Vanessa Sacchet im Gespräch mit Susanne Mischler-Meier
05.07.2025 Leute aus der RegionSusanne Mischler-Meier, geboren am 19. Oktober 1965 in Zürich, ist verheiratet und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Die ausgebildete Pflegefachfrau leitet den Pflegedienst in der Psychotherapieklinik Aadorf. Um ihrer Leidenschaft, dem Töpfern nachzugehen, hat sie mit ...
Susanne Mischler-Meier, geboren am 19. Oktober 1965 in Zürich, ist verheiratet und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Die ausgebildete Pflegefachfrau leitet den Pflegedienst in der Psychotherapieklinik Aadorf. Um ihrer Leidenschaft, dem Töpfern nachzugehen, hat sie mit Unterstützung der Familie aus dem eigenen Stall, ein Atelier mit Ausstellungs- und Verkaufsraum eingerichtet.
«Schon in meiner Jugend habe ich mit Begeisterung getöpfert. Später standen jedoch Familie und Beruf im Vordergrund, und fürs Töpfern blieb keine Zeit, da andere Dinge wichtiger waren. Im Jahr 2015 kam dann plötzlich dieser eine Samstag, an dem ich das Gefühl hatte: Jetzt ist der Moment, etwas für mich zu tun. Also fuhr ich zu Boesner, kaufte fünf Kilo Ton, einfach so und begann wieder zu töpfern. Das erste Stück war ein Geschenk für meine beste Freundin zum Hochzeitstag. Ich hatte die Idee, eine Schale mit dem Froschkönig und einer goldenen Kugel zu gestalten. Dabei merkte ich, wie sehr mir das Kreative liegt und wie viel Spass es macht.
Was mir am Töpfern besonders gefällt, ist die Konzentration, die es erfordert. Man muss bei der Sache sein, sonst kommt nichts Gescheites dabei heraus. Das gelingt nicht jeden Tag gleich gut. Besonders an der elektrischen Drehscheibe muss man ganz im Moment sein. Aber genau das liebe ich. Es hilft mir, abzuschalten und den Kopf freizubekommen. Damals liess ich meine Werke in einer Töpferei brennen und glasieren. Der grösste Kostenfaktor in der Keramik ist der Strom, vor allem beim Hochbrand, bei dem der Ofen auf 1235 Grad hochheizt und das sieben Stunden lang. In der Privatklinik Aadorf, wo ich arbeite, hat mir eine Kunst- und Maltherapeutin, die ebenfalls töpfert, angeboten, einige meiner Arbeiten in ihrem Ofen zu brennen. Einfach um zu schauen, ob sie den Temperaturen standhalten. Das war der Fall und für mich war klar: Ich brauche einen eigenen Ofen. So nahm alles seinen Lauf».
Vom alten Stall zum Herzensort – wie mein Töpferatelier entstand
«Wir entschieden uns, im eigenen Stall einen Brennofen zu installieren. Dieser kostete rund 3000 Franken. Dazu benötigte ich noch Platten und diverses Zubehör. Der Stall war ursprünglich alles andere als ideal, es zog, es war kalt, und wir hatten kein Wasser. Ich habe jedoch trotzdem dort getöpfert. Im Geschäft schlug man mir vor, ich soll mit meinen Sachen eine Ausstellung machen. So kam es, dass ich 2017 meine erste Ausstellung veranstaltete, im ursprünglichen, unrenovierten Stall. Es war dunkel und kühl, aber ich gab mir Mühe, mit Tüchern eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen und es wurde ein voller Erfolg.
Nach diesem Erlebnis sagte ich meinem Mann: ‹Es macht mir so viel Freude, könnten wir nicht ein richtiges Atelier einrichten?› Die Idee: ein Teil des Stalls wird zum Atelier, der andere Teil zu einem kleinen Lädeli. Er war sofort dabei und im 2018 begann die Umgestaltung. Zuerst wurde eine Wasserleitung gelegt und neue Fenster eingebaut. Für die Einrichtung verwendeten wir viele alte Möbel, die wir bereits im Estrich stehen hatten und die von unseren Grossmüttern waren. Ein besonderes Schmuckstück ist meine Holztheke mit einer Marmorplatte und unzähligen kleinen Schubladen. Ich konnte sie von jemandem übernehmen, der eine alte Bäckerei, eine Art Tante-Emma-Laden abgebrochen hatte. Ich durfte die Theke übernehmen und musste nur den Transport selbst organisieren. In Elgg liess ich sie aufpolieren, und nun steht sie bei mir im Laden. Ein Highlight ist die alte Ladenkasse. Sie hat eine Veloglocke, die man aufziehen kann. Zieht man die Kassenschublade auf, klingelt sie laut. Das sorgt jedes Mal für viel Freude».
Töpfern im kleinen Rahmen, mit grosser Freude
«Was als kleines Hobby begann, ist inzwischen gewachsen, so dass der Platz jetzt schon kaum reicht. Doch für mich bleibt das Töpfern ein wertvoller Ausgleich zu meinem Beruf. Es ist mein kreativer Raum, in dem ich abschalten kann und das Schönste ist, wenn andere Menschen Freude an meinen Arbeiten haben. Um zu Töpfern braucht man keinerlei Vorkenntnisse. Jeder darf einfach ausprobieren, egal ob jung oder alt. Genau deshalb biete ich Kurse an. Ich halte die Gruppen bewusst klein mit maximal vier, lieber drei Teilnehmende, damit ich für alle genügend Zeit habe.
Natürlich läuft nicht immer alles nach Plan. Beim Roh- oder Glasurbrand kann etwas schiefgehen, Farben verändern sich, Stücke reissen, Überraschungen gehören dazu. Neulich hat eine Kursteilnehmerin eine Tasse glasiert, leider mit der falschen Glasur, weil ich die Dosen verwechselt hatte. Wir haben es trotzdem gebrannt und siehe da: Es wurde ein richtig cooles Stück! Es kann auch mal etwas schiefgehen. Ich selbst habe schon Werke entsorgt, weil ich sagen musste, das passt einfach nicht. Einmal habe ich eine Schale getöpfert und eine neue Glasur ausprobiert. Ich hoffte auf eine überraschend schöne Kombination, aber es wurde eine Dracula Schale. Sie war violett, düster und unfreundlich. Die musste weg», meint Mischler-Meier lachend und fügt bei: «Am liebsten stelle ich Engel her. Man kann sie nach dem Glasieren vergolden. Dafür wird das Stück noch einmal bei 770 Grad gebrannt. Das Gold wird eingebrannt wie Blattgold und hält dauerhaft, sogar im Freien. Besonders in der Weihnachtszeit sorgt ein Hauch Gold sofort für eine edle Ausstrahlung».
Von lustigen Vögeln und runden Sachen
«Für meine Kurse verwende ich verschiedene Gipsformen und eine Ton-Walze, man kann sie sich vorstellen wie eine grosse Nudelmaschine. Damit lässt sich der Ton millimetergenau ausrollen. Vor der Weiterverarbeitung müssen die Luftblasen herausgedrückt werden. Anschliessend wird die Tonplatte in die Gipsform gelegt, um daraus Schalen, Kugeln oder andere Formen zu gestalten. Diese Technik nennt man Plattentechnik. Ton ist ein unglaublich vielseitiges Material. Man kann nahezu alles daraus erschaffen, die einzige Grenze ist die eigene Vorstellungskraft. Entscheidend ist, welche Art von Ton man für welches Objekt verwendet.
Es gibt viele verschiedene Tonsorten. Solche mit viel oder wenig Schamott, in unterschiedlichen Farben, manchmal bringt schon allein der Ton selbst eine besondere Farbwirkung mit sich. In meinen Kursen dürfen die Teilnehmenden auch an die Töpferscheibe. Dort lernen sie, wie man zentriert, damit das Werkstück schön rund läuft. Töpfern hat eine meditative Wirkung, viele sagen, Töpfern ist das neue Yoga. Was ich ebenfalls gerne herstelle, sind humorvolle Tonfiguren. Fröhliche Vögel und Hühner gehören zu meinen Favoriten. Letzten Sommer habe ich auch dicke, herzliche Frauenfiguren getöpfert, die viel positive Resonanz bekamen. Das Verspielte und Lustige liegt mir besonders. Ich arbeite auch auf Bestellung. Neulich sollte ich zum ersten Mal eine Urne für eine Katze anfertigen. Die Besitzerin brachte mir ein Foto ihres geliebten Büsi. Bevor ich die Urne gebrannt habe, zeigte ich ihr das Werk. Zum Glück gefiel es ihr sehr. Es gab auch schon Aufträge, bei denen das Ergebnis nicht den Vorstellungen entsprach. Ich töpfere grundsätzlich nichts, was mir selbst nicht gefällt, denn dann kann ich das Stück immer noch im Laden anbieten. Die Geschmäcker sind nun mal verschieden, und nicht immer findet man einen gemeinsamen Nenner, das ist ganz normal».
Kreativität braucht ihren eigenen Takt
«Mein Atelier ist jeweils am Samstag für vier Stunden geöffnet. Wenn eine Gruppe zum Töpfern kommt, achte ich darauf, dass der Ofen gut gefüllt ist. Aus Gründen der Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit. Ich arbeite 80 Prozent und nutze gelegentlich auch den Montag zum Töpfern, damit sich das Brennen lohnt. In den Sommermonaten sowie im Januar biete ich keine Kurse an. Entweder ist es dann zu heiss oder zu kalt im Atelier, und mit feuchten Händen bei niedrigen Temperaturen zu arbeiten, macht einfach keinen Spass. Solange ich noch berufstätig bin, gestalte ich den Atelierbetrieb so, wie es für mich stimmig ist. Später, wenn ich ein bisschen mehr Zeit habe, kann ich mir gut vorstellen, auch unter der Woche zwei Kurse anzubieten. Im Moment geniesse ich es einfach und es ist jedes Mal spannend zu sehen, wer den Weg in meinen Laden und in die Kurse findet».
VANESSA SACCHET