüllen. Es ist mir bewusst: Der Erfolg unserer Zeitung steht und fällt mit der Unterstützung der Leserinnen, Leser und Inserenten. Ohne ihre Treue, ohne ihre Abonnements und Inserate würde es schwierig werden. Es ist ein Geben und Nehmen und der schönste Lohn für meine Arbeit ist das positive Feedback aus dem Umfeld. Das bedeutet mir sehr viel».
Während der Corona-Pandemie wurde das Onlineportal ins Leben gerufen.
«Dieses Projekt war technisch herausfordernd. Die Prozesse laufen automatisiert ab und «Das Gut zum Druck des Prints» wird heute algorithmisch ins System eingespeist. Damit bieten wir unseren Kunden einen kostenlosen Mehrwert: Leserinnen und Leser, die im Ausland leben − wir erfreuen uns an Abonnenten in Kanada, Thailand und Italien − oder sich vorübergehend in den Ferien befinden, können sich dank dieses Angebots weltweit und tagesaktuell informieren. Zusätzlich wurden Rätsel und Kolumnen eingeführt, welche heute das Angebot ergänzen. Anpassungen bei der Schriftgrösse wurden vorgenommen, um die Artikel besser lesbar zu machen. Die Verbindung von Tradition und behutsamer Erneuerung ist mir wichtig und macht die Zeitung zu dem, was sie heute ist».
Zehn Jahre an der Spitze, ein persönlicher Rückblick.
«In gewissen Situationen vermisse ich meinen Vater. Früher war ich oft in der Redaktion zu Besuch, wir haben bei einer Tasse Kaffee Ideen ausgetauscht und gemeinsam diskutiert. Dieser direkte Austausch und sein Erfahrungsschatz fehlen heute. Ich bin überzeugt, dass mein Vater stolz wäre, dass die Zeitung weiterlebt und vorerst in Familienhand bleibt. Was ich mir zukünftig wünsche, ist, dass möglichst viele Einwohner unserer Gemeinden ein Abo besitzen. Die «Elgger/Aadorfer Zeitung» ist ein fester Bestandteil unserer Dorfgemeinschaft, sowohl in Elgg wie auch in Aadorf. Sie unterstützt den sozialen Zusammenhalt im Dorf, der Vereine oder informiert über die Geschehnisse der lokalen Politik. Sie ist ein Teil des Kreislaufs, welcher ein Dorf lebendig und attraktiv hält und der verhindert, dass Anonymität Einzug hält. Gerade in der heutigen Zeit finde ich es enorm wichtig, dass die Menschen informiert sind, sei es im Dorf, im Quartier oder in der direkten Nachbarschaft. Informationen schaffen Verbindungen. Hauptgrund für unseren Erfolg ist aber nicht nur das Produkt und unsere Kunden, sondern unser engagiertes Team dahinter. Nur gemeinsam und im Austausch mit der Bevölkerung kann unsere Zeitung weiterhin im schwierigen Marktumfeld bestehen».
VANESSA SACCHET