Von der Ballettstange zu WM-Bronze im Faustball
16.11.2024 Elgg, SportLisa Walker kann mit ihren 17 Jahren bereits auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. Anfang November holte sie sich die Bronzemedaille an den Faustball-Weltmeisterschaften der U18-Frauen in Chile.
Sie ist seit mehr als elf Jahren Faustballerin, aktiv beim FB Elgg, spielt in der Nati A ...
Lisa Walker kann mit ihren 17 Jahren bereits auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. Anfang November holte sie sich die Bronzemedaille an den Faustball-Weltmeisterschaften der U18-Frauen in Chile.
Sie ist seit mehr als elf Jahren Faustballerin, aktiv beim FB Elgg, spielt in der Nati A und im U18-Nationalkader. Titelgewinne bei Schweizer Meisterschaften in der U18 und U16, bereits dreimal durfte sie an Europameisterschaften teilnehmen, wo sie mit der U18 und U19 jeweils den 3. Rang holte, diese Saison Schweizer-Vizemeisterin in der Nati A – ihre Erfolge sind beeindruckend. Und nun Bronze an den Weltmeisterschaften in Llanquihue in Chile. Unterstützt wird sie von ihrer Tante Andrea und ihrem Onkel Paulo von der Grintosa AG im Tessin – diese treten als ihre Sponsoren in Erscheinung. Die junge, sympathische Sportlerin traf sich zu einem Gespräch mit der «Elgger/Aadorfer Zeitung».
Wie bist du zum Faustball gekommen?
Ich habe früher Ballett gemacht, und mein Bruder hat irgendwann mit dem Faustball angefangen. Eines Tages kam er mit einer Medaille heim. Da habe ich meine Mutter gefragt: «Mami, wann kann ich mit dem Ballett meine erste Medaille holen?» Darauf hat sie mir gesagt: «Wenn du wirklich gut sein willst, musst du mindestens noch fünf oder sechs Jahre warten.» Da habe ich beschlossen, ich wechsle zum Faustball. Und es hat dann auch wirklich nicht lange gedauert, bis ich meine erste Medaille gewonnen habe.
Viele Sportler schaffen den Übergang zum Erwachsenensport nicht, sondern hören irgendwann – meist mit Beginn einer Ausbildung – mit dem Sport auf. Du bist aber drangeblieben. Was gefällt Dir so gut am Faustball?
Ich habe einfach immer weitergemacht. Die Frage, aufzuhören, hat sich mir nie gestellt. Mit der Medaille hat sich aber jetzt ein Kindertraum erfüllt. Deshalb wechsle ich nun auch in die zweite Mannschaft, damit ich meine Lehre als Dachdeckerin sauber abschliessen kann. Danach komme ich wahrscheinlich wieder zurück in die erste Mannschaft.
Die meisten Sportvereine beklagen Nachwuchsprobleme. Wie steht es um die Faustballjugend?
In Elgg gibt es viel Nachwuchs, dank Markus Fehr. Er ist immer in den Schulen unterwegs gewesen, um unseren Sport vorzustellen. Dadurch haben viele damit angefangen. Ein Nachwuchsproblem gibt es hier nicht – eher im Gegenteil: Wir haben fast zu wenige Trainer. Schweizweit ist es anders. Die zehn grossen Vereine haben kein Problem, aber insgesamt gibt es nicht viele Möglichkeiten. Und mit Erfolgen kommt auch Nachwuchs. Im Tessin und Wallis gibt es zum Beispiel keine Mannschaften. Faustball ist halt eine Randsportart.
Spielt ihr in festen Positionen? Und war es das Ziel, eine Medaille zu holen?
Bei den Kleinen werden die Positionen noch gewechselt, später dann nicht mehr. Ich bin in der Abwehr, schon seit Ewigkeiten. Als schwierigste Position würde ich aber den Angriff einschätzen. Im Angriff ist einfach der Druck hoch zu punkten.
In den letzten acht Jahren haben wir keine WM-Medaillen geholt. Aber selbstverständlich ist der Wille immer da. Und dieses Jahr sind wir natürlich mit dem Ziel zur Weltmeisterschaft gefahren, eine Medaille zu holen.
Wie lange wart ihr in Chile? Hast du für die Weltmeisterschaft Ferien nehmen müssen?
Insgesamt waren wir neun Tage weg, und an vier Tagen haben Spiele stattgefunden. Und ja, ich habe dafür Ferien genommen. Man kann es zwar über Swiss Olympic anmelden und dann frei bekommen, aber ich finde das dem Betrieb gegenüber nicht fair. Man fehlt ja so schon genug. Und wir haben so ein gutes Verhältnis im Betrieb – es ist ein Geben und Nehmen. Die Ferien zu bekommen, war dadurch kein Problem.
Wie viele Spiele waren an den Weltmeisterschaften zu absolvieren?
Es waren acht Spiele. Es kommt immer darauf an, welche Mannschaften teilnehmen. Auch die Länderbeteiligung ist nicht so gross. Dieses Mal war es recht bescheiden mit sechs Teams. Italien und Indien haben gefehlt. Das italienische Team zum Beispiel konnte sich die Teilnahme schlicht nicht leisten. Wie gesagt: Faustball ist eine Randsportart, und die Szene ist wie eine Familie: Man kennt sich untereinander.
In der WM-Vorrunde gibt es meist zwei Gruppen mit drei Mannschaften. Die ersten und zweiten in der Gruppe qualifizieren sich dann für die Finalrunden.
Österreich ist verdient Weltmeister geworden, sie waren gut. Die Deutschen waren auch stark, da wäre aber für uns mehr drin gewesen. Wir sind gegen die Deutschen vermutlich einfach mit der falschen Einstellung ins Spiel gegangen.
Das Bronzematch war nach drei Sätzen zu Ende – war Brasilien ein schwacher Gegner? Oder hatte das Team einfach das Quäntchen Glück?
Sie sind von uns überrumpelt worden. In der Vorrunde haben wir gegen sie gespielt, und es war knapp. Im Bronzematch sind wir dann mit so einer Wucht aufgelaufen, dass sie einfach nicht parat waren. Alle haben sich die Seele aus dem Leib geschrien, und es war eine gute Stimmung auf dem Feld. Es macht viel aus, wenn eine Mannschaft so im Flow ist.
Wie war der Empfang in Kloten bei der Rückkehr?
Das war sehr schön. Wir sind von Freunden, Familien und den alten Trainern begrüsst worden.
Was sind deine Ambitionen für die Zukunft?
Das sind immer so schwierige Fragen. Im Faustball wäre es höchstens ein WM-Titel mit dem A-Kader. Das dauert aber sicher noch zwei Jahre.
Meine Ambitionen gehen jetzt sicher erst einmal dahin, einen sauberen Lehrabschluss hinzulegen, und dann sehe ich weiter. Und es wäre mein Wunsch, einmal nach Kanada zu gehen und dort zu arbeiten. Dann müsste ich Pause machen beim Faustball. Aber ich sage immer: Es kommt, wie es kommt. Zu viele Gedanken mache ich mir jetzt noch nicht.
Zum Ende des Gesprächs merkt die junge Sportlerin noch an, wie dankbar sie für alle Unterstützung und für den Zusammenhalt im Team ist. Man sieht ihr die Freude über den Titel an: Sie strahlt mit ihrer Medaille um die Wette.
Bleibt nur, ihr für die Zukunft alles Gute zu wünschen. Ein Kindertraum hat sich erfüllt – sogar auf Weltniveau. Neue Ziele werden sicher folgen.
MELANIE HENNE-ISSING