Tabakwerbung ist ein Dorn im Auge
22.01.2022 AbstimmungenDas sagen zumindest die Initianten der Volksinitiative und alle Parteien sowie Organisationen, welche sie unterstützen. Den Gegnern geht das Verbot zu weit, denn es käme uns teuer zu stehen. Bundesrat und Parlament stellen zudem mit dem Tabakproduktegesetz einen indirekten Vorschlag gegenüber.
In der Schweiz darf heute mit gewissen Einschränkungen für Tabakprodukte geworben werden. Verboten sind Werbung in Radio und Fernsehen sowie solche, die sich gezielt an Minderjährige richtet. Eine Mehrheit der Kantone hat weitergehende Verbote erlassen, etwa für Tabakwerbung auf Plakaten und im Kino oder für das Sponsoring von Veranstaltungen.
Die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung», über die am 13. Februar abgestimmt wird, will sie überall dort verbieten, wo Kinder und Jugendliche sie sehen können – zum Beispiel in der Presse, auf Plakaten, im Internet, im Kino, in Kiosken oder an Veranstaltungen. Für elektronische Zigaretten würden die gleichen Regeln gelten. Erlaubt wäre weiterhin Werbung, die sich nur an Erwachsene richtet oder sich an Orten befindet, zu denen kein Minderjähriger Zugang hat.
Laut Abstimmungsunterlagen geht Bundesrat und Parlament die Initiative zu weit, weshalb ihr mit dem Tabakproduktegesetz ein indirekter Vorschlag gegenübergestellt wird. Die neuen Bestimmungen würden Werbung für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten auf Plakaten und im Kino verbieten. Auch dürften Tabakkonzerne keine Zigaretten mehr gratis abgeben oder internationale Veranstaltungen in der Schweiz sponsern. Weiterhin möglich wären Werbung an Kiosken, in der Presse oder im Internet, ausser wenn sie sich an Minderjährige richtet. Das neue Tabakproduktegesetz könne unabhängig vom Ausgang der Abstimmung über die Volksinitiative in Kraft treten.
Die Zeche zahlen wir alle
FDP und SVP beschlossen die Nein-Parole und die Mitte eine Stimmfreigabe. Für das Nein-Komitee wecke ein allfälliges Ja zusätzliche Begehrlichkeiten. Weitere Verbote für beispielsweise Fleischwaren, Alkohol, SüSsigkeiten, fetthaltige Lebensmittel oder Autos könnten folgen. Unsere Marktwirtschaft sei auf Werbung angewiesen und es gehöre zur fundamentalen Wirtschafts- und Gewerbefreiheit, dass legale Produkte beworben werden dürfen. Erwachsene sollen eigenverantwortlich entscheiden, was sie konsumieren wollen und was nicht. Extreme Werbeverbote würden von schwachen Bürgerinnen und Bürgern ausgehen, die keine Verantwortung für ihren Konsum übernehmen können. Die Freiheit werde mit Füssen getreten.
Von extremen Werbeverboten betroffen sind viele KMU, Kulturveranstaltungen und auch die Medien. Einige Unternehmen mit wertvollen Arbeitsplätzen seien, so die Gegner, gar in ihrer Existenz gefährdet. Ein wichtiger Grundsatz werde über den Haufen geworfen: Zur Wirtschafts- und Gewerbefreiheit gehöre, dass für legale Produkte geworben werden darf. Verbote würden Innovation verhindern und letztlich Konsumentinnen zur Kasse gebeten, denn Werbung finanziere wichtige Güter und Dienstleistungen mit. Ohne sie würden Zeitungen und Zeitschriften sowie kulturelle Veranstaltungen teurer, wenn sie denn nicht gar verschwinden. Die Initiativgegner warnen: Die Zeche würden wir alle zahlen!
Kinder und Jugendliche müssen beschützt werden
Unterstützung erhält die Volksinitiative durch SP, Grüne, EVP, EDU und GLP. «Tabak ist schädlich, das ist unbestritten», sagen die Initianten, «besonders für Kinder und Jugendliche, deren Körper sich noch in der Entwicklungsphase befindet.» Je früher der Tabakkonsum beginne, desto schädlicher sei seine Wirkung. Davor müssten die Kinder beschützt werden. Deshalb würden auch die Ärzteschaft, Gesundheitsorganisationen wie die Krebs- und Lungenliga, Sport- und Jugendverbände sowie zahlreiche weitere Organisationen die Initiative unterstützen.
Für die Befürworter eines Verbots ist klar: Werbung bringt Kinder und Jugendliche zum Rauchen. Der direkte Zusammenhang zwischen Tabakwerbung und -konsum sei durch zahlreiche Studien belegt. Zudem zeigten die Zahlen, dass bereits ein Viertel der 17-Jährigen gelegentlich oder regelmässig rauche. Das müsse sich ändern, weil wir als Gesellschaft verpflichtet seien, Kinder und Jugendliche zu schützen und ihre gesunde Entwicklung zu fördern. Deshalb dürfe ein so schädliches Produkt wie Tabak nicht bei Kindern und Jugendlichen beworben werden.
RENÉ FISCHER