Stimmvolk entscheidet über Klimaschutz-Artikel

  21.04.2022 Abstimmungen

Das Klima gilt es zu schützen. Dem will der Kanton Zürich mit einem Verfassungsartikel, in dem verschiedene Handlungsfelder für Kanton und Gemeinden deklariert werden, Nachdruck verleihen. Den Gegnern geht der Eintrag in die Verfassung zu weit, mit konkreten Gesetzesänderungen und Massnahmen wäre der Sache besser gedient.

«Der Klimaschutz ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit – auch im Kanton Zürich», steht in den Abstimmungsunterlagen. Er soll deshalb in der Kantonsverfassung verankert werden. Der geplante neue Verfassungsartikel definiere das Ziel der Treibhausgasneutralität, kurz Netto-Null. Er erteile dem Kanton und den Gemeinden verbindlich den Auftrag, sich für die Begrenzung des Klimawandels und seiner Auswirkungen einzusetzen. Weiter bezeichne er die Handlungsfelder für Massnahmen und schaffe die Grundlage für die Förderung von relevanten Technologien, Materialien und Prozessen.
Die Vorlage geht auf eine im Kantonsrat verabschiedete parlamentarische InItiative zurück. Sie bedingt eine Änderung der Kantonsverfassung, weshalb der Zürcher Souverän am 15. Mai darüber abstimmen wird. Kantons- und Regierungsrat empfehlen ein Ja, wie auch die Parteien SP, Grüne, EVP, FDP, AL, GLP und die Mitte. Gegen die Vorlage votieren SVP und EDU.

Der Kanton steht in der Verantwortung

Der Kanton Zürich hat laut Regierung insgesamt einen hohen Ausstoss an Treibhausgasen. Dadurch stehe er in einer besonderen Verantwortung. Als Wissenschaftsstandort sei er ausserdem gefordert, in Forschung und Technik auf Lösungen hinzuarbeiten, die eine rasche Transformation hin zu Netto-Null ermöglichen. Dadurch ergäben sich Chancen für den Wirtschaftsstandort und das Gewerbe. Zudem eröffneten sich Chancen für die Lebensqualität, zum Beispiel durch geringere Luftschadstoff- und Lärmbelastung.
Mit Netto-Null gebe der zur Abstimmung stehende Artikel 102a der Politik und Wirtschaft eine klare Richtung vor. Er besteht aus drei Absätzen. Absatz 1 erlasse dem Kanton und den Gemeinden den Auftrag, sich für die Begrenzung des Klimawandels und von dessen Auswirkungen einzusetzen – und zwar im Einklang mit den Zielen des Bundes und mit internationalen Abkommen wie demjenigen von Paris. Absatz 2 nennt die Handlungsfelder, in denen Kanton und Gemeinde Massnahmen ergreifen sollen – namentlich in den Bereichen Siedlungsentwicklung, Gebäude, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft sowie Industrie und Gewerbe. Der dritte Absatz schafft für Kanton und Gemeinden die Grundlage, für den Klimaschutz geeignete Technologien, Materialien und Prozesse zu fördern.

Gezielte Massnahmen, statt Verfassungsänderung

Dem berechtigten Anliegen des Klimaschutzes sei durch konkrete Gesetzesänderungen und Massnahmen mehr gedient als durch die beantragte Verfassungsänderung, sind die Vorlagengegner überzeugt. Die Kantonsverfassung halte bereits heute wörtlich fest, dass Kanton und Gemeinden für den Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen zu sorgen haben und nachhaltige Technologien fördern können.
Mit Berufung auf den neuen Verfassungsartikel würden im Kanton Zürich bald verschärfte staatliche Massnahmen gefordert und gerechtfertigt werden. Es gehe schliesslich um ein umfassendes Paket. Die Regelungen würden weit schärfer ausfallen als vom Bund gefordert oder in den anderen Kantonen üblich. Damit benachteilige sich der Kanton Zürich gegenüber den anderen. Die finanziellen Folgen für einen harten Sonderweg würden die Unternehmen als Erste zu spüren bekommen. Letztlich würden aber alle Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons dafür teuer bezahlen müssen.

RENÉ FISCHER


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