Vanessa Sacchet im Gespräch mit Faton Ali
16.11.2024 Leute aus der Region, ElggFaton Ali, geboren am 24. September 1996 in Nordmazedonien, kam im Alter von einem Jahr mit seinen Eltern nach Elgg. Hier wuchs er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder auf. Der ausgebildete Detailhandelsfachmann ist verheiratet, hat ein Studium abgeschlossen und arbeitet zu 60 Prozent als ...
Faton Ali, geboren am 24. September 1996 in Nordmazedonien, kam im Alter von einem Jahr mit seinen Eltern nach Elgg. Hier wuchs er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder auf. Der ausgebildete Detailhandelsfachmann ist verheiratet, hat ein Studium abgeschlossen und arbeitet zu 60 Prozent als Leiter eines Jugendtreffs.
«Während meiner Oberstufenzeit besuchte ich regelmässig den Jugendtreff, der damals von Andreas Engelhard geleitet wurde. Als die Leitung später auf Amal Savasci überging, half ich gemeinsam mit meinen Kollegen bei kleineren Aufgaben aus, wann immer sie Unterstützung benötigte. So stellten wir zum Beispiel unsere Play-Station zur Verfügung, als Amal einen Spieleabend organisierte. Nach meinem Schulabschluss begann ich die Suche nach einer Lehrstelle mit dem Ziel, anschliessend die Berufsmittelschule zu besuchen und später zu studieren. Da ich von Natur aus ein sehr sozialer Mensch bin, war für mich früh klar, dass ich einen Beruf ausüben möchte, der den Kontakt mit Menschen, unabhängig von ihrem Alter, ermöglicht. Während meines Studiums bewarb ich mich bei der Gemeinde Elgg für ein Praktikum im Asylwesen. Da jedoch kein Praktikant, sondern ein Mitarbeiter gesucht wurde, vermittelte man mir den Kontakt zur Asyl-Organisation Zürich (AOZ), die gerade ein neues Durchgangszentrum in Sihlau bei Adliswil aufbaute. Im Jahr 2023 begann ich dort ein sechsmonatiges Praktikum. Die Bewohner wurden vom Bundesasylzentrum (BAZ) in unser Durchgangszentrum weitergeleitet. Ich war sowohl für die administrativen Abläufe und Übergabeprozesse als auch für die Betreuung zuständig. Zudem erstellte ich Tagesstrukturen für die Bewohner und unterrichtete vier Vormittage pro Woche jeweils zweieinhalb Stunden Deutsch. Nach Abschluss des Praktikums kehrte ich neben meinem Studium in den Detailhandel zurück. Als die Stelle des Jugendtreffleiters in Elgg neu besetzt werden sollte, erhielt ich von Amal das Angebot, diese zu übernehmen, und nahm dankend an.»
Jugendarbeit als Schlüssel zur Unterstützung junger Menschen
«Einen grossen Teil der Erziehung übernehmen die Eltern, doch auch die Lehrerinnen und Lehrer leisten in diesem Bereich einen bedeutenden Beitrag. Dann gibt es uns Jugendarbeiter, die ebenfalls eine wichtige Rolle im Leben der Jugendlichen spielen, insbesondere in einer Phase, in der sie leicht beeinflussbar sind und sich stark verändern. Oftmals fällt es ihnen schwer, ihre Probleme mit Eltern oder Lehrpersonen zu besprechen. Wir alle erinnern uns an die Zeit, als wir selbst in diesem Alter waren und das Gefühl hatten, die Lehrer seien zu streng oder die Eltern würden uns nicht verstehen.
Als ich selbst mitten im Bewerbungsstress steckte, musste ich nicht nur eine Lehrstelle finden und in der Schule gute Noten schreiben, da das Zeugnis entscheidend war. Gleichzeitig hatte ich tausend andere Sorgen, mit denen ich fertig werden musste. Genau hier setzen wir als Jugendarbeiter an: Wir stehen den Jugendlichen zur Seite, bieten ihnen Hilfe zur Selbsthilfe und die notwendige Unterstützung. Unser Ziel ist es, ihnen beizubringen, wie sie eigenständig mit all diesen Herausforderungen umgehen können.
Der Treff hat feste Öffnungszeiten: Mittwochnachmittags von 14 bis 18 Uhr sind die Sechstklässler bei uns, Freitagabends von 19 bis 22 Uhr die Oberstufenschüler. Wir bieten verschiedene Aktivitäten an, wie Billard oder Tischtennis. Die Jugendlichen hören Musik, tanzen gerne, und wir haben Getränke sowie Snacks im Angebot. Ausserdem gibt es eine PlayStation, bei der wir anfangs sicherstellen mussten, dass es keinen Streit darüber gab, wer wann spielen darf. Kommt es zu kleineren Konflikten, versuche ich zuerst, die Jugendlichen dazu anzuregen, diese eigenständig zu lösen. Sie sollen sich zusammensetzen und offen miteinander reden. Ist das nicht möglich oder die Situation eskaliert, greife ich als Vermittler ein und unterstütze sie dabei, gemeinsam eine Lösung zu finden. Mir ist besonders wichtig, dass sie lernen, respektvoll miteinander umzugehen.»
Den Übergang in die Oberstufe erleichtern
«Unser Jugendtreff ist sehr gut besucht. Es kommen Schüler aus verschiedenen Altersgruppen und mit unterschiedlichsten Hintergründen. Jeder hat seine eigenen Interessen. Die Oberstufenschüler, die regelmässig bei uns sind, kennen wir inzwischen sehr gut. Uns ist bewusst, dass jeder Jugendliche einzigartig ist. Je besser wir sie kennenlernen, desto gezielter können wir auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen. Besonders der offene Treff am Mittwoch, der für alle zugänglich ist, bietet eine wertvolle Gelegenheit für die Sechstklässler, Kontakte zu knüpfen. Der Übergang in die Oberstufe ist für viele von ihnen ein grosser Schritt, da sie oft kaum jemanden kennen. Bei uns haben sie die Möglichkeit, in einem geschützten Umfeld erste Verbindungen zu den älteren Schülern aufzubauen und neue Freundschaften zu schliessen. Dies erleichtert ihnen den Start in die Oberstufe erheblich. Uns liegt viel daran, diesen Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten.
Als ich neu im Jugendtreff anfing, musste ich viele organisatorische Dinge lernen. Nach den Sommerferien legte ich besonderen Wert darauf, auch Aktivitäten ausserhalb des Jugendtreffs zu organisieren. So haben beim vergangenen Sommerfest in Elgg zahlreiche Jugendliche tatkräftig mitgeholfen und eine wirklich grossartige Arbeit geleistet. Als Dankeschön fahren wir gemeinsam in den Europapark Rust.»
Gegenseitiges Vertrauen, die Basis zum Erfolg
«Im Jugendtreff herrscht eine friedliche und harmonische Atmosphäre, und ich spüre deutlich, dass die Schüler uns vertrauen. Das bedeutet mir sehr viel, da ich sehe, wie gerne sie hierherkommen und uns respektieren. Sogar ehemalige Schüler schauen regelmässig vorbei, um Hallo zu sagen – ein klares Zeichen, dass die Bindung zu uns erhalten geblieben ist. Der Treff ist bewusst als erwachsenenfreie Zone konzipiert, und das Feedback der Jugendlichen ist durchweg positiv, was mich sehr freut. Ich arbeite unglaublich gerne hier, und es liegt mir am Herzen, in unsere Jugend zu investieren. Das Schönste an meiner Arbeit ist es, wenn sie auf mich zukommen und mir ihr Vertrauen schenken. Diese Momente machen mich am glücklichsten. Auch im Team herrscht eine hervorragende Stimmung. Meine Kolleginnen Imane und Fahrije leisten grossartige Arbeit. Die Jugendlichen spüren, dass wir unsere Arbeit mit Freude verrichten und wir gerne Zeit mit ihnen verbringen. Diese positive Energie überträgt sich auf alle und ist entscheidend für den Erfolg. Die Jugendarbeit ist eine sehr erfüllende Aufgabe, wenn sie mit Herzblut ausgeführt wird. Natürlich gibt es auch Herausforderungen, besonders in organisatorischer Hinsicht, doch die Dankbarkeit und das Vertrauen, das wir von den Schülern zurückbekommen, macht alles mehr als wett.»
VANESSA SACCHET