Vanessa Sacchet im Gespräch mit Urs Bachmann
23.08.2025 AadorfUrs Bachmann, geboren am 13. Mai 1958 in Aadorf wuchs zusammen mit drei Geschwistern auf. 1974 begann er seine Lehre als Konditor-Confiseur, als zweiter Lehrling überhaupt bei der damaligen Konditorei Defièbre. Heute ist der 67-jährige Vater eines Sohnes. Er ist im Dorf so bekannt, ...
Urs Bachmann, geboren am 13. Mai 1958 in Aadorf wuchs zusammen mit drei Geschwistern auf. 1974 begann er seine Lehre als Konditor-Confiseur, als zweiter Lehrling überhaupt bei der damaligen Konditorei Defièbre. Heute ist der 67-jährige Vater eines Sohnes. Er ist im Dorf so bekannt, dass ein Brief mit der schlichten Adresse UB Aadorf problemlos bei ihm ankommen würde. Schon als junger Mann zog es ihn hinaus in die Welt. Nun blickt er zurück und erzählt, wie alles begann.
«Ich habe schon als Kind leidenschaftlich gern Fernsehsendungen über Inseln oder Geschichten wie Robinson Crusoe geschaut. Das hat mich immer fasziniert. Mit meinem ersten Geld, das ich verdient habe, ging ich mit meinen Freunden Zelten. Nach meiner Lehre habe ich mir etwas Geld zur Seite gelegt und mit 21 Jahren war es dann so weit. Zusammen mit einem ehemaligen Schulkollegen bin ich losgezogen und wir trampten durch Zentral- und Südamerika, bis zu den Bahamas. Dreieinhalb Monate waren wir unterwegs, meistens mit dem Bus zwischen den Einheimischen, mit unserem kleinen Zweierzelt im Gepäck. Oft haben wir wild gecampt, manchmal auch in einfachen Motels übernachtet.
Es war ein echtes Abenteuer. Während dieser Reise haben wir über 800 Dias erstellt. Zurück in der Schweiz konnten wir unsere Erlebnisse in der Realund Sekundarschule präsentieren. Wir wollten zeigen, was man als junger Mensch alles erleben kann. Zwei Jahre später bin ich wieder aufgebrochen, diesmal allein. Ich war 23 und reiste erneut für dreieinhalb Monate durch ähnliche Länder wie Mexiko, Peru, Costa Rica, Ecuador und zu den Bahamas. Wieder zurück, arbeitete ich stets Vollzeit. Doch Ferien waren mir immer wichtig. Selbst wenn ich nur eine Woche frei hatte, blieb ich nie daheim. Ich musste raus. Egal wo hin. Einfach irgendwo ans Meer. Inseln und Wasser, das sind meine Elemente. Im Winter war ich oft am Ski fahren. Es zieht mich jedoch meist in die Wärme. So ist irgendwann auch mein Über Name entstanden: UB, der Sonnenmensch.»
Wie Fussball und Fernweh mein Leben prägten
«Ich habe früher selbst Fussball gespielt und war lange Zeit als Schiedsrichter aktiv. Der Sport hat mich schon immer begeistert. Das ist bis heute so geblieben. Seit 1994 habe ich mit einigen Kollegen jede Fussball-Weltmeisterschaft besucht. Von Amerika über Südafrika bis Brasilien, um nur einige Stationen zu nennen. Es war jedes Mal ein riesiges Erlebnis, diese Länder auf eine ganz eigene Art kennenzulernen. Als wir in Amerika waren, habe ich fünf Wochen unbezahlten Urlaub genommen und wir fuhren mit dem Wohnmobil herum. Auch in Südafrika und Brasilien haben wir unglaublich viele Eindrücke gesammelt. Es ging nie nur um den Fussball, es war das ganze Drumherum, die Menschen, die Kultur, das Reisen. Nur bei den letzten beiden Weltmeisterschaften, in Russland und Katar, war ich nicht vor Ort.
Die Voraussetzungen dort haben für mich nicht gestimmt, und das wollte ich nicht unterstützen. Es blieb nicht bei den Weltmeisterschaften. Alle zwei Jahre reisten wir auch an die Europameisterschaften. Meistens reisten wir zwei bis drei Wochen durch die Länder und lernten dabei immer wieder neue Leute kennen. So sind über all die Jahre viele Bekanntschaften entstanden. Das Schöne daran ist, mein Sohn konnte später davon profitieren, als er selbst für ein Jahr auf Weltreise ging. Er hat einige meiner Bekannten besucht, die ich auf unseren Reisen kennengelernt hatte. In Südafrika habe ich zum Beispiel einen sehr guten Freund gewonnen. Leider habe ich es bis heute nicht geschafft, ihn zu besuchen. Abgesehen von ein paar Ausnahmen sind fast alle Verbindungen bis heute erhalten geblieben. Und das zeigt mir: Reisen verbindet. Oft für ein Leben lang.»
Fernweh, klare Gewässer und die Freiheit, Neues zu entdecken
«Zum ersten Mal war ich vor rund 20 Jahren in Thailand. Den Anstoss dazu gab eigentlich mein Kleiderschneider, ein Inder, der in der Schweiz Massanzüge, Hosen und Seidenhemden anfertigt. Da ich im Aussendienst tätig war, habe ich über die letzten 35 Jahre hinweg meine Kleidung bei ihm machen lassen und ihm viele Bekannte, Verwandte und Leute aus dem Fussballverein zugewiesen. Irgendwann hat er mich nach Pattaya eingeladen, wo er ebenfalls ein Zuhause hat. Thailand hat mich sofort in den Bann gezogen. Seitdem war ich oft dort und habe verschiedene Orte und Inseln kennengelernt, unter anderem Koh Samui und Koh Samet. In den letzten paar Monaten war ich intensiver denn je unterwegs, meist auf eigene Faust.
Von Pattaya aus habe ich viele Ortschaften erkundet. Mir ist vor allem wichtig, dass das Meer klar ist, glasklares Wasser gehört für mich einfach dazu. Ein Ort, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Navy Beach in Sattahip. Ein Schweizer Kollege, der seit 20 Jahren dort lebt, hat es mir gezeigt. Meine persönliche Lieblingsinsel ist aktuell Ko Chang. Ich war bereits dreimal dort. Sie liegt etwa vier Stunden mit dem Auto von Pattaya entfernt, dann geht es mit der Fähre weiter auf die Insel, ein echtes Paradies. Doch es gibt noch viel zu entdecken. Mein nächstes Ziel sind die Inseln Ko Kut und Ko Mak, beide gelten noch als Geheimtipp, nicht überlaufen, ursprünglich, genau mein Ding.»
Im 17. Stock über Pattaya. Ein neues Leben mit Weitblick
«Was mir an Thailand besonders gut gefällt, ist der Umgang der Menschen untereinander. Vor allem der Respekt gegenüber älteren Personen. Die Thailänder sind höflich, zuvorkommend und herzlich. Wer den Menschen dort mit Wertschätzung begegnet, bekommt das zurück in Form von Wärme und Offenheit. Ich schätze vor allem die Toleranz im Alltag. Gerade im Strassenverkehr, der nicht ungefährlich ist, herrscht eine überraschende Ruhe. Kein ständiges Hupen, kein Gedränge, man schaut aufeinander. Eine eigene Wohnung möchte ich in Thailand trotzdem nicht kaufen. Aber ich habe etwas gefunden, das für mich perfekt passt. Oberhalb von Pattaya, in Richtung Jomtien, wohne ich in einem Kondominium, ein Hochhaus mit 20 Stockwerken. Ich lebe im 17. Stock, mit einem weiten Blick über die Stadt, auf viel Grün und sogar mit Sicht auf den Buddha. Für mich ist das echte Lebensqualität. Freunde, die zu Besuch kommen, sagen oft: ‹Jetzt verstehen wir, warum du hier leben kannst›.
Ein guter Kollege von mir, der mich im vergangenen November besuchte, war ebenfalls begeistert von dem Ort. Ich zeigte ihm den Wohnblock, und als eine Wohnung ein Stockwerk unter mir frei wurde, griff er kurzerhand zu und kaufte sie.»
Zwischen Aufbruch und Ankommen. Mein Leben in Bewegung
«Ende April kam ich für drei Monate in die Schweiz und flog am 15. Juli zurück nach Thailand. Den Sommer verbringe ich gerne in der Schweiz, den Winter lieber in der Wärme. Mein Ziel ist es, künftig nur noch einmal im Jahr zurückzukommen. Im November plane ich mit einem Kollegen eine Reise auf die Philippinen, vielleicht hängen wir noch zwei, drei weitere Länder an. Sechs Wochen unterwegs, das ist der Plan. Ob es klappt, steht noch in den Sternen. Meine Mutter wird im September 98. Jahre alt und lebt bei meiner Schwester. Wenn ich in der Schweiz bin, organisieren wir jedes Jahr eine Vorweihnachtsfeier mit allen Enkeln und Urenkeln. Das ist mir wichtig. Auch mit meinem älteren Bruder und meiner Schwester treffe ich mich regelmässig. Ich habe hier einen grossen Bekanntenkreis und pflege vor allem die Kontakte, bei denen ich spüre, dass das Interesse gegenseitig ist.
Für mich steht fest: solange ich körperlich fit bin, werde ich reisen. Ich bin ein richtiges Reisefüdli, das hat meine Mutter schon früh erkannt. Schon als kleiner Junge habe ich das Laufgitter hochgehoben und bin rausgekrochen, immer mit dem Drang, loszuziehen, die Welt zu entdecken. Reisen erweitert den Horizont. Man lernt Kulturen kennen, Menschen und ihre Denkweisen. Ich lebe allein und bin nicht der Typ, der sesshaft wird. Nicht, weil ich egoistisch bin, sondern weil ich spüre, dass ich unterwegs sein muss. Ich halte es nicht lange in den eigenen vier Wänden aus. Ich brauche Bewegung, Begegnung, Veränderung. Das ist einfach meine Art zu leben. Am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, was ihm guttut. Und dass hier, das ist mein Weg.»
VANESSA SACCHET