Vanessa Sacchet im Gespräch mit Simon Ünala
18.11.2023 Aadorf, Leute aus der RegionSimon Ünala, geboren am 6. Juli 2004 in Winterthur, wuchs zusammen mit seiner grossen Schwester auf. Der Automobil-Mechatroniker in Ausbildung hat sich das Segelfliegen zum Hobby gemacht. Wie er dazu kam, mit 19 Jahren Segelflugpilot zu werden, erzählt uns der sympathische junge ...
Simon Ünala, geboren am 6. Juli 2004 in Winterthur, wuchs zusammen mit seiner grossen Schwester auf. Der Automobil-Mechatroniker in Ausbildung hat sich das Segelfliegen zum Hobby gemacht. Wie er dazu kam, mit 19 Jahren Segelflugpilot zu werden, erzählt uns der sympathische junge Mann.
«Als ich etwa vier Jahre alt war hatte ich bereits grosses Interesse an der Fliegerei und ging mit meinem Vater und Grossvater zum Modellfliegen. Wir bestaunten oft auch Flugschauen. So entstand schon früh der Wunsch, einmal selbst zu fliegen. Ein guter Freund schenkte mir zu meinem 16. Geburtstag einen Segelflug, den ich im Spätsommer zusammen mit seinem Vater, einem erfahrenen Segelflugpilot, machen durfte. Daraufhin meldete ich mich bei der Segelfluggruppe in Winterthur und begann in der darauffolgenden Saison mit der Schulung. Dies war mit meinem Lehrlingslohn absolut erschwinglich.
Im Grunde genommen kann jeder das Segelfliegen erlernen. Sicher hilft es, wenn man eine schnelle Auffassungsgabe besitzt und koordinationsfähig ist. Dies ist jedoch reine Übungssache und somit gut lernbar. Die Ausbildung dauert dann einfach etwas länger. Ende Juni schloss ich die Ausbildung zum Segelflugpilot ab. Angefangen habe ich damit im Frühjahr 2021. Eine Saison dauert von Ende März bis Mitte Oktober. In den meisten Fällen absolviert man nach der ersten Saison seinen ersten Solo-Flug. Danach kommt es ganz drauf an wie schnell man vorwärts machen möchte. Ich wollte in meiner zweiten Saison auf den Einsitzer wechseln. Das entsprechende Ziel ist, dass man damit einen 50-Kilometer-Flug absolviert. Winterthur eignet sich perfekt, um von dort aus nach Weinfelden zu fliegen, zu wenden und zurückzukehren. Dies alles mithilfe der natürlichen Aufwinde. Hat man den ‹50er› absolviert und erfüllt die Kriterien, kann man an die Prüfung.
Klar gibt es davor noch einige Ausbildungsschritte. Der Solo- und der 50-Kilometer-Flug sind jedoch die beiden grossen praktischen Meilensteine. Ein Teil der Ausbildung besteht aus dem Theoriekurs. In diesem werden neun Fächer behandelt – unter anderem Aerodynamik, Flugzeugkunde, Meteorologie und Luftrecht. Für diese Fächer muss beim BAZL (Bundesamt für Zivilluftfahrt) eine Prüfung abgelegt werden. Bevor man nicht alle Theoriefächer bestanden hat, darf man nicht an die praktische Prüfung. Vor allem im Fach Meteorologie lernen wir, wie die Aufwinde entstehen. Ein Indiz dafür sind die Kumuluswolken. Es gibt auch Tage, an denen sich keine Wolken bilden, wir aber trotzdem Thermik haben. Zum Beispiel über Waldrändern oder manchen Feldern, bei grossen Industriearealen, wo die Sonne drauf scheint und alles erhitzt. Man muss sich ein gewisses Fachwissen aneignen, aber das geschieht in diesem Umfeld schon fast von allein.»
In der Luft fühlt er sich frei wie ein Vogel
«Bevor ein erster Solo-Flug absolviert werden kann, gilt es viel mit dem hinten sitzenden Fluglehrer zu trainieren. Fliegt man zum ersten Mal allein, ist es nicht viel anders als vorher. Man bemerkt nur, dass der Flieger leichter ist. Da die meisten Segelflugzeuge keinen Motor besitzen, fühlt es sich an, als wäre man vogelfrei in der Luft. Es gilt jedoch, sich immer Gedanken darüber zu machen, wie man an Höhe gewinnen kann. Deshalb wird stehts nach Aufwind gesucht. Gerade am Anfang einer Segelflugkarriere besteht wenig Kapazität, die Aussicht zu geniessen. Die ganze Zeit ist man hoch konzentriert. Hat man ein wenig mehr Höhe erreicht, um eine Distanz abzugleiten, bleibt einem etwas Zeit, um aus dem Fenster zu schauen.
Bei unserem Flugplatz können wir bis auf 1350 Meter über Meer steigen, da sich direkt darüber die Anflugsektoren des Flughafens Zürich befinden. Mit einer Spezialbewilligung können wir nördlich Wiesendangens bis auf 1700 Meter über Meer steigen und ab dem Ende Frauenfeld in Richtung Weinfelden dürfen wir sogar auf 2000 hinauf. Da sind wir in unserem Bereich, also der Bodenseeregion, relativ stark eingeschränkt. Im Verein besitzen wir zwei Schulungsdoppelsitzer, mit dem ich schon oft flog. Er ist ein guter Allrounder und besitzt sehr gutmütige Flugeigenschaften. Es ist cool damit zu fliegen. Der Einsitzer, auch ein etwas älteres Modell, ist um einiges wendiger. Das macht sich vor allem in der Sensitivität des Höhensteuers bemerkbar.
Später folgt der Umstieg auf den ersten Leistungseinsitzer mit Einziehfahrwerk. Er ist sehr modern gehalten und hat einen integrierten Bordcomputer mit Bildschirm. Darauf ist auf der Karte zu sehen, wo man sich befindet und wie hoch man steigen darf. Wenn ich beispielsweise von Winterthur nach Schänis fliegen möchte, gebe ich den Zielflugplatz ein und es wird genau berechnet, wie hoch ich sein muss, um dorthin zu gelangen», erklärt Ünala und ergänzt: «Bei einem Bekannten durfte ich einmal in einem Segelflieger mit Motor mitfliegen. Ein sogenannter Eigenstarter. Da benötigt man keine Winde und kein Flugzeug, das einen hochzieht. Man kann einfach den Motor ausfahren und starten, was wir in Winterthur taten. Wir flogen zum Schwarzwald, von dort aus zurück in die Schweiz nach Olten und quer durch den Jura. Dann ging es kurz nach Frankreich rein und wieder durch den Jura, die Innerschweiz, über das Hörnli sowie den Schauenberg und landeten wieder in Winterthur. Wir waren sechs Stunden in der Luft. Es war sehr eindrücklich zu sehen, was mit einem solchen Flieger alles möglich ist. Den Motor benutzten wir nur für den Start. Den Rest bewältigten wir allein mit der Naturenergie. Das war genial.»
Erster Selektionsschritt Richtung Berufspilot
«Mein Ziel ist es, mit der Segelfluglizenz ein wenig zu fliegen und in der neuen Saison die ersten Streckenflüge zu machen, um so viel wie möglich dazuzulernen. Nach dem Segelflugbrevet gibt es diverse Weiterbildungsmöglichkeiten: Kurse in Richtung Akrobatik, Gebirgsflug oder für Streckenflüge. Diese dauern je ein bis zwei Wochen. Ich absolvierte den Sphair-Kurs. Das ist der erste Selektionsschritt, wenn man in Richtung Militärpilot gehen möchte. Hilfreich ist dieser Kurs auch, wenn man Zivilpilot zum Beispiel bei einer Airline werden möchte. Beim Sphair-Kurs erhielt ich einen positiven Entscheid und darf mich nun bei der Luftwaffe bewerben. Es ist ein sehr langer Weg mit vielen Hürden, die es zu bewältigen gibt. Aber versuchen werde ich es auf jeden Fall.
Ich setze mir zum Ziel, das Fliegen zum Beruf zu machen. In welche Richtung das sein wird, werde ich auf meinem Weg dorthin herausfinden. Was ich bestimmt weiss, ist, dass ich das Segelfliegen weiterhin als Hobby beibehalten möchte. Allen, die sich vorstellen können, mit dem Segelfliegen zu beginnen, rate ich, es einfach zu versuchen und sich zu einem Probeflug anzumelden. Die verschiedenen Segelfluggruppen geben euch sehr gerne Auskunft. Ich denke, es unversucht zu lassen, wäre schade. Es ist ein grossartiges Hobby!»
VANESSA SACCHET