Was hinter den Mauern des Gemeindehauses geschieht
11.03.2023 ElggWas sind die Aufgaben des Gemeindeschreibers und wie gross ist sein Einfluss? Wie ist die Verwaltung aufgebaut? Wer bereitet Geschäfte für die Sitzung der Exekutive vor und wo drückt der Schuh aktuell die Elgger Bevölkerung?
...Was sind die Aufgaben des Gemeindeschreibers und wie gross ist sein Einfluss? Wie ist die Verwaltung aufgebaut? Wer bereitet Geschäfte für die Sitzung der Exekutive vor und wo drückt der Schuh aktuell die Elgger Bevölkerung?
Antworten auf diese und weitere Fragen lieferte der direkte Austausch mit dem Gemeindeschreiber sowie drei Vertretern des Gemeinderats anlässlich des vierten Dorfpalavers. Dem einen oder anderen Gast war das grosse Sitzungszimmer bestens bekannt, hatte doch er oder sie im ersten Leben des stattlichen Hauses die Schulbank dort gedrückt.
In gewohnter Manier moderierte Barbara Fehr das Palaver – auch ihr das altehrwürdige Gebäude in wacher Erinnerung, war sie doch selbst vor einigen Jahren noch Mitglied des Gemeinderats und in verschiedenen Kommissionen engagiert. Als erstes bat sie den Gastgeber des Abends, Marcel Aeschlimann, der seit bald einem Jahr das Amt des Gemeindeschreibers bekleidet, sich kurz vorzustellen. Der Münchwiler erzählte, dass er ein Familienmensch sei, die drei kleinen Kinder zu Hause ihn ziemlich auf Trab halten und er eigentlich gerne mehr Sport treiben würde. Besonders erwähnte er seinen ersten Äschli, den er kürzlich miterleben durfte, und dass er sich in Elgg sehr wohl fühlt.
Das Einstiegsthema war die neue Verwaltungsstruktur, die kurz vor seinem Amtsantritt in Kraft trat. Die Ressorts, deren Zuteilung und die Struktur mit den sieben Bereichsleitenden empfindet er als positiv – vor allem die monatlichen Sitzungen mit dem abteilungsübergreifenden Austausch sei sehr wertvoll. Die Gemeinderäte Daniel Hungerbühler und Andreas Kron erzählten, wie sich die Veränderungen auf ihre Arbeit auswirken, dass sie seither weniger operativ unterwegs seien und von vielen Dingen entlastet würden. Stephanie Hugentobler, «neu» in der exekutivbehörde, bezeichnete es als Vorteil, dass in allen Ressorts eine einheitliche Struktur mit einheitlichen Abläufen herrscht. Aufgrund der Diskussion um Organisation und Bereichsleiter wollte jemand wissen, ob denn schon bekannt sei, wer den abtretenden Michael Schroff im Bereich Werke und Tiefbau ersetzen würde. «Ja, der Nachfolger ist bekannt: Rolf Schüpbach aus Schlatt wird am 1. Mai die Stelle antreten», erklärte Aeschlimann. (Siehe auch die Gemeindemitteilungen in der «Elgger/Aadorfer Zeitung» vom 31. Januar.)
Welche Macht hat der «achte Gemeinderat»?
Marcel Aeschlimann sprach über seine Arbeit, was bei den Anwesenden auf reges Interesse stiess; schliesslich ist den wenigsten bekannt, welche Tätigkeiten den Alltag des «achten Gemeinderats» bestimmen. «Eine meiner Haupttätigkeiten ist es, die zweiwöchentlichen Sitzungen vor- und nachzubearbeiten. Je besser ich die einzelnen Geschäfte plane, umso effizienter funktioniert der Gemeinderat.» Zudem fungiert er als rechte Hand von Gemeindepräsidentin Ruth Büchi-Vögeli. Er ist in verschiedenen Arbeitsgruppen tätig, wie zum Beispiel dem Netzwerk Altstadt oder Personal- und Organisationsausschuss; gerade Letzterer ist zeit- und arbeitsintensiv, bringt den Gemeinderäten jedoch eine grosse Entlastung. Gefragt nach seiner «Macht», dachte er einen Moment nach. Er könnte vielleicht tatsächlich gewissen Einfluss nehmen, aber er arbeite nach dem Prinzip der völligen Transparenz. Es liege ihm fern, sich irgendwelche Wissensvorteile zu erarbeiten. «Ich bin überhaupt kein Machtmensch. Wenn ich unbedingt etwas verändern will, dann gehe ich in den Gemeinderat Münchwilen.»
Wo in Elgg aktuell der Schuh drückt
Ein weiteres Thema, das den Elggern unter den Nägeln brannte und brennt ist (wie erwartet) die Grossbaustelle beim Äntenschnabel, respektive der Zugang zum Bahnhof von Neu-Elgg her. Die Treppe, von einer Anwohnerin als Hühnerleiter bezeichnet, sei zwar fertiggestellt, aber die seit bald zwei Jahren versprochene Rampe fehle noch immer. Aeschlimann erklärte, dass die Verhandlungen mit der SBB zäh gewesen seien, zudem habe es Probleme mit der Entwässerung gegeben. Es entstand eine angeregte Diskussion an deren Ende eine ungenügende Informationspolitik seitens Bauherrschaft und Behörden bemängelt wurde.
Nicht nur von norden ist der Zugang zum öffentlichen Verkehr mit Hürden gepflastert, auch Dickbuch sieht sich benachteiligt. So hält das Postauto zwar in Hofstetten und Heurüti, aber nicht in Dickbuch. Ein Thema, mit dem sich Daniel Hungerbühler seit längerem beschäftigt. Er führte mannigfaltige Herausforderungen aus, angefangen mit der Schwierigkeit, den Ort ins bestehende Liniennetz einzuflechten – etwas, das sich in absehbarer Zeit ändern könnte, weil beispielsweise Elsau nicht mehr angefahren werden möchte. Daraus würden sich neue Optionen ergeben. Zudem fordert das Behindertengleichstellungsgesetz barrierefreie Einstiegsmöglichkeiten, was gerade im Zentrum Elggs fast nicht umsetzbar sei. «Wir haben dort schlichtweg keinen Platz; das Postauto wird nicht mehr durch die Obergasse fahren, was eine neue Linienführung erfordert. Wir sind daran, Lösungen zu suchen und prüfen die verschiedensten Möglichkeiten», führte der Gemeinderat die gestellten Anforderungen detailliert aus.
Das heisse Eisen «Elgger Blumentrog»
Bevor der Hausherr zum Rundgang durch das Gemeindehaus einlud, nutzte eine Elggerin die GeleGenheit und erkundigte sich nach den metallenen e-förmigen Pflanzentrögen, die den Flecken künftig schmücken sollten, so zumindest sei es kommuniziert worden. Ein heisses Metall, wie es schien. Nach nur zwei platzierten Objekten war nämlich schon wieder Schluss mit der Verschönerung – eine Tatsache, die bei der Fragestellerin nicht gut ankam. Seitens der Gemeinderäte war zu erfahren, dass eine Platzierung «im Rudel» jeglichen Budgetrahmen sprengen würde. Projektausschreibung und Jurierung seien nicht optimal verlaufen, die Gemeindebehörden nicht in den Prozess involviert gewesen.
Es folgten noch eine Anfrage zur Benützung des Werkgebäudes für Mieter und die entsprechenden Auflagen sowie die Bitte um Klärung der etwas verwirrenden Parkordnung in Elgg, die sich, wie sich herausstellte, nicht nur für die hiesige Bevölkerung als herausfordernd erweist. Auf den Punkt brachte es wohl Gemeinderat Hungerbühler: «In dieser Hinsicht ist Elgg schon etwas besonders – ähnlich einem gallischen Dorf.»
Schliesslich erzählte Marcel Aeschlimann von den markantesten Unterschieden seiner Arbeit im Thurgau und seit bald elf Monaten im Kanton Zürich. So sei die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinde am neuen Arbeitsort viel intensiver, mit allen Vor- und Nachteilen. Praktisch findet er, dass es für fast jedes Anliegen eine Auskunftsstelle gibt oder zumindest eine Checkliste und ein Merkblatt.
Am Ende empfing er aus den Händen des Co-Präsidenten des Dorfvereins, Richard Staub, ein Geschenk und ein herzliches Dankeschön, dass er seinen wohlverdienten Feierabend für die vielen Palaverfragen geopfert hatte. Dann zog die Gruppe ein Stockwerk höher, um sich mit eigenen Augen ein Bild vom Innern des Gemeindehauses zu machen.
MARIANNE BURGENER