«Zielkonflikte erschweren die Arbeit der Bauern»
15.03.2025 ElggLandwirt Jörg Büchi aus Heurüti/Elgg gibt mit Hofcasts und über Instagram Einblicke in den Alltag auf dem Bauernhof. Die Landwirtschaft sei heute eine hochkomplexe Angelegenheit, sagt er. Daher wolle er informieren und schlüssige Argumente liefern.
...Landwirt Jörg Büchi aus Heurüti/Elgg gibt mit Hofcasts und über Instagram Einblicke in den Alltag auf dem Bauernhof. Die Landwirtschaft sei heute eine hochkomplexe Angelegenheit, sagt er. Daher wolle er informieren und schlüssige Argumente liefern.
Sie sind humorvoll und unterhaltsam gemacht, fundiert und vielseitig: Jörg Büchis Beiträge auf Instagram und die Hofcasts auf seiner Website haben den jungen Landwirten und Agrarökonomen Jörg Büchi inzwischen weitherum bekannt werden lassen. So finden seine Beiträge auch in grösseren Medien Beachtung, zum Beispiel dank der Diskussion über die Berufe von Bundesräten nach der Kandidatur von Markus Ritter. Oder weil er genau vorgerechnet hat, welchen Stundenlohn ein Bauer erhält – deutlich weniger als der in der Stadt Zürich geforderte Mindestlohn.
Nebst dem Vorurteil der kostenlosen Eigenversorgung, dem ebenfalls ein Beitrag gewidmet ist, widerlegt er im Gespräch auch das Argument vom günstigen und grosszügigen Wohnraum. «Nur weil man von aussen ein grosses schönes Haus sieht, heisst das nicht, dass das so stimmt», sagt er.
Viele Vorschriften
Einem Bauernhof würden ausserhalb der Bauzone genaue Wohnflächen vorgeschrieben, egal wie gross die Familie sei. Dazu kämen Auflagen von Umweltund, wie bei seinem über 400-jährigen Haus, Heimatschutz. Büchi bewohnt derzeit zusammen mit seiner Frau, die in der Pflege arbeitet, zwei Katzen und einem Hund sowie seinen Eltern im Haus zwei Wohnungen im bäuerlichen Betrieb, den er nun führt. «Ja, die Frau eines Bauern ist heute nicht automatisch Bäuerin wie die Frau eines Schreiners nicht automatisch Schreinerin ist», sagt er. Natürlich fehlt es auf der Website auch nicht an einem Beitrag zu den Schulden, die er für den Hof abbezahlen muss.
Lieblingsthema Direktzahlungen
Eines von Büchis Lieblingsthemen sind die Direktzahlungen. Diese erweckten in der Bevölkerung den Eindruck, Bauern würden vom Staat grosszügig unterstützt und würden dennoch dauernd jammern. «Der Konsument muss im Laden immer mehr bezahlen, aber der Landwirt bekommt davon nichts», so Büchi. «Mit den Direktzahlungen», an die viele Vorschriften bezüglich Tierwohl, Umwelt, Biodiversität usw. geknüpft seien, «hat man uns zu Tode reguliert mit Zielen, die wir nicht erfüllen können.» Aktuell seien alle unzufrieden mit der Situation. Als Beispiel nennt der 29-Jährige den pestizidfreien Anbau, der seit letztem Jahr gefördert wird. Daher sei dieser lukrativ für die Bauern, das Angebot steige, aber die Nachfrage bleibe, was zu sinkenden Preisen führe: «Hier wird also nicht der Bauer subventioniert.»
Der Unternehmer Büchi zählt sofort verschiedene Zielkonflikte auf, welche die Arbeit der Bauern erschweren würden. Ein Beispiel aus seiner nebenamtlichen Tätigkeit mit Fokus Agrarrecht in einem Treuhandbüro: Ein Kunde, der im Auftrag einer Gemeinde die Naturschutzflächen rund um einen Weiher mäht, möchte aus seinem Pachtvertrag aussteigen. Grund dafür sei, dass er die Arbeiten gar nicht ausführen könne. Eine Verordnung des Regierungsrates schreibe vor, dass der Weiher für die Mäharbeiten abgesenkt werden müsse. Die kantonale Fachstelle Naturschutz wiederum stelle sich dagegen, wegen der Fische. Die Flächen, die daher zur Mähzeit im Wasser stünden, könne der Landwirt so nicht mähen und erhalte daher auch die Direktzahlungen nicht: «Das ist ein klassischer Zielkonflikt. Die Verwaltung blockiert sich gegenseitig und der Bauer steht dazwischen.» Für die betroffene Gemeinde komme es wiederum teurer, wenn sie die Bewirtschaftung der Naturschutzflächen mit den eigenen Angestellten durchführen müsse. Was die Frage aufwerfe, warum nicht sie direkt mit dem Kanton das Gespräch gesucht habe. In solchen Fällen, Büchi kennt deren einige, müsse dringend mehr miteinander gesprochen werden. Und daher wolle er den Landwirten in seinem Podcast zeigen, wie man die Zusammenhänge einfach darlegen könne. «Denn die Probleme sind komplex und es braucht Zeit, um sie zu erklären, damit man sie nachvollziehen kann.»
Jeden zweiten Sonntag schaltet Jörg Büchi einen neuen Hofcast auf. Im letzten geht es um die angebliche Zwangsbefruchtung von Kühen. In weiteren wolle er die Geschichte der Agrarpolitik durchleuchten und ergründen, wie die heutigen Strukturen entstanden und warum alle unzufrieden sind. Eine Lösung habe er auch nicht parat. «Sonst wäre ich in Bern ein sehr gefragter Mann.» Lacht. «In den letzten Jahren wollte die Verwaltung immer mehr bestimmen und immer weniger bezahlen. Die Bauern sollten wieder selbstständiger werden», findet Büchi. «Wir bräuchten einen freieren Markt.» Aber wenn man bei den Direktzahlungen Abstriche mache, müsse man die Subventionen über den Grenzschutz verstärken – was auch wieder zu Schwierigkeiten führe.
«Miteinander reden»
Eines weiss der Jungbauer sicher: «Es müssen alle miteinander reden und auch bereit sein für Kompromisse. Sonst geht es nicht.» Es täusche auch der Eindruck von der übermächtigen Bauernlobby. «Landwirte sind gar nicht immer der gleichen Meinung und auch politisch über alle Parteien verteilt. Aber im Notfall halten wir zusammen», räumt er ein. Hier profitiere der Berufsstand von den guten Strukturen und der Vernetzung des Bauernverbandes. In der Politik gehe es leider nicht immer um die Sache, und die Fronten seien verhärtet, kritisiert Jörg Büchi. Warum er nicht selbst in die Politik geht? «Vielleicht später, im Moment sei dies zumindest auf kommunaler Ebene ohnehin nicht möglich. Mutter Ruth Büchi-Vögeli ist Gemeindepräsidentin von Elgg, und damit bereits ein Mitglied der Familie in der örtlichen Exekutive vertreten. «Und wenn, dann sicher nicht für eine linke Partei». Lacht. Nebst seiner Arbeit auf dem Hof und im Treuhandbüro sowie den Aktivitäten auf Social Media ist der engagierte Elgger Präsident des Turnvereins Schlatt, aktives Mitglied im Schützenverein Elgg, im Vorstand der Junglandwirte Zürich und oder unterrichtet bei Agroimage.
BETTINA STICHER
Die Hofcasts und Beiträge auf Instagram sowie Medienberichte über ihn sind zu finden auf: www.milchbauernhof.ch