Schon immer haben sich Menschen vor Vergiftungen gefürchtet. Selbst heute bezichtigt man gewisse, meist machterfüllte Personen, Vorkoster zu beschäftigen, die nichts anderes tun müssen, als unter Lebensgefahr die Mahlzeiten ihrer Chefs zu testen, die sich so vor Vergiftungen ...
Schon immer haben sich Menschen vor Vergiftungen gefürchtet. Selbst heute bezichtigt man gewisse, meist machterfüllte Personen, Vorkoster zu beschäftigen, die nichts anderes tun müssen, als unter Lebensgefahr die Mahlzeiten ihrer Chefs zu testen, die sich so vor Vergiftungen schützen wollen.
Man erinnert sich: Vor rund vier Jahren ging eine Vergiftungsphobie auch durch die Schweiz. Irgendwelche naturwissenschaftlichen Amateure kamen auf die Idee, die selektiv und nur im Bedarfsfall ausgebrachten Pflanzenschutzmittel könnten den Konsumentinnen und Konsumenten nach dem Leben trachten. Mit viel medialer Unterstützung wurden Ängste vor einer lebensgefährlichen Trinkwasserkontaminierung geschürt, die es, jedenfalls in unseren Breitengraden, so gar nicht gibt. Da wurden dem nichts ahnenden Publikum Zahlen von Mikro- und Nanogrammen um die Ohren gehauen, dass männiglich gleich das Ende seines irdischen Daseins befürchten musste und mit dem Schreiben eines Testaments begann.
Nun, der Spuk, den die Initianten mit ihren Volksbegehren zum Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln hervorriefen, hat sich nach der Abstimmung vom 13. Juni 2021 auf den ersten Blick in Schall und Rauch aufgelöst.
Hinter den Kulissen wird aber weiterhin an Einschränkungen und Verboten von Pflanzenschutzmitteln gearbeitet. Die Landwirtschaft befürchtet zu Recht, dass ihre Kulturen nicht mehr ausreichend geschützt werden können. Insbesondere der letzte, nasse Sommer zeigte exemplarisch, dass dieser Schutz nicht mehr gewährleistet ist.
Weil nun weniger «Gift» auf den Feldern eingesetzt wurde, lauern nun umso mehr Gifte im Lebensmittel Getreide. So paradox dies klingen mag, so dramatisch ist die Wahrheit. «Wenig Ertrag, viel Mykotoxin», titelte unlängst eine Zeitung in einem Bericht zur Weizenernte 2024. Es war nicht nur die schlechteste Weizenernte seit 35 Jahren, es war auch eine, die viele schädliche Getreidepilze enthielt, die bereits in geringen Mengen unsere Gesundheit gefährden können.
Nun, in der Schweiz müssen wir vor Getreidepilzen, Fusarien und Mykotoxinen in Lebensmitteln keine Angst haben. Die Kontrollen funktionieren, schadhafte Ware wird ausgesondert, bevor mit dem Verarbeitungsprozess begonnen wird.
Es zeigt sich: Die Natur kann giftig sein. Viele der gefährlichsten Gifte hat die Natur ohne menschliches Dazutun selbst entwickelt. Die Menschheit ihrerseits hat gelernt, entsprechende Gegengifte zu kreieren, die ihre toxische Wirkung so entfalten, dass sie gegen Schadorganismen wirken, nicht aber uns Menschen selbst gefährden. Die Geschichte von der «guten Natur» und der «bösen Chemie» gehört endgültig ins Reich der Märchen.