«Die armen ETH-Studenten»: Solche oder ähnlich formulierte Sätze konnte man in den letzten Tagen – nicht ganz gender-gerecht – in verschiedenen Medien lesen. Rein sozio-ökonomisch betrachtet mag das ja stimmen, insbesondere dann, wenn Studierende die nach wie ...
«Die armen ETH-Studenten»: Solche oder ähnlich formulierte Sätze konnte man in den letzten Tagen – nicht ganz gender-gerecht – in verschiedenen Medien lesen. Rein sozio-ökonomisch betrachtet mag das ja stimmen, insbesondere dann, wenn Studierende die nach wie vor verfügbare freie Zeit nicht mit Arbeit zur Aufbesserung der eigenen finanziellen Basis, dafür mehr für etwelche Demonstrationen, sei es gegen das Establishment, sei es für Palästina oder für sonstige obskuren Anliegen vergeuden.
Nun, das Wort «arm» war in diesem Zusammenhang ja ganz anders gedacht. Zu stressig, zu anforderungsreich sei das Studentenleben an genannter Hochschule, es bleibe zu wenig freie Zeit – psychische Schäden entsprechend die Folgeerscheinung. Die Schulleitung der renommiertesten Universität in Kontinentaleuropa sah sich deshalb zum Handeln gezwungen, will die Prüfungszeit nun vorverlegen, so dass in den bisher für die Lernphase benutzten Semesterferien genügend Zeit fürs Jobben oder vor allem für die Erholung bleibt. Wenn dabei ein Effizienzgewinn entsteht, ist dagegen eigentlich nichts einzusetzen. Wenn dies aber dazu führt, dass aufgrund der drastisch verkürzten Lernzeit weniger Wissen und Können verlangt wird, um die Prüfungen zu bestehen, sind doch etliche Fragezeichen anzubringen.
Die ETH, Schweizer Aushängeschild für Ausbildung, Wissenschaft und Forschung, begibt sich damit auf eine Gratwanderung. Will man weiterhin zu den Besten der Besten gehören und sich von den eher Larifari-Unis abheben, darf man keine Kompromisse eingehen. Lehrpersonen und Studierende müssen gefordert werden – fordern und selektionieren heisst die Losung. Für die Studierenden ist die Zeit an der Hochschule überschaubar. Für das Angenehme im Leben bleibt später noch genügend Zeit.
Die Schweiz ist bekanntlich unter Druck. Die schwächelnde EU will uns an den Kragen respektive von unserem System, von unseren Finanzen und von unserem Knowhow mittels Knebelverträgen profitieren. So will man uns beispielsweise vom ambitionierten Forschungs- und Innovationsprogramm «Horizon» ausschliessen, obschon gerade die Schweiz hier die gewinnbringendsten Impulse einbringen könnte. Dieser Brüsseler Arroganz entgegnet man am besten mit einer noch besseren Bildung und Forschung. Ob in dieser Hinsicht der eingeschlagene Softie-Kurs der ETH hilft, ist mehr als fraglich.