Wenn die Kirche zum Spielplatz wird
22.11.2025 ElggDie Kirche St. Georg wagt neue Wege: Gaming-Nachmittage schaffen einen unkomplizierten Ort für Gemeinschaft – und führen nun sogar in die Welt von Dungeons & Dragons.
Nach dem gelungenen Retro-Gaming-Auftakt geht das Elgger Projekt «Gaming in der Kirche» in ...
Die Kirche St. Georg wagt neue Wege: Gaming-Nachmittage schaffen einen unkomplizierten Ort für Gemeinschaft – und führen nun sogar in die Welt von Dungeons & Dragons.
Nach dem gelungenen Retro-Gaming-Auftakt geht das Elgger Projekt «Gaming in der Kirche» in die zweite Runde: Am vergangenen Mittwoch füllte sich der Gemeinderaum mit der besonderen Mischung aus Nostalgie und Spielfreude. Auf verschiedenen Konsolen konnten Klassiker wie Mario Kart 8 Deluxe, Super Smash Bros. Ultimate oder Wii Sports Resort ausprobiert werden. Während an einem Tisch über Bestzeiten gefachsimpelt wurde, lachte man am nächsten über verpasste Sprünge oder überraschende Siege. Bei Snacks und Getränken entstand eine lockere Atmosphäre, in der sich Jugendliche ganz selbstverständlich begegneten – ein lebendiger Auftakt, der Lust auf mehr machte.
Nun folgt am Mittwoch, den 26. November, ein völlig anderes, aber nicht weniger spannendes Erlebnis: ein Nachmittag in der Welt von Dungeons & Dragons – kurz D&D genannt. Darunter versteht man ein fantasievolles analoges Rollenspiel, bei dem die Spielenden nicht am Computer, sondern mit Papier und Stift spielen und so gemeinsam eine Geschichte erleben und gestalten. Jede Person übernimmt dabei eine Rollenfigur mit bestimmten Eigenschaften, Fähigkeiten und einer Hintergrundgeschichte. Ein Spielleiter oder eine Spielleiterin beschreibt die Welt, Ereignisse und Herausforderungen. Die Spielerinnen und Spieler entscheiden, wie ihre Figuren handeln. Ob ein Versuch gelingt, wird oft mit Würfeln bestimmt. So entsteht ein kreatives, gemeinsames Abenteuer, das nie zweimal gleich verläuft.
Eintauchen ins Abenteuer
In Elgg tauchen die Teilnehmenden unter dem Titel «St. Georg der Drachentöter» in die Legende des Namensgebers der Kirche ein. Die Geschichte wird nicht nur erzählt, sondern mitgestaltet: als flinker Waldläufer, starke Kriegerin oder weiser Magier können die Jugendlichen das Geschehen aktiv beeinflussen und die Sage aus einer völlig neuen Perspektive erleben. Englischkenntnisse sind von Vorteil, aber kein Muss. Das Angebot richtet sich an Jugendliche ab der ersten Oberstufe und findet ab drei Teilnehmenden statt; bei grossem Interesse sollen weitere Termine folgen.
Dass Gaming-Nachmittage in der Kirche zunächst überraschen, ist dem Initianten, Gemeindeleiter Jürgen Kaesler, durchaus bewusst. Doch ihm sei es ein Anliegen, sagt er, «dass die wichtigen Bewegungen in der Gesellschaft auch in der Kirche ankommen». Für viele junge Menschen sei Gaming ein selbstverständlicher Teil des Alltags – und eine Kirche, die diese Lebenswelt aufgreife, zeige, dass sie nah an ihren Erfahrungen und Fragen bleibe.
Kaesler betont, dass gemeinsames Spielen echte Gemeinschaft entstehen lässt, gerade weil viele Jugendliche ihre Gaming-Momente sonst eher allein verbringen. In der Gruppe entstehe Austausch, Zusammenarbeit und das Erleben, Teil von etwas zu sein. Zugleich sind Spiele für ihn ein natürlicher Ort, an dem Werte spürbar werden: Fairness, Verantwortungsgefühl, Mitgefühl oder das Ringen um gute Entscheidungen – all das spiele im Gaming wie im Leben eine Rolle und eröffne Gesprächsanlässe, die ohne moralischen Zeigefinger auskommen.
Kirche begleitet aktiv mit
So wird deutlich, dass Gaming in der Kirche nicht als Trendspielerei gedacht ist, sondern als Brücke: ein niedrigschwelliger Raum, in dem Kinder und Jugendliche sich wohlfühlen, gesehen werden und miteinander ins Gespräch kommen können. Gleichzeitig bietet ein moderiertes Umfeld die Möglichkeit, auch schwierige Aspekte des Gamings nicht auszuklammern – etwa Konsumdruck, toxisches Verhalten oder die Frage nach einem gesunden Umgang mit digitalen Medien. Die Kirche zeigt damit, dass sie moderne Kulturformen nicht nur toleriert, sondern aktiv begleitet und reflektiert.
Der Dungeons-&-Dragons-Nachmittag findet am Mittwoch, 26. November, von 14 bis 18 Uhr in der Kirche St. Georg Elgg statt. Abenteuerlustige ab der ersten Oberstufe konnten sich dafür vorab per Mail anmelden und sind nun gespannt darauf, die Geschichte des Drachentöters auf ganz eigene Weise zu erleben.
SARAH STUTTE



