Wo kommt die Drohne plötzlich her?
29.07.2025 ElggEin Elgger entdeckt auf seinem Grundstück eine Drohne und geht der Sache nach. Er erfährt, dass in Bahnhofsnähe Aufnahmen gemacht werden – im Auftrag der SBB. Die Luzerner Firma, die diese ausführt, wird nach Möglichkeit nun die betroffenen Haushalte ...
Ein Elgger entdeckt auf seinem Grundstück eine Drohne und geht der Sache nach. Er erfährt, dass in Bahnhofsnähe Aufnahmen gemacht werden – im Auftrag der SBB. Die Luzerner Firma, die diese ausführt, wird nach Möglichkeit nun die betroffenen Haushalte informieren. Denn im August sind noch Drohnenflüge in Aadorf und Guntershausen geplant.
Ein Anwohner des Bahnhofs Elgg staunte am Freitagnachmittag vor einigen Wochen nicht schlecht. Als er gemütlich auf seinem Balkon sass, flog plötzlich eine Drohne vor seinen Augen vorbei. Mit ihrem markanten Summen störte sie seine Privatssphäre. Der Elgger wollte wissen, wer da möglicherweise unerlaubt Aufnahmen von ihm macht. Also folgte er der Drohne bis zur Brücke. Dort sah er zwei Männer mit orangen Signalwesten auf dem Gleis stehen. Sie stellten sich ihm als Mitarbeiter der Luzerner Firma Geotrend vor. «Die beiden Männer erklärten mir, dass sie im Auftrag der SBB die Infrastrukturen rund um den Bahnhof filmen, um die Gleisanlagen zu kontrollieren. Dafür hätten sie eine Bewilligung», teilte der Anwohner der «Elgger/Aadorfer Zeitung» mit. Die Männer seien sehr freundlich gewesen, hätten sich dafür entschuldigt, dass ihre Drohne ihn gestört habe und ihm auf ihren Tablets gezeigt, was sie genau für Daten erfassen. «Ich habe mich gefragt, warum diese Messungen nicht kommuniziert werden, damit sich die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner nicht wundern, wenn diese Drohne durch ihren Garten fliegt», meinte der Mann. Daraufhin hätte man ihm erklärt, dass die Firma Geotrend eine vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ausgestellte Betriebsgenehmigung für Multirotor-Flüge besitze, welche unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und strengen Sicherheitsmassnahmen erfolgen. Die Polizei und die Verwaltung seien informiert worden.
Zur Planung der Infrastruktur
Einer der Männer, der dem Anwohner Auskunft gab, war Urs Clement, der Geschäftsführer von Geotrend. Er erklärte auf Anfrage dieser Zeitung: «Wir haben einen Rahmenvertrag mit der SBB und sind zuständig für georeferenzierte Punktwolken-Aufträge in der ganzen Ostschweiz». Mittels der Drohne, die mit einer Kamera ausgestattet ist, werden anhand eines voll-automatisierten Flugplans mit mehreren Fluglinien Luftbilder des Gleis- und Bahnhofsbereichs gemacht. Aus diesen wird in der Folge eine sogenannte 3D-Punktwolke generiert. Punktwolken bestehen aus vielen Einzelpunkten in einem 3D-Koordinatensystem und bilden die Form und Struktur von Objekten oder Umgebungen ab. Die Firma Geotrend sammelt diese Daten von verschiedenen Bahnhöfen entlang der Strecke Wil bis Winterthur. «Wir fliegen einen Bahnhof nach dem anderen mit unserer Drohne ab. Es ist eine sehr effiziente Art, um Geodaten zu erfassen. Die Drohne fliegt senkrecht über die Gleise, um Luftbilder aus verschiedenen Perspektiven zu generieren», erklärt Urs Clement. Diese Aufnahmen nutzt die SBB später für ihre Planung, Inventarisierung und Verwaltung der Infrastruktur.
Skepsis stösst auf Verständnis
«Da wir für unseren Auftrag auch 45-Grad-Schrägaufnahmen von vier Himmelsrichtungen aus machen, kann es durchaus vorkommen, dass wir, wie in Elgg, über gleisnahe Privatgrundstücke fliegen müssen». Die Kamera sei dabei aber immer auf das Gleis ausgerichtet. «Wir haben natürlich Verständnis dafür, dass sich Anwohner durch unsere Drohne belästigt fühlen, weil diese auch recht gross ist und Lärm verursacht. Das ist sehr invasiv», gibt Urs Clement zu. Auch räumt er ein, dass es für Beobachter durchaus so wirken könne, als ob die Drohne Aufnahmen von einer Parzelle mache. «Zudem leidet natürlich die Akzeptanz gegenüber Drohnen darunter, dass private Nutzer oft die Persönlichkeitsrechte nicht so genau nehmen», meint Clement. Deshalb könne er die Skepsis nachvollziehen.
Im August in Aadorf
In Elgg sind die Drohnenflüge von Geotrend fast abgeschlossen. Im Osten wird noch ein Teil abgeflogen, in der Nähe des Armee-Logistikzentrums. «Dort mussten wir eine Bewilligung einholen, wegen des spionagegeschützten Gebiets. Ab Mitte August werden wir zudem noch in Aadorf und Guntershausen fliegen», sagt Clement. Einen Tag vor einem Drohneneinsatz informiert Geotrend stets die örtliche Gemeinde und die Polizei über die Durchführung. Da der Luftraum nicht zum Grundeigentum gehöre, habe die Firma im Grunde keine gesetzliche Pflicht zur Information, so lange sie die Privatssphäre einhalte und die Persönlichkeitsrechte nicht verletze. Trotzdem wollte Clement im Vorfeld eigentlich auch den betroffenen Anwohnern in Elgg eine Mitteilung zukommen lassen. «Doch diesbezügliche Abklärungen mit der Post haben ergeben, dass ein automatisierter Massenversand nur pro Postleitzahl und nicht in einem einzelnen Quartier möglich sei», erzählt Clement. Die Information betreffe aber nur einige Haushalte.
Nach dem neuerlichen Vorfall hätte sich die Firma jedoch nun dazu entschlossen, eine Dokumentation zusammenzustellen, die bei betroffenen Anwohnern mehrere Tage vor der Befliegung eigenhändig in den entsprechenden Briefkästen verteilt werden kann. In dieser Dokumentation ist die jeweilige Gemeinde, das geplante Zeitfenster sowie die genaue Flugzeit und -höhe festgehalten. Zu berücksichtigen ist, dass infolge ungeeigneter Wind- und Wetterverhältnisse nicht immer am angekündigten Termin die Befliegung stattfinden kann und verschoben werden muss. Ferner ist aber auch detailliert beschrieben, was aufgenommen wird und wo sich die Drohne während des Flugs und der perspektivischen Aufnahmen tatsächlich befindet. Dies wird mit Bildern und Karten für den jeweiligen Perimeter veranschaulicht. Die Firma Geotrend hofft damit, künftigen Irritationen entgegenwirken zu können und entschuldigt sich nochmals für die entstandenen Störungen.
SARAH STUTTE