Kantonales Bürgerrechtsgesetz kommt vors Volk

  09.04.2022 Abstimmungen

Der Kanton Zürich hat ein Bürgerrechtsgesetz ausgearbeitet, das bewährte Regeln der Einbürgerungspraxis weiterführen und zu einer einheitlichen Behandlung der Gesuche im ganzen Kanton beitragen soll. Die Gegner aber verlangen eine Verschärfung der Praxis.

Wer sich in der Schweiz einbürgern lassen will, muss zahlreiche Voraussetzungen erfüllen. Die Gemeinde, der Kanton und der Bund prüfen diese nach klaren Regeln. Heute gibt vor allem der Bund vor, was nötig ist, um das Schweizer Bürgerrecht zu erhalten. Mit dem zur Abstimmung stehenden neuen kantonalen Bürgerrechtsgesetz ergänzt und konkretisiert der Kanton Zürich diese Voraussetzungen. Das neue Gesetz führe laut Abstimmungsunterlagen bewährte Regeln der Zürcher Einbürgerungspraxis weiter und trage zu einer einheitlichen Behandlung der Einbürgerungsgesuche im ganzen Kanton bei.
Einbürgerungen sollen heute im Kanton Zürich weitgehend problemlos funktionieren. Deshalb gelte im neuen Bürgerrechtsgesetz in vielen Bereichen das geltende Recht und die bewährte Praxis. So müsse man zum Beispiel weiterhin zwei Jahre in der Gemeinde gewohnt oder in den letzten fünf Jahren seine Zahlungsverpflichtungen erfüllt haben. Auch bei den Anforderungen an die Deutschkenntnisse ändere sich nichts. Gegen das vom Kantonsrat beschlossene Gesetz wurde von der SVP das Kantonsratsreferendum ergriffen, womit es am 15. Mai zur Volksabstimmung kommt.

Warum braucht es ein neues Gesetz?

Die Erteilung des Bürgerrechts hat im Kanton Zürich heute drei rechtliche Grundlagen: die Kantonsverfassung, das kantonale Gesetz über das Bürgerrecht von 1926 und die kantonale Bürgerrechtsverordnung, welche heute laut Unterlagen das meiste regle. Sie wurde 2018 an die Vorgaben des Bundes angepasst, sei aber nur eine Übergangslösung. Die Kantonsverfassung verlange, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen in einem Gesetz geregelt und damit demokratisch beschlossen sind. Dieser Auftrag werde mit dem vorliegenden Gesetz erfüllt.
Die Kantonsverfassung verlange weiter, dass in allen Zürcher Gemeinden die gleichen Einbürgerungsvoraussetzungen gelten. Die Chancen auf eine Einbürgerung dürfen auch nicht vom jeweiligen Wohnort abhängig sein. Dieses Ziel sei bereits 2018 mit der Revision der kantonalen Bürgerrechtsverordnung umgesetzt worden. Mit dem neuen Bürgerrechtsgesetz würden nun weitere Regeln eingeführt, die zu einer einheitlichen Behandlung der Einbürgerungsgesuche beitragen. Der Bund habe sein Einbürgerungsrecht 2018 grundlegend überarbeitet und deutlich konkreter verstanden als früher. Seither würden messbare Kriterien wie Testergebnisse oder Einträge in Registern eine wichtige Rolle spielen. Das Ziel sei ein schweizweit einheitlicheres Einbürgerungsverfahren und der Spielraum der Kantone dadurch kleiner geworden. Das neue kantonale Gesetz sei deshalb ein schlanker Erlass mit 23 Bestimmungen.

Das Gesetz nutzt den Spielraum nicht

Die Gegner der Vorlage im Kantonsrat argumentieren, dass zwar grundsätzlich die Voraussetzungen für die Erteilung des Bürgerrechts vom Bundesrecht vorgegeben seien, der Kanton aber einen gewissen Spielraum habe, um die Anforderungen zu verschärfen. Er könne zum Beispiel die vom Bundesrecht verlangte Mindestaufenthaltsdauer erhöhen oder bessere Deutschkenntnisse verlangen. Diesen Spielraum nutze das Zürcher Bürgerrechtsgesetz nicht. Das Bürgerrecht dürfe nicht leichtfertig, sozusagen im Vorbeigehen, vergeben werden. Eine Minderheit im Kantonsrat verlangt deshalb, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen verschärft werden: Die minimale Aufenthaltsdauer in der Gemeinde müsse künftig mehr als zwei Jahre betragen. Bei den Deutschkenntnissen seien Alltagskenntnisse nicht ausreichend. Die Anforderungen an die Straf- und Betreibungsregistereinträge sollen erhöht werden. Die Einbürgerung dürfe auch für junge Erwachsene nicht kostenlos sein.
Das neue Bürgerrechtsgesetz sei vom Gedanken geprägt, dass eine frühe und schnelle Einbürgerung die Integration fördere. Das Bürgerrecht soll jedoch den Abschluss der erfolgreichen Integration bilden, nicht den Anfang. Ausländerinnen und Ausländer, die dauerhaft in der Schweiz bleiben und Teil der hiesigen Gesellschaft werden wollen, hätten sich mit den Sitten und Gebräuchen vertraut zu machen. Dazu gehöre selbstverständlich auch, eine Landessprache zu beherrschen, die Besonderheiten unseres politischen Systems der direkten Demokratie zu kennen sowie Verfassung und Gesetze zu respektieren und einzuhalten. Erst wer sich erfolgreich integriere und diese Voraussetzungen erfülle, soll eingebürgert werden. Doch im Zürcher Bürgerrechtsgesetz seien die Einbürgerungshürden viel zu niedrig angesetzt, weshalb es abgelehnt werden soll.

RENÉ FISCHER


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