Schreibstau
23.11.2024 KolumneIch muss gestehen, ich stecke im Schreibstau. Hochnebel macht Spätherbsttage trübe, trübe wie so vieles im Weltgeschehen. Das frühe Eindunkeln hilft der Stimmung auch nicht wirklich.
Was soll ich zum Beispiel zu den amerikanischen Wahlen noch ...
Ich muss gestehen, ich stecke im Schreibstau. Hochnebel macht Spätherbsttage trübe, trübe wie so vieles im Weltgeschehen. Das frühe Eindunkeln hilft der Stimmung auch nicht wirklich.
Was soll ich zum Beispiel zu den amerikanischen Wahlen noch schreiben? Dass so ein Zyniker und nach allem, was vor vier Jahren geschehen ist, wieder Präsident werden kann! Unglaublich! Und die Ukraine wird zermürbt und ausgeblutet, die Front friert ein. Zuversicht für das gebeutelte Land sieht anders aus. Mit den nordkoreanischen «Söldnern» wird der Krieg weiter internationalisiert. Da ist es nicht verwunderlich, wenn die Entwicklung der 1930er-Jahre wieder aufscheint.
Mit grösster Ratlosigkeit blicken wir auch nach Israel, in den Gaza-Streifen, in die Westbank, in den Libanon und damit auch in den Iran. Was soll da noch werden? Hoffnung um Hoffnung auf Frieden wird zerstört. Friedliche Koexistenz scheint in weite Ferne zu rücken. Der vergessene Kontinent Afrika? Er verschwindet in all dem Schlamassel schon fast aus dem Fokus. Viele Staaten werden es dank Krieg, Umweltkatastrophen, Korruption und Einflüssen der Mächte wie China und Russland sowie westlichen Rohstoffkonzernen nie auf die Beine schaffen.
Und in unserem friedlichen bewahrten Ländchen? Hier geben sich Hooligans aus dem Umfeld von Fussballund Eishockeyclubs (Fans möchte ich sie gar nicht nennen) auf die Kappe beziehungsweise die Kapuze, überfallen neuestens gar friedliche lokale Anlässe und benehmen sich testosterongesteuert fern jeglichen Anstands und zivilisierten Verhaltens. Was soll das und wie lange lassen wir uns das noch gefallen? Haben wir uns an grauenhafteste Terroranschläge in fremden Grossstädten schon gewöhnt, gehen heute auch bei uns Menschen spontan mit Messern und Äxten auf völlig Unbeteiligte los. Haben Sie sich auch schon dabei ertappt, wie Sie in einer Menschenmenge stehend überlegen, wie Sie in einem solchen Fall reagieren würden?
Und wenn es nicht schon genug
wäre, beobachten wir in der warmen Stube vor dem Fernseher sitzend, wie ein Bergdorf evakuiert werden muss, weil der Berg runterfällt und die ganze Bergterrasse fortrutscht. Schon bin ich froh, dass der Schauenberg nicht höher ist und mein Städtchen Elgg stabil zu stehen scheint.
Auf der Suche nach positiven und ermutigenden Worten bin ich auf folgendes Gedicht des Bauerndichters Alfred Huggenberger gestossen (1867 – 1960, wohnhaft gewesen in Bewangen bei Bertschikon). Es nimmt das schöne Wort Hoffnung auf berührende Weise zeitlos auf.
Wegspruch
Die Erde sei ein Sorgenhaus,
wer grämt sich einen Himmel draus?
Du magst Dich ärgern und klagen,
musst doch Dein Bündel tragen.
Oft türmt ein Berg sich, riesengross,
bei Licht ist’s eine Wolke bloss.
Warum, fragst Du mit Lachen,
liess ich mir bange machen?
Und wenn im Dunkel liegt dein Weg –
Das Glück kommt über Stein und Steg!
Lass ihm ein Pförtlein offen!
Wer leben will, muss hoffen.