Vanessa Sacchet im Gespräch mit Evelyne Küpfer
07.06.2025 Leute aus der Region, ElggEvelyne Küpfer, geboren am 29. Juli 1989 in Winterthur, wuchs mit ihrer älteren Schwester und dem jüngeren Bruder auf. Die gelernte Schreinerin machte die Ausbildung zur Umweltingenieurin mit Vertiefung auf Naturmanagement. Im Februar 2014 absolvierte sie ein ...
Evelyne Küpfer, geboren am 29. Juli 1989 in Winterthur, wuchs mit ihrer älteren Schwester und dem jüngeren Bruder auf. Die gelernte Schreinerin machte die Ausbildung zur Umweltingenieurin mit Vertiefung auf Naturmanagement. Im Februar 2014 absolvierte sie ein Austauschsemester und lebte für einige Monate in Norwegen. Heute ist sie verheiratet und hat ein Kind. Sie arbeitet bei der Gemeinde Elgg und ist im Ressort Forst, Freizeit und Natur tätig.
«Während des Studiums wurde uns die Möglichkeit angeboten, für ein knappes halbes Jahr an einem Austauschprogramm teilzunehmen. Obwohl ich eigentlich nicht der Typ bin, der gerne für längere Zeit von zu Hause weg ist, fand ich die Idee spannend. Ich dachte, dass mir diese Erfahrung mit meinen damals 24 Jahren guttun würde. Schliesslich bekommt man eine solche Chance nicht so schnell wieder. Insgesamt dauerte der Aufenthalt sechs Monate, wobei die Schulzeit, einschliesslich der Prüfungen, etwa viereinhalb Monate in Anspruch nahm. Die restliche Zeit verbrachten wir mit herumreisen. Die gewählte Hochschule in Evenstad war für unseren Studienbereich besonders geeignet, da sie sich auf unser Fachgebiet spezialisierte. Zudem gab es dort eine spezielle Klasse für Austauschschüler. Letztlich nahmen sechs Personen aus meinem Studiengang an dem Austausch teil».
Roadtrip nach Norwegen – Mit dem alten Opel-Kombi ins Abenteuer
«Zu dritt haben wir uns in der Schweiz einen alten Opel Kombi von einer älteren Dame gekauft, die nicht mehr Auto fahren wollte. Sie verkaufte uns das Fahrzeug zum günstigen Preis von 3000 Franken. Wir hatten jede Menge Gepäck dabei. Einer von uns brachte sogar sein Bike mit, um im Sommer in Norwegen Velotouren zu machen. Da es im Auto kaum Platz hatte, musste er es auseinandernehmen. Zusätzlich hatten wir eine Dachbox dabei, in der wir unsere Skiausrüstung verstauten.
Das ganze Auto war komplett vollgestopft. Die Reise selbst war ein Highlight. Wir starteten früher als die anderen Austauschstudenten, die geflogen sind. Kaum waren wir unterwegs, hatten wir bereits eine Autopanne, die wir jedoch schnell beheben konnten. Wir fuhren quer durch Deutschland und übernachteten an der Grenze, bevor wir am nächsten Tag die restliche Strecke zurücklegten.
Ganz im Norden Deutschlands nahmen wir die Fähre, die uns nach Norwegen aufs Festland brachte, von wo aus wir weiterfuhren. Insgesamt waren wir zwei volle Tage unterwegs. Wir wohnten in Evenstad, einem kleinen Ort, in dem es ausser der Hochschule und den Studentenhäusern kaum etwas gab. Ich teilte mir eine WG mit einer anderen Schweizerin und zwei Studentinnen aus Deutschland. Vor Ort erwies sich das Auto als äusserst praktisch. Die nächstgrössere Stadt lag eine Stunde entfernt und wir waren unabhängig und konnten jederzeit dorthin fahren. Auch für Ausflüge war das Auto ideal und wir konnten sogar andere mitnehmen. In unserer Klasse waren viele Studierende aus Deutschland und der Schweiz, die den grössten Teil der Gruppe ausmachten. Zusätzlich kamen einige Kommilitonen aus Spanien, Tschechien und Portugal».
Studium, Natur und unvergessliche Erlebnisse
«Wir hatten jeden Morgen Unterricht und an zwei Nachmittagen pro Woche. Gestartet wurde erst um 9 Uhr, und oft tranken wir zuerst gemeinsam mit dem Dozenten einen Kaffee. Für uns Schweizer war diese entspannte Struktur anfangs ungewohnt, da wir ein strafferes Programm gewohnt waren. Doch schnell lernten wir es zu schätzen. Wir verbrachten viel Zeit in der Natur, sei es bei Exkursionen oder in unserer Freizeit. Am Anfang lag noch Schnee, sodass wir oft Skitouren machten und Elche beobachteten. Zwar gibt es in Norwegen beeindruckende Berge, doch in unserer Region war die Landschaft eher flach. Dadurch waren unsere Skitouren wenig anspruchsvoll, wir konnten einfach loslaufen, ohne grosse Vorbereitungen treffen zu müssen.
Als es wärmer wurde, gingen wir wandern, oft entlang des Flusses, und einige versuchten sich sogar im Fischen. Besonders spannend waren die Exkursionen im Rahmen unseres Studiums. Wir waren jeweils zwei Tage unterwegs, hatten Zelte dabei und übernachteten mitten in der Wildnis. Wir mussten selbst Feuer machen und waren komplett auf uns gestellt, eine Erfahrung, die wir aus der Schweiz so nicht kannten. Da Exkursionen dort meist nur tageweise stattfinden und man abends nach Hause zurückkehrt. Hier sassen wir abends mit unserer Klasse und dem Dozenten am Lagerfeuer, genossen die Atmosphäre und tranken zusammen einen Schnaps. Ein besonderes Erlebnis war eine Exkursion, bei der wir Auerhühner beobachteten. Dafür standen wir bereits um 3 Uhr morgens auf, krochen aus unseren Zelten und hörten die Tiere balzen. Ein weiterer Höhepunkt war unser Ausflug nach Kvitfjell, wo wir uns zu fünft in den Opel Kombi quetschten, um uns den Ski-Weltcup anzuschauen. Wir hatten die Gelegenheit, mit fast allen Schweizer Athleten zu sprechen, die überrascht waren, uns dort zu treffen, und neugierig nach dem Grund fragten. Das sorgte für einige amüsante Gespräche und machte den Tag noch unvergesslicher».
Begegnungen und kulinarische Entdeckungen
«Nachdem wir unsere Prüfungen abgeschlossen hatten, blieben wir noch fast einen Monat in Norwegen. Es gab die Möglichkeit, die Prüfung zu wiederholen, falls wir sie nicht bestanden hätten. Daher hatten wir diese Zeit bewusst eingeplant und beschlossen, erst danach nach Hause zu reisen. Wir erkundeten die Lofoten und hatten zuvor unseren Opel Kombi abgestellt, und einen Inlandflug genommen. Das Mietauto hatte eine automatische Handbremse, die sich selbstständig angezogen hat und wir sind gestrandet. Eigentlich hätten wir unseren Rückflug antreten müssen. Wir stellten uns an die Strasse und machten Autostopp. Es dauerte nicht lange, bis ein sympathischer Norweger anhielt. Er brachte uns zum Flughafen und kaufte uns etwas zu essen. Mit ihm haben wir bis heute Kontakt und als wir zurück in der Schweiz waren, sind wir ihn in seinem Ferienresort besuchen gegangen. Zudem waren wir in Trondheim, eine lebendige Studentenstadt wo wir am 17. Mai den norwegischen Nationalfeiertag verbrachten.
Die Norweger sind sehr offen und sprechen gut Englisch. Besonders die jüngere Generation war äusserst kontaktfreudig und wir kamen schnell ins Gespräch. Die unkomplizierte, offene und kommunikative Art hat mir besonders gefallen. Während unseres Aufenthalts machten wir auch kulinarisch einige spannende Erfahrungen und hatten die Gelegenheit, verschiedene lokale Spezialitäten zu probieren. Darunter Elch, Fisch und sogar Braunbär. Elch hat uns gut geschmeckt. Der Fisch war sehr geruchsintensiv. Nicht nur in der Nase, sondern auch im Mund. Das Braunbär Fleisch böckelt ein wenig und hat einen ganz speziellen Geschmack».
Erinnerungen an ein prägendes Abenteuer
«Als wir unseren Heimweg antraten, war unser Auto erneut bis oben hin mit Gepäck vollgestopft. Ich freute mich sehr darauf, wieder nach Hause zu kommen und meine Familie, meinen Partner und meine Freunde zu sehen. Um die Heimreise nicht zu eilig zu gestalten, blieben wir drei Tage in Dänemark und besichtigten Kopenhagen. Von Deutschland aus ging es dann auf direktem Weg zurück. Den alten Opel Kombi, der nun einige Kilometer mehr auf dem Tacho hatte, konnten wir fast für denselben Preis weiterverkaufen. Rückblickend war der Aufenthalt in Norwegen eine spannende Exkursion in die Forstwirtschaft. Wir haben nicht nur neue Methoden der Waldbewirtschaftung kennengelernt, sondern auch eine andere Kultur, atemberaubende Landschaften und viele unvergessliche Erlebnisse mitgenommen. Die Zeit dort hat uns geprägt und uns gezeigt, wie bereichernd ein Auslandssemester sein kann. Nicht nur fachlich, sondern auch persönlich».
VANESSA SACCHET