Wer Theater spielen will, muss Menschen mögen
01.03.2025 HagenbuchNoch knapp fünf Wochen bis zur Aufführung des neuen Stücks der Theatergäng. Mit viel Herzblut und Humor wird geprobt und den einzelnen Rollen der letzte Schliff verpasst. Hinter der Aufführung steckt viel sichtbare und unsichtbare Arbeit.
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Noch knapp fünf Wochen bis zur Aufführung des neuen Stücks der Theatergäng. Mit viel Herzblut und Humor wird geprobt und den einzelnen Rollen der letzte Schliff verpasst. Hinter der Aufführung steckt viel sichtbare und unsichtbare Arbeit.
In der Turnhalle herrscht emsiges Treiben, Holz wird hereingebracht, eine Stalltüre, Blumenkisten, ein Gartentisch und Stühle. Wo sonst geturnt, geschwitzt und gekämpft wird, nimmt auf der Bühne langsam der «Buchenhof» Form an. Die Mitglieder der Theatergäng treffen sich zur Probe für ihr neustes Stück «Liebi, Gäld und Geissedräck». Es ist ein heiteres Stück, das am 28. und 29. März aufgeführt wird, das vielen aus der Gruppe die Möglichkeit gibt, aufzutreten, weil es viele Rollen hat. Angefangen mit Leseübungen wurde letzten Oktober, dann erste Proben in einem Keller und ab Februar wird einmal wöchentlich mit dem finalen Bühnenbild geübt. Das sei wichtig, weil jeder genau wissen müsse, wo er stehe, wohin er gehe und was im Hintergrund sei.
Fritz Wiesendanger erzählt, dass er aus purer Freude seit vielen Jahren spielt, und: «Die Hagenbucher wollen Schauspieler sehen, die sie kennen.» Ladina Luginbühl denkt eine Weile nach, was ihr das Theaterspielen bedeutet: «Für mich ist es ein Ausgleich. Ich bin dazu gestossen, weil jemand gesucht wurde und dann habe ich gemerkt, wie viel Spass es mir bereitet.» Mutter Daniela ergänzt: «Du hast schauspielerisches Talent, du kannst gut in eine Rolle schlüpfen.» Wer sich dazu entschliesst, auf einer Bühne zu stehen, braucht Mut; die beiden Frauen relativieren: «Wenn das Publikum zum ersten Mal lacht, ist der Damm gebrochen. Die Texte sind Dialoge, die fliessen und die man kennt; aber natürlich muss viel gelernt und geübt werden.» Zum Auswendiglernen des Textes hat jeder und jede seine eigene Methode. Verliert jemand den Faden, hilft die Souffleuse weiter oder es wird improvisiert. Jedes Stück habe Passagen, die schwieriger umzusetzen seien und mehr Proben erforderten.
Das schlimmstmögliche Szenario sei, wenn das Publikum unaufmerksam sei, nicht zuhöre oder untereinander plaudere. Für Daniela Luginbühl ist es immer wieder ein spannendes Erlebnis, einen unbekannten Charakter zu spielen. «Ich bin eher zufällig zur Gruppe gestossen und war überrascht, wieviel Freude ich am Proben hatte. Vor der ersten Aufführung war ich extrem nervös.» Das Wichtigste sei, dass man die Rolle fühle, sonst könne man sie nicht darstellen. Hilfreich dafür sei die detaillierte Beschreibung des Autoren und die Unterstützung durch den Regisseur. «Wir sehen bereits beim Aussuchen eines neuen Stücks, wer welche Figur verkörpern könnte, wer wo reinpasst.»
Seit 40 Jahren auf der Bühne
Insgesamt zählen 16 Personen zur Theatergäng, gegründet wurde die Gruppe im Juli 2023 durch Mitglieder des gemischten Chors Schneit, der sich aufgelöst hat. Fritz Wiesendanger feierte 2024 sein 40-jähriges Bühnenjubiläum, andere sind seit über 20 Jahren dabei – die «Gäng» ist eine eingespielte und eingeschworene Gruppe. Neue Mitglieder zu finden, sei nicht einfach, aber: «Bei uns machen auch junge mit, das ist toll. Aber wir suchen immer Leute, auch solche, die nicht unbedingt auf die Bühne wollen. Es braucht auch im Hintergrund viele helfende Hände.» Eine Aussage von Luginbühl, die mit einem Blick in die Turnhalle bestätigt wird, wo immer noch am Geissenstall, dem Bühnenbild und der Technik gearbeitet wird.
Wer Theater spielt, muss Menschen mögen. Man muss sich in eine anderes Leben hineinfühlen können aber auch zur Interaktion mit dem Publikum fähig sein. Man muss die Anweisungen des Regisseurs annehmen und umsetzen – und nicht zuletzt muss man Kritik einstecken können. Ladina Luginbühl findet, dass sich als Schauspieler nicht nur selbstbewusste Menschen eignen, denn: «Man schlüpft ja in eine fremde Person. Ich bin auf der Bühne nicht mich, sondern jemand anderes. Ausserdem blenden die Scheinwerfer, man sieht das Publikum nicht.»
Sicher ist, dass hinter jeder Aufführung einer (Laien-)Theatergruppe zahllose Stunden an Arbeit stecken. Für das Publikum sichtbare Stunden wie die Aufführung selbst, das aufwändige Bühnenbild aber auch dem Zuschauer verborgene Stunden, die im Hintergrund für den reibungslosen Ablauf sorgen. Wer sich in seiner Freizeit so engagiert, hat grossen Applaus und Respekt verdient.
MARIANNE BURGENER