Eroberungsstrategie
01.02.2025 KolumneAktuelle politische Entwicklungen und speziell gewisse Regierungsbildungen sind nur noch mit Ironie wenn nicht Zynismus zu ertragen. Ich bin gerade aufgelegt für einen Versuch, in dieser Kolumne damit zu beginnen (Warnung: Nicht jeder folgende Satz ist tierisch ernst gemeint).
Wir ...
Aktuelle politische Entwicklungen und speziell gewisse Regierungsbildungen sind nur noch mit Ironie wenn nicht Zynismus zu ertragen. Ich bin gerade aufgelegt für einen Versuch, in dieser Kolumne damit zu beginnen (Warnung: Nicht jeder folgende Satz ist tierisch ernst gemeint).
Wir arbeitsamen, demokratischen, solidarisch gesinnten und schampar neutralen Schweizer:innen mit unserem Konkordanz- und Milizsystem sind doch das real existierende Beispiel für mustergültige Staatsbildung. Doch halt! Auch bei uns wird es immer enger. Auch wir brauchen neues Land, um uns weiterzuentwickeln.
Ich habe herausgefunden, dass in der Hauptstadt Grönlands eine (und einzige) Schweizerin mit ihrem Mann von den Färöer-Inseln lebt. Ja Moment. Auch ihr steht doch ein Teil Grönlands als Schweizer Staatsgebiet zu. Also auf, lieber Bundesrat, ab in einen Superpuma gestiegen und diesen Anspruch mal angemeldet. Sonst holt sich Trump alles!
Und erst das Veltlin! Das gehörte mal uns. Wieso lassen wir uns die italienische Aneignung immer noch gefallen? Den teuren Sfurzat (für Weinbanausen: das ist der beste Veltliner Wein) holen wir uns zurück, Herr Cassis! Die Urner waren unter anderem mal Landvögte im Maggiatal. Das ist doch ein Ansatz. Also: Die Hellebarden aus dem Estrich geholt – im Aussendepot des Landesmuseums in Affoltern am Albis lagern auch noch 1400 – und dann «mit Trummle und mit Pfiffe dem Mailand zue», wie es in einem alten Schweizer Volkslied heisst, das noch echten kolonialen Geist atmet. Bei den Bernern könnte man auch etwas abschauen. Die beuteten jahrhundertelang den Aargau aus und hätten Erfahrung.
Auch meine Wohngemeinde Elgg sollte sich nicht länger bescheiden. Hofstetten hat sich bereits angeschlossen – ohne Unterwerfungsvertrag. Was hält uns noch? In der Helvetik – zugegeben, die dauerte nur von 1798 bis 1803 – amtete Elgg dank Napoleon (ein ebenso bescheidener Mensch wie Macron) als Distriktshauptort, was in etwa Hauptstadt Winterthur-Land bedeutet hat. Geschätzter Gemeinderat, was suchst du noch lange nach Legislaturzielen? Mit Weitsicht und Mut anpacken! Unsere Nachbargemeinden werden sich nicht lange wehren, wenn sie der Fäuste unserer Faustballer:innen gewahr werden.
Sollten all diese Bemühungen um den Slogan «Die Schweiz zuerst» ein finanzielles Problem darstellen, gibt es bei uns ja auch Milliardäre, die unsere Regierungen und Räte kompetent beraten und uneigennützig unterstützen könnten. Partizipativer Prozess sagt man dem.
Im Ernst, liebe Leserinnen und Leser: Wir müssen unseren demokratischen Prozessen Sorge tragen, uns beteiligen und Leute wählen, die an ernsthaftem Engagement für unser Gemeinwesen interessiert sind und nicht an Klamauk. Und ich bin dankbar für diese Ortszeitung, die Meinungsvielfalt ermöglicht und pflegt – und Texte wie diesen veröffentlicht.
Der amerikanische «Berater» des künftigen Präsidenten wüsste dies wohl zu verhindern.