Stipendien ohne Wartefrist für vorläufig Aufgenommene
29.08.2024 AbstimmungenDer Zürcher Kantonsrat will eine Änderung im Bildungsgesetz, damit vorläufig aufgenommene Personen aus dem Asylwesen ohne Wartefrist Stipendien erhalten. Die SVP ist damit nicht einverstanden und ergriff deshalb das Kantonsratsreferendum. Der Souverän stimmt nun am 22. ...
Der Zürcher Kantonsrat will eine Änderung im Bildungsgesetz, damit vorläufig aufgenommene Personen aus dem Asylwesen ohne Wartefrist Stipendien erhalten. Die SVP ist damit nicht einverstanden und ergriff deshalb das Kantonsratsreferendum. Der Souverän stimmt nun am 22. September darüber ab.
Der Kanton Zürich unterstützt auszubildende Personen mit Beiträgen, sofern diese nicht selbst für die Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten aufkommen können. Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer können im Kanton Zürich gemäss geltendem Recht erst Ausbildungsbeiträge beziehen, wenn sie sich fünf Jahre in der Schweiz aufgehalten haben. Dies, obwohl der überwiegende Teil dieser Personen längerfristig hierbleibt. Demgegenüber sind vom Bund anerkannte und dem Kanton zugewiesene Flüchtlinge sowie hier wohnende Staatenlose gemäss Abstimmungsunterlagen beitragsberechtigt, ohne eine bestimmte Frist abwarten zu müssen.
Die zur Abstimmung stehende Änderung im Bildungsgesetz will auch bei vorläufig aufgenommenen Personen auf eine Wartefrist verzichten. Dadurch soll die berufliche Integration dieser Personengruppe erleichtert und längerfristig die Sozialhilfe entlastet werden. Gegen die vom Kantonsrat beschlossene Gesetzesänderung wurde das Kantonsratsreferendum ergriffen, weshalb nun das Stimmvolk am 22. September darüber zu befinden hat.
SP: Eine Win-win-Situation
Eine Mehrheit des Kantonsrats und der Regierungsrat empfehlen, die Vorlage anzunehmen. Die SP ist eine der Parteien, welche ebenfalls für die Gesetzesänderung eintreten. Bund, Kantone und Gemeinden würden vorgeben, dass sich vorläufig Aufgenommene rasch integrieren müssen. Sie erhielten jedoch sehr tiefe Ansätze zum Leben und stünden so permanent unter Druck, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. Viele sollen sich deshalb gegen eine Ausbildung und für einen Job im Tieflohnsektor entscheiden. Dies sei nicht nachhaltig. Mit dem Zugang zu Stipendien würden vorläufig aufgenommene Menschen finanziell unabhängig und hätten keine negativen Anreize mehr, um sich gegen eine Berufslehre zu entscheiden.
Das komme auch den Unternehmen zugute, so die Sozialdemokraten. Denn jährlich blieben rund 10’000 Lehrstellen unbesetzt. Für die Firmen sei es besser, wenn ihre Lernenden sich auf die Ausbildung konzentrieren können, statt unter permanenten Geldsorgen zu leiden, weil die Asylfürsorge nicht zum Leben reicht.
Ein Ja ist für die Befürworter der Vorlage deshalb eine Win-win-Situation – sowohl volkswirtschaftlich als auch für die Gemeindefinanzen. Die Vorteile lägen auf der Hand: Es werden mehr Fachkräfte ausgebildet; die vom Bund vorgegebenen Integrationsziele können besser erreicht werden; vorläufig aufgenommene Menschen können ein Leben in finanzieller Unabhängigkeit führen, was sozialkosten senkt und den Gemeindehaushalt entlastet.
SVP: Ein Grund mehr, nicht ausgeschafft zu werden
Das Referendum gegen die Gesetzesänderung ergriff die SVP. Die 76 Nein-Stimmen im Kantonsrat kamen von ihren Räten sowie von FDP und EdU. Die SVP-Exponenten befürchten bei einer Annahme, dass die Zweckentfremdung des Asylwesens für die Masseneinwanderung und die Sogwirkung des Kantons Zürich für abgelehnte respektive vorläufig aufgenommene Asylbewerber weiter verstärkt würden. Es könne zudem nicht angehen, dass sie nach einer Abweisung, weil sie keinen Asylgrund hätten oder sogar kriminell seien, vom ersten Tag an Gratis-Stipendien für Schulen, Hochschulen und Universitäten erhalten.
Die Gutsprache von Stipendien bedeute nicht nur die Zahlung der Schulgelder, sondern auch diejenige der Lebenshaltungskosten während der Ausbildung. Die zusätzlichen Kosten für die Steuerzahlerinnen gingen so in die Millionen. Die Gegner der Vorlage sehen aber auch eine Gefahr der Umgehung des vom volk angenommenen Ausländergesetzes: Wer erst einmal ein Gratis-studium machen dürfe, verschaffe sich einen Grund mehr, um nicht ausgeschafft zu werden. Dabei sei das Ziel des Status F, die möglichst baldige Rückführung, nicht die Integration.
Einen Anreiz in Form von Stipendien für diese Personen zu schaffen, widerspreche jeglicher Logik und der Zielsetzung des Status F. Die SVP fordere deshalb einmal mehr, dass die Rückführung der vorläufig aufgenommenen Personen intensiviert wird. Der Kanton sei für die Rückführung verantwortlich und hier sei der Hebel anzusetzen.
RENÉ FISCHER
Parteiparolen
Ja: SP, Grüne, EVP, Die Mitte
Nein: FDP, SVP, EDU
keine Angabe: AL, GLP