Selbstbestimmung über den eigenen Körper und Geist
16.05.2024 AbstimmungenWer meint, die körperliche und geistige Unversehrtheit sei heute nicht genügend vor Eingriffen geschützt, stimmt am 9. Juni Ja zur Freiheits-Initiative. Wer denkt, sie sei schon heute durch die Verfassung genügend gesichert und die Initiative gehe grundsätzlich zu ...
Wer meint, die körperliche und geistige Unversehrtheit sei heute nicht genügend vor Eingriffen geschützt, stimmt am 9. Juni Ja zur Freiheits-Initiative. Wer denkt, sie sei schon heute durch die Verfassung genügend gesichert und die Initiative gehe grundsätzlich zu weit, legt ein Nein in die Urne.
Im Frühling 2020 erreichte die Coronapandemie die Schweiz. Der Bundesrat ergriff einschneidende Massnahmen, «um die Bevölkerung vor dem Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens, insbesondere der Spitäler, zu verhindern». Das schreibt der Bund zur Abstimmungsvorlage der Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit». Gleichzeitig hätten Forscherinnen und Forscher weltweit begonnen, Impfstoffe gegen das neuartige Virus zu entwickeln. Ein Teil der Bevölkerung habe grosse Hoffnungen in diese Impfstoffe und in die Impfung als Weg aus der Pandemie gesetzt.
Andere standen der Impfung ablehnend gegenüber. In diesem politischen und gesellschaftlichen Umfeld wurde im Herbst 2020 die sogenannte Freiheits-Initiative lanciert. Sie fordert gemäss Abstimmungsunterlagen, dass für Eingriffe in die körperliche oder geistige Unversehrtheit die Zustimmung der betroffenen Person vorliegen muss. Die körperliche und geistige Unversehrtheit sei aber schon heute in der Verfassung (unter Artikel 10) verankert. Das ist einer der Gründe, weshalb Bundesrat und Parlament die Initiative ablehnen, denn dieses Grundrecht schütze den Körper gegen Einwirkungen durch den Staat.
Gemäss Initiative dürfe zudem eine Person, die die Zustimmung verweigere, weder bestraft noch benachteiligt werden. Der Initiativtext spricht nicht von Impfungen, sondern allgemein von «Eingriffen in die körperliche und geistige Unversehrtheit». Er erfasse damit grundsätzlich jedes Handeln von Bund, Kantonen und Gemeinden, das auf den Körper einwirke, etwa die Polizeiarbeit und den Strafvollzug. Auch deshalb die ablehnende Haltung von Bundesrat und Parlament. Welche konkreten Folgen ein Ja zur Initiative hätte, würde von Umsetzung und Rechtsprechung abhängen.
Ergänzung zum Verfassungsartikel
Die Initiative will, dass der Verfassungsartikel 10 wie folgt ergänzt wird: «Eingriffe in die körperliche oder geistige Unversehrtheit einer Person bedürfen deren Zustimmung. Die betroffene Person darf aufgrund der Verweigerung der Zustimmung weder bestraft werden noch dürfen ihr soziale oder berufliche Nachteile erwachsen.» Die Initiative möchte, dass weder Politik, Pharmaindustrie noch andere Institutionen entscheiden können, ob ein implantierbarer Mikrochip, Nanopartikel oder eine Impfung ohne Zustimmung der Person in den Körper kommt. Das Parlament könne laut dem Initiativkommitee endlich gesetzlich festlegen, was eine körperliche Unversehrtheit ist und schaffe somit Rechtssicherheit. Bei einem Ja würden zudem die Verträge mit der Weltgesundheitsorganisation WHO unwirksam.
Indem Menschen die endgültige Entscheidung über ihren Körper und ihre Gesundheit überlassen werde, würde ein Schutzwall gegen mögliche Fehleinschätzungen der Behörden errichtet, argumentiert das Initiativkomitee. Wenn der Staat seine Bürger transparent und ehrlich informieren würde, würden die Bürger von sich aus einen Eingriff in ihre Integrität akzeptieren. Der Staat müsse nicht auf Zwangsmassnahmen zurückgreifen.
Lanciert und eingereicht wurde die Volksinitiative durch die Freiheitliche Bewegung Schweiz während der Covidkrise. Damals wurde über Impfobligatorien nachgedacht, und zeitweise galt eine Zertifikatspflicht, die mitunter kritisch aufgenommen wurde. Über Wochen hatten nur Personen Zutritt zu öffentlichen Lokalen und Anlässen, die eine Impfung gegen Covid-19, die Genesung von der Krankheit oder aber einen negativen Test mit dem Zertifikat nachweisen konnten.
RENÉ FISCHER
Parteiparolen
Ja: EDU, SVP
Nein: EVP, FDP, Grüne, GLP, Mitte, SP