Zum Super-League-Schiedsrichter befördert
10.01.2023 AadorfEhrenvolle Berufung für den Aadorfer Nico Gianforte: Er wurde auf Anfang dieses Jahres Super-League-Schiedsrichter.
Welch Ehre für seinen Stammverein, aber vor allen für den 29-jährigen Nico Gianforte. Beim Sportclub Aadorf hatte er einst das ...
Ehrenvolle Berufung für den Aadorfer Nico Gianforte: Er wurde auf Anfang dieses Jahres Super-League-Schiedsrichter.
Welch Ehre für seinen Stammverein, aber vor allen für den 29-jährigen Nico Gianforte. Beim Sportclub Aadorf hatte er einst das Fussball-ABC gelernt. Spitzenfussballer zu werden war nicht sein Ziel, sondern lediglich die Freude am Fussball auszuleben. Gleichwohl eignete er sich als Juniorenfussballer das notwendige Spielverständnis an und setze sich mit dessen Regelwerk auseinander. So intensiv, dass er sich mit 15 Jahren zu einem Schiedsrichterkurs anmeldete. Nicht lange dauerte es, bis den verantwortlichen Kursleitern und Inspizienten die Fähigkeiten des jungen Mannes auffielen. Seine natürliche Ausstrahlung, sein bestimmtes Auftreten, die schnelle Auffassungs- und Entscheidungsfähigkeit sowie seine Ruhe, Bestimmtheit und Resilienz waren unter anderem Gradmesser für einen regelmässigen Aufstieg im Kreis seiner Schiedsrichterkollegen.
Über die Leitung von Juniorenspielen bis hin zu den Aktiven im Breitenfussball, ebnete der Thurgauer mit der stattlichen Grösse von 1,85 Meter den Weg. Ab 2019 wurde ihm die Leitung von Spielen in der Challenge League anvertraut. Mit beachtlichem Resultat, konnte er doch regelmässig mit seinen Leistungen überzeugen. Als Lohn winkt ihm nun die Leitung von Spielen auf höchster Stufe. So steht der Neo-Promovierte im neuen Jahr vor einer verantwortungsvollen Aufgabe.
Von Hochs und Tiefs
Zu seiner bisherigen Karriere als Schiedsrichter gibt Gianforte gerne Auskunft im folgenden Interview:
FRAGE: WAS BEDEUTET DIESER SCHRITT FÜR DICH PERSÖNLICH?
Antwort: Nach vier Jahren in der Challenge League die schönste Anerkennung. Ich habe mein Ziel erreicht.
WIE VIELE SCHIEDSRICHTER STEHEN DEM VERBAND AUF STUFE SPITZENFUSSBALL ZUR VERFÜGUNG?
Das Kader (Super und Challenge League) umfasst aktuell rund 45 Schiedsrichter inklusive Assistenten.
WANN HAST DU DEN ERSTEN MATCH GEPFIFFEN?
Das war im Herbst 2008, als ich mit 15 Jahren in Wil ein Junioren-C-Spiel leiten durfte.
DEIN SCHÖNSTES UND DEIN SCHLIMMSTES ERLEBNIS?
Erster Höhepunkt war der Match GC – Winterthur am 4. September 2022 vor 8200 Zuschauern. Tiefpunkt war ein Spiel in der 5. Liga vor mehreren Jahren, bei dem ich mit Prügeln bedroht wurde, was zu einem Spielabbruch führte und gar die Polizei vor Ort erschien. Die verantwortliche Mannschaft wurde in der Folge aufgelöst.
WIE BEREITEST DU DICH FÜR EIN SPIEL VOR?
Die Vorbereitung beginnt bereits ein paar Tage vor dem Spiel. Am Spieltag bin ich zwei Stunden vor Spielbeginn in der Kabine, bespreche mich mit den Assistenten, mache gymnastische Übungen und bereite mich mental auf die Aufgabe vor. 40 Minuten vor dem Kick-off gehen wir für rund 20 Minuten auf den Platz für das Warm-up. Die letzten Minuten in der Garderobe höre ich Musik und warte auf das Go zum Einlaufen.
Flexibilität ist unabdingbar
WAS BEDEUTET DIE BELASTUNG FÜR DEINEN BERUF?
Zu 80 Prozent bin ich als Finanzberater erwerbstätig. Meinem Arbeitgeber bin ich für die Flexibilität sehr dankbar. Ohne diese wäre die Tätigkeit als Schiedsrichter auf diesem Niveau unmöglich.
WIE STEHT ES UM DIE ENTSCHÄDIGUNG PRO SPIEL?
Meine Entschädigung ist professionell über einen Anstellungsvertrag geregelt.
WELCHES ZIEL MÖCHTEST DU NOCH ERREICHEN? ETWA DIE LEITUNG VON INTERNATIONALEN SPIELEN?
Als Schiedsrichter muss man sich immer ein neues Ziel setzen. Vorerst gilt es, sich auf höchster Stufe zu bewähren. Natürlich träume ich davon einst einen Champions-League-Final leiten zu dürfen.
WAS EMPFIEHLST DU JUNGEN SCHIEDSRICHTERN AUFGRUND DEINER ERFAHRUNG?
Nach einem Rückschlag darf man nicht verzweifeln, sondern aus den Fehlern lernen und es das nächste Mal besser machen. Ehrgeiz und Belastbarkeit gehören also dazu. Zudem ist die Schiedsrichtertätigkeit eine Persönlichkeitsschulung fürs Leben.
WELCHE ERKENNTNISSE HAST DU AUS DER VERGANGENEN WELTMEISTERSCHAFT GEWONNEN?
Der Fussball wird sich immer weiter entwickeln und Ermessensentscheide werden immer Bestand haben. Körperlich gesehen ist die Tätigkeit nicht zu unterschätzen, werden in 90 Minuten doch rund zwölf Kilometer abgespult.
MÖCHTEST DU NOCH EINEN SCHLUSSGEDANKEN ANFÜGEN, BEVOR DU FÜR EINE WOCHE IN DAS TRAININGS- UND VORBEREITUNGSLAGER NACH GRAN CANARIA ABFLIEGST?
Ohne die Unterstützung meiner Familie, meiner Partnerin, von Kollegen und des Arbeitgebers hätte ich es nicht so weit geschafft. All diesen möchte ich ein grosses Dankeschön widmen. Mein härtester Kritiker ist übrigens mein Vater, der mich seit dem ersten Juniorenmatch regelmässig an die Spiele begleitet.
TEXT UND INTERVIEW: KURT LICHTENSTEIGER