Vanessa Sacchet im Gespräch mit Richard Schreiber
16.12.2023 HäuslenenRichard Schreiber, geboren am 29. Dezember 1956 in Wegenstetten, wuchs zusammen mit zwei Brüdern auf. Der gelernte Augenoptiker ist verheiratet und hat vier Kinder. 40 Jahre war er selbstständig mit eigenem Geschäft in Frauenfeld tätig. Heute geniesst er seine Pension und ...
Richard Schreiber, geboren am 29. Dezember 1956 in Wegenstetten, wuchs zusammen mit zwei Brüdern auf. Der gelernte Augenoptiker ist verheiratet und hat vier Kinder. 40 Jahre war er selbstständig mit eigenem Geschäft in Frauenfeld tätig. Heute geniesst er seine Pension und hält Wachteln in seinem Garten.
«Als ich Kind war, züchtete mein Vater Papageien. Wir wohnten auf dem Land und hatten Platz sowie die Möglichkeit, mehrere Volieren hinter dem Haus aufzustellen. Auch besassen wir einen Hund. So hatten wir immer Tiere um uns herum. Später als wir Richtung Frauenfeld zogen und ich meine Frau kennenlernte, kauften wir uns ein Aquarium und begannen Fische zu züchten. Angefangen haben wir mit den einfachen Arten, da sich diese problemlos vermehren. Bei der Zucht interessierte uns wie die Fische in ihrer natürlichen Umgebung leben und wir versuchten, sie möglichst naturgetreu zu halten.
Dann züchteten wir Arten, die im Aquarium schwierig zu vermehren sind. Das spornte meinen Ehrgeiz erst recht an. Wir hatten beispielsweise ein Aquarium mit einer sehr geringen Wasserhöhe von nur fünf bis sieben Zentimetern und bepflanzten es mit viel Algen und Seetang. In der Natur vermehren sich diese Fische im seichten Wasser, am Ufer oder in flachen Sümpfen. Das versuchten wir im Aquarium nachzubilden und konnten uns so über viele Jungfische erfreuen. Wir begannen dann auch, Futter für die Jungfische zu züchten.
Als wir später nach Häuslenen zogen, hatten wir schlichtweg zu wenig Platz für die über 30 Aquarien. So war Fischzucht kein Thema mehr und wir dachten, dass wir es zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Angriff nehmen könnten. Irgendwann besuchte ich einen Vortrag über Pfeilgiftfrösche, baute ein Terrarium und begann welche zu züchten.»
Die Kunst der Pfeilgiftfroschzucht
«Die Züchter bildeten eine eingeschworene Gesellschaft und die meisten von ihnen kannten Leute aus Costa Rica, Deutschland oder Holland, zu denen sie eine Verbindung pflegten. Ich bezog meine ersten Jungtiere von einem Züchter aus Deutschland und versuchte sie zu Hause selbst zu vermehren, was mir tatsächlich gelang. Da die Frösche nur Lebendfutter wie Mücken oder Obstfliegen fressen, wurde die Beschaffung des Futters im Winter schwierig, da im Garten keine Mücken mehr zu finden waren. So musste ich anfangen, selbst Insekten zu züchten. Nur so konnten die Frösche überwintern.
Der Aufwand wurde zu gross, da wir beruflich sehr engagiert waren. Als wir das Wohnzimmer umbauen wollten, waren meine Frau und ich der Meinung, das Terrarium müsse nun ebenfalls weg, weil es in der Stube stand und viel zu viel Platz in Anspruch nahm. Mir war stets wichtig, dass die Tiere genügend Lebensraum besitzen. Ein 17-jähriger Mann hatte Interesse an den Pfeilgiftfröschen und wir schenkten ihm alles.
Ein paar Jahre später ging ich in Pension. Als unser Hund starb, überlegten wir uns, ob wir noch einmal einen haben wollen. Da wir schon älter sind entschieden wir uns, lieber stationär etwas anzuschaffen und kamen zum Entschluss, in unserem Garten Wachteln zu halten.»
Wachteleier: Kleine Schätze mit grosser Bedeutung
«Unser Sohn hat eine Nahrungsmittelallergie und darf keine Hühnereier essen. So bestellte er jeweils Eier bei einer Wachtelfarm. Das war ebenfalls ausschlaggebend, dass wir uns für die Haltung von Wachteln entschieden. Ich kaufte bei einem Züchter zehn japanische Legewachteln. Man muss sie in einer kleinen Gruppe halten. Es dürfen nicht zu wenige und nicht zu viele sein, damit eine tiergerechte Haltung gewährleistet ist und sie ein soziales Verhalten aufbauen können. Ich wollte nur Hennen, bin mir jedoch nicht ganz sicher, ob nicht doch auch einen Hahn dabei ist. Wenn man nicht züchten möchte, verzichtet man auf ihn. Die Hennen legen trotzdem ihre Eier.
Eine Gruppe muss harmonisch sein. Passt es in dieser nicht, gibt es unter den Hennen krach. Die Wachtel ist ursprünglich ein Wildtier. Man züchtete sie, damit sie Eier legen. Wir halten sie nicht nur deshalb. Klar ist es ein schöner Nebeneffekt, jedoch für uns nicht so wichtig. Wir halten sie als Haustiere und schauen sie uns gerne an, wenn sie herumwatscheln.»
Alles über das ideale Wachtelfutter
«Die Wachteln leben in einer Voliere und im Stall. Beides misst je vier Quadratmeter. Sie können rein und raus, wie sie möchten. Ausser in der Nacht, da müssen sie rein, damit sie nicht gefährdet sind durch Fuchs und Marder. Der Stall muss einbruchsicher sein. Wichtig ist, dass sie stets genügend Futter und frisches Wasser haben. Sonst würden sie keine Eier legen. Wachteln fressen viel. Ich kaufe jeweils einen 25-Kilogramm-Sack speziell abgestimmtes Wachtelfutter bei einem Händler aus Tuttwil. Die Zusammensetzung ist wichtig. Es beinhaltet Kalzium und verschiedene Proteine.
Da unsere Wachteln ins Freie können, fressen sie unter anderem Kräuter, Rosmarin, Thymian, Brennnesseln und Löwenzahn. Wir füttern sie gleichzeitig mit getrockneten Mehlwürmern. Sie selbst finden zusätzlich Würmer im Boden. Mit den Kompostwürmern ist es heikel, wegen den Parasiten, die sie übertragen können. Deshalb nimmt man getrocknete Mehlwürmer, welche keimfrei und in der Landi oder einem Tierzubehörgeschäft erhältlich sind.
Wie viele Eier die Hennen legen ist abhängig vom Futter, der Jahreszeit und Haltung. Hätte man sie in einer Batteriehaltung, gäbe es jeden Tag ein Ei pro Wachtel. Unsere zehn Hennen legen zusammen täglich drei bis vier. Grundsätzlich sind die Eier zu gebrauchen wie diese von Hühnern. Man benötigt einfach vier- bis fünfmal mehr in der Stückzahl, da die Eier viel kleiner sind. Mein Sohn macht sich praktisch jeden Morgen kleine Omeletten und benötigt dafür fast fünf Eier. Diese können auch zu Dekozwecken verwendet werden, da sie speziell gemustert sind. Je nach Legehenne gibt es verschiedene Eierfarben. Die ursprüngliche ist gut getarnt, sodass man die Eier kaum findet. Wir bauten den Wachteln kleine Nester, jedoch legen sie nicht immer dort ab, sondern da, wo sie sich gerade aufhalten.»
Kleine Vögel, grosse Leidenschaft
«Vor dem ersten Morgenkaffee gehe ich raus zu den Wachteln, um zu sehen, wie es ihnen geht und ob alles in Ordnung ist. Erst dann frühstücke ich mit meiner Frau. Wenn wir für ein paar Tage verreisen, schaut unsere Bekannte in der Nachbarschaft zu den Tieren. Sie selbst besitzt Hühner. So können wir uns abtauschen, wenn sie ein paar Tage weg möchte. Bis jetzt kam das allerdings praktisch nicht vor. Wir selbst sind meistens am Abend wieder zurück.
Man muss schon zweimal am Tag nach den Vögeln schauen. Das ist das absolute Minimum. Zurzeit gehen wir viermal täglich und reden sogar mit ihnen», meint Richard Schreiber lachend und ergänzt: «Andere besitzen Katzen oder Hunde, mit denen sie sprechen. Wir haben die Wachteln. Sie sind unsere Prinzessinnen und jede besitzt einen Namen. Ich kenne jede einzelne, was bei zehn Hennen nicht schwierig ist. Sie haben gemischte, verschiedene Farbschläge. Ich wollte nicht nur einen davon.
Das Wichtigste ist, dass es den Wachteln gut geht. Wir arbeiteten ein Leben lang und wollen auch in der Pension noch etwas Sinnvolles machen. So setzten wir uns neue Ziele und entschieden uns unter anderem für die Wachteln. Sie geben uns einen geregelten Zeitablauf, eine Struktur im Alltag und begeistern immer wieder aufs Neue.»
VANESSA SACCHET