Autobahnausbau, Krankenversicherung und Mietrecht
19.11.2024 AbstimmungenKommendes Wochenende stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über vier nationale Vorlagen ab – allesamt Gesetzesreferenden. Um was es geht, welche Argumente für oder gegen die einzelnen Geschäfte sprechen und welche nationalen Organisationen welche Abstimmungsempfehlung ...
Kommendes Wochenende stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über vier nationale Vorlagen ab – allesamt Gesetzesreferenden. Um was es geht, welche Argumente für oder gegen die einzelnen Geschäfte sprechen und welche nationalen Organisationen welche Abstimmungsempfehlung geben, fassen wir nachfolgend in aller Kürze zusammen.
Abstimmen nicht vergessen!
Wer noch nicht brieflich abgestimmt hat, kann seine Stimme am Samstag und Sonntag persönlich in die Urnen der Wohngemeinde legen. Die Standorte der Abstimmungslokale und deren Öffnungszeiten sind auf folgenden Webseiten zu finden:
Aadorf: www.aadorf.ch/index.html/82">https://www.aadorf.ch/index.html/82
Elgg: www.elgg.ch/index.">https://www.elgg.ch/index. html/84
Hagenbuch: www.hagenbuch-zh.ch/">https://www.hagenbuch-zh.ch/ index.html/38
(RED)
Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen
Darum geht es
Für 4,9 Milliarden Franken sollen sechs Teilstücke des Schweizer Nationalstrassennetzes ausgebaut werden:
• A1 zwischen Le Vengeron und Nyon: Verbreiterung der Autobahn um zwei auf sechs Spuren auf einer Länge von 19 Kilometern ob dem Genfersee.
• A1 zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl: Ausbau der Autobahn bei der Raststätte Grauholz um zwei auf acht Spuren.
• A1 zwischen Schönbühl und Kirchberg: Verbreiterung der Autobahn um zwei auf sechs Spuren.
• A2 bei Basel: Bau eines neuen Rheintunnels zwischen Wiese und Hagnau zur Entlastung der Autobahn.
• A4 bei Schaffhausen: Bau einer zweiten Röhre des Fäsenstaubtunnels für vier statt zwei Spuren.
• A1 bei St. Gallen: Bau einer dritten Rosenbergtunnel-Röhre für sechs statt vier Spuren.
Argumente Ja
Die Bevölkerung und der Verkehr in der Schweiz sind stark gewachsen, die Infrastruktur muss mitziehen. Mehr Spuren auf den stauträchtigen Autobahnabschnitten verbessern den Verkehrsfluss und reduzieren Staus. Dies schont die Nerven von Pendlern und Gewerbetreibenden, verkürzt deren Fahrzeit, trägt somit zur Produktivität bei und ist gut für den Handel und den Wirtschaftsstandort Schweiz. Flüssigerer Verkehr erhöht zudem die Sicherheit, und es kann Ausweichverkehr auf Kantons- und Gemeindestrassen reduziert werden.
Ja-Empfehlungen: Bundesrat und Parlament, SVP, FDP, EDU, Mitte, Economiesuisse, Gewerbeverband, Bauernverband, TCS.
Argumente Nein
Erfahrung und Forschung belegen: «Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten». Heisst: Die zusätzlichen Spuren werden mehr Autos anlocken, die sich bald wieder stauen. Auch während des Baus der neuen Spuren wird es zusätzliche Staus geben. Durch den Ausbau werden 400’000 Quadratmeter – 60 Fussballfelder – Kulturland und Wald asphaltiert und die Zersiedelung befördert. Zudem widersprechen Spurausbauten den vom Bund gesteckten Zielen beim Klimaschutz; das viele Geld soll besser zur Reduktion des CO2-Ausstosses eingesetzt werden, der vom Autoverkehr mitverursacht wird.
Nein-Empfehlungen: SP, Grüne, GLP, EVP, Pro Natura, Greenpeace, WWF, BirdLife, Klimaallianz Schweiz, VCS.
Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Einheitliche Finanzierung der Leistungen, Efas)
Darum geht es
Die Revision soll die Kostenverteilung zwischen Krankenkassen (KK) und Kantonen bei der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vereinheitlichen. Heute finanzieren Kantone mindestens 55 Prozent der Kosten stationärer Leistungen (mit Spitalübernachtung), den Rest die KK. Ambulante Leistungen (ohne Spitalübernachtung) werden komplett durch die KK finanziert. Der neue Kostenschlüssel sieht vor, dass KK 73,1 und Kantone 26,9 Prozent zahlen (nach Abzug der Kostenbeteiligung), sowohl für stationäre Spitalbehandlungen als auch für ambulante Behandlungen in Arztpraxen und im Spital, für Laboruntersuchungen, Medikamente und Therapien. Für die Kantone ergeben sich daraus mehr gesundheitspolitische Steuerungsmöglichkeiten.
Argumente Ja
Die einheitliche Finanzierung fördert ambulante Eingriffe, was das Wachstum der Gesundheitskosten dämpft. Kantone und Versicherer erhalten Anreize, die günstigste Behandlung zu fördern. Vom bestehenden Verteilschlüssel profitieren die Kantone, weil die ambulanten Kosten stärker wachsen als die stationären; die Lasten der Versicherer und damit der Prämienzahler nehmen dadurch stärker zu, als die Beteiligung der Kantone. Pflegeeintritte werden verzögert, was Kosteneinsparungen bedeutet. Weniger stationäre Behandlungen entlasten Spitäler und deren Personal.
Ja-Empfehlungen: Bundesrat und Parlament, EDU, EVP, FDP, GLP, Mitte, SVP, Gewerbeverband, Ärztevereinigung, Apothekerverband, Versicherungsverband.
Argumente Nein
Die Kritik zielt nicht gegen den einheitlichen Verteilschlüssel für ambulante und stationäre Behandlungen, sondern gegen den Einbezug der Langzeitpflege in die Reform, welche heute zu rund 46 Prozent durch die Kantone finanziert wird. Mit der Reform steigen die Kosten der KK in diesem Bereich um rund 250 Millionen Franken, die auf die Prämienzahler abgewälzt werden. Da der Pflegebereich in den nächsten Jahren wegen Überalterung der Gesellschaft und längeren Lebenszeiten weiter zulegt, werden die Lasten der Versicherten in Zukunft noch weiter steigen. Efas macht Spitex und Pflege interessant für gewinnorientierte Investoren, was bei Spitälern negative Folgen hatte.
Nein-Empfehlungen: SP, Gewerkschaften.
Änderung des Obligationenrechts (Mietrecht: Untermiete)
Darum geht es
Die Revision soll die Kostenverteilung zwischen Krankenkassen (KK) und Kantonen bei der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vereinheitlichen. Heute finanzieren Kantone mindestens 55 Prozent der Kosten stationärer Leistungen (mit Spitalübernachtung), den Rest die KK. Ambulante Leistungen (ohne Spitalübernachtung) werden komplett durch die KK finanziert. Der neue Kostenschlüssel sieht vor, dass KK 73,1 und Kantone 26,9 Prozent zahlen (nach Abzug der Kostenbeteiligung), sowohl für stationäre Spitalbehandlungen als auch für ambulante Behandlungen in Arztpraxen und im Spital, für Laboruntersuchungen, Medikamente und Therapien. Für die Kantone ergeben sich daraus mehr gesundheitspolitische Steuerungsmöglichkeiten.
Argumente Ja
Die einheitliche Finanzierung fördert ambulante Eingriffe, was das Wachstum der Gesundheitskosten dämpft. Kantone und Versicherer erhalten Anreize, die günstigste Behandlung zu fördern. Vom bestehenden Verteilschlüssel profitieren die Kantone, weil die ambulanten Kosten stärker wachsen als die stationären; die Lasten der Versicherer und damit der Prämienzahler nehmen dadurch stärker zu, als die Beteiligung der Kantone. Pflegeeintritte werden verzögert, was Kosteneinsparungen bedeutet. Weniger stationäre Behandlungen entlasten Spitäler und deren Personal.
Ja-Empfehlungen: Bundesrat und Parlament, EDU, EVP, FDP, GLP, Mitte, SVP, Gewerbeverband, Ärztevereinigung, Apothekerverband, Versicherungsverband.
Argumente Nein
Die Kritik zielt nicht gegen den einheitlichen Verteilschlüssel für ambulante und stationäre Behandlungen, sondern gegen den Einbezug der Langzeitpflege in die Reform, welche heute zu rund 46 Prozent durch die Kantone finanziert wird. Mit der Reform steigen die Kosten der KK in diesem Bereich um rund 250 Millionen Franken, die auf die Prämienzahler abgewälzt werden. Da der Pflegebereich in den nächsten Jahren wegen Überalterung der Gesellschaft und längeren Lebenszeiten weiter zulegt, werden die Lasten der Versicherten in Zukunft noch weiter steigen. Efas macht Spitex und Pflege interessant für gewinnorientierte Investoren, was bei Spitälern negative Folgen hatte.
Nein-Empfehlungen: SP, Gewerkschaften.
Änderung des Obligationenrechts (Mietrecht: Untermiete)
Darum geht es
Mieter haben das Recht, das Mietobjekt ganz oder teilweise unterzuvermieten. Ein schriftlicher Vertrag für die Untervermietung ist rechtlich nicht zwingend. Sie bedarf aber der Zustimmung des Vermieters, der diese aus bestimmten, durch Gerichte definierte Gründen ablehnen kann. Mit den Änderungen im Obligationenrecht sollen den Mietern höhere Hürden gestellt werden für die Untervermietung. Insbesondere muss die Zustimmung des Vermieters schriftlich eingeholt und dem Vermieter der Name des Untermieters sowie Vertragsbedingungen (u.a. Untermietzins und -dauer) mitgeteilt werden.
Argumente Ja
In der heutigen Praxis gehen Untervermietungen weit über die ursprüngliche Idee hinaus, etwa während eines Auslandaufenthalts die Wohnung jemand anderem zeitweise zu überlassen. Die schon heute vorgeschriebene Zustimmung des Vermieters wird oft nicht eingeholt. Teilweise wird auch an mehrere Parteien weitervermietet – zu überrissenen Preisen, die höher sind als der reguläre Mietzins. Mit klareren Vorgaben können solche Missbräuche verhindert werden.
Ja-Empfehlungen: Bundesrat und Parlament, EDU, FDP, Mitte, SVP, Gewerbeverband, Hauseigentümerverband.
Argumente Nein
Die neuen Regeln schwächen die Mietenden zu Lasten der Vermieter. Sie schränken die Untervermietung massiv ein, ermöglichen Vermietern, wegen Bagatellen zu kündigen – und die Wohnungen zu höheren Preisen neu zu vermieten. Hunderttausende Mietende werden betroffen sein, etwa Wohngemeinschaften oder ältere Personen, aber auch KMU oder Arztpraxen, die sich Wohn-, Geschäfts- oder Praxisräume und deren Mietkosten teilen wollen.
Nein-Empfehlungen: SP, Grüne, GLP, EVP, Gewerkschaften, Travailsuisse, Mieterverbände, Konsumentenschutz, Städteverband, KMU-Verbände.
Änderung des Obligationenrechts (Mietrecht: Kündigung wegen Eigenbedarfs)
Darum geht es
Heute können Vermieter kündigen, wenn sie «dringenden Eigenbedarf» haben. Was als «dringend» gilt, ist umstritten und muss oft von einem Gericht geklärt werden, wobei die Rechtsprechung tendenziell strenger ist, als es sich die Vermieter wünschen. Folge: Es dauert oft länger, bis sie Mietverträge auflösen können. Neu soll im Gesetz das Wort «dringend» vor «Eigenbedarf» durch «bei objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen» ersetzt werden. Damit sollen Vermieter den Eigenbedarf einfacher und schneller geltend machen – und den Mietern kündigen können.
Argumente Ja
Mit der neuen Definition des Eigenbedarfs wird der Schutz des Eigentums und dessen freie Verwendung gestärkt. Die aktuelle Voraussetzung der Dringlichkeit für Eigenbedarf ist zu streng und führt zu langen Rechtsverfahren. Durch die neue Regelung werden Streitverfahren beschleunigt, insbesondere nach dem Kauf einer Liegenschaft.
Ja-Empfehlungen: Bundesrat und Parlament, EDU, FDP, GLP, Mitte, SVP, Gewerbeverband, Hauseigentümerverband.
Argumente Nein
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist bereits heute möglich, eine Schwächung des Kündigungsschutzes daher ungerechtfertigt und das neue Gesetz unnötig. Es ist nur ein Vorwand, um Mietzinserhöhungen durchzusetzen: Bereits heute wird der Eigenbedarf vorgeschoben, um einfacher kündigen und zu höheren Preisen neu vermieten zu können.
Nein-Empfehlungen: SP, Grüne, Gewerkschaften, Travailsuisse, Mieterverbände, Konsumentenschutz, Städteverband.