Vanessa Sacchet im Gespräch mit Philipp Kägi
20.04.2024 Region, Leute aus der RegionPhilipp Kägi, geboren am 28. November 1994 in Frauenfeld, wuchs mit seiner älteren Schwester auf. Er lebt in einer Partnerschaft. Der gelernte Landschaftsgärtner EFZ absolvierte anschliessend die Ausbildung zum Strassenbauer EFZ. Den Sommer über arbeitet er selbstständig ...
Philipp Kägi, geboren am 28. November 1994 in Frauenfeld, wuchs mit seiner älteren Schwester auf. Er lebt in einer Partnerschaft. Der gelernte Landschaftsgärtner EFZ absolvierte anschliessend die Ausbildung zum Strassenbauer EFZ. Den Sommer über arbeitet er selbstständig als Landschaftsgärtner und im Winter ist er international als Skilehrer unterwegs. Wie sich die beiden Berufe miteinander kombinieren lassen, erzählt mir der 29-Jährige.
«Als ich im Sommer meine Ausbildung als Landschaftsgärtner begann, arbeitete ich den ersten Winter ganz normal im Lehrbetrieb. Mein Lehrmeister, ein erfahrener 60-Jähriger, gönnte sich stets im Januar und Februar eine Auszeit in den Bergen. Auch ich hatte dazumal schon eine starke Verbundenheit zum Schneesport und fuhr sehr gerne Ski. Dank meiner Überstunden konnte ich mir etwas Freizeit gönnen und ging oft allein Skifahren, was mir große Freude bereitete. Nach der dreijährigen Lehre absolvierte ich unmittelbar im Anschluss eine zweijährige Ausbildung zum Strassenbauer, die im Juli endete. Von Juli bis November trat ich meinen Dienst in der Rekrutenschule an. Bereits während der RS kam mir die Idee, dass ich einmal eine Wintersaison machen möchte. Ich sah, dass man in der Ausbildung zum schweizerischen Schneesportlehrer interessante Dinge lernt wie Methodik, Pädagogik und Sportmotorik. Mir hat es sehr gefallen, mit Leuten zusammenzuarbeiten, ihnen etwas zu vermitteln und schöne Erlebnisse zu schaffen. Vom Gartenbau her war ich es gewohnt, praktisch etwas zu produzieren. Ich kehrte von April bis November in den alten Lehrbetrieb zurück und machte danach erneut eine Wintersaison. Von da an war klar, dass ich die Ausbildung zum Schneesportlehrer mit eidgenössischem Fachausweis in Angriff nehmen möchte. Diese dauerte über drei bis vier Winter lang, in denen ich verschiedene Kurse absolvierte. Dadurch erhielt ich die Qualifikation, sowohl Ski alpin als auch Snowboard zu unterrichten, und war den Winter über bei der Ski- und Snowboardschule Arosa angestellt.»
Einige der Stammgäste buchen mich jedes Jahr
«Beginnt man als Skilehrer zu arbeiten, fängt man meist mit Kinderklassen und Privatgästen an. Von Anfang an war es mir wichtig, eine langfristige Beziehung zu meinen Gästen aufzubauen. Die Kundenpflege und Kundenbindung standen im Mittelpunkt. Dabei muss ich erwähnen, dass ich über jeden Gast in Arosa Buch geführt habe und mir alles genau notierte. Was haben wir trainiert? Wo waren wir Mittagessen? Wenn er ein Jahr später wieder gekommen ist, konnten wir genau da weitermachen, wo wir aufgehört haben. So haben sie sich zu Hause gefühlt. Es gibt Gäste, die sich technisch verbessern möchten, oder solche, die im Alter mehr Sicherheit gewinnen wollen. Als Skilehrer ist man die Person, die mit dem Gast sehr viel Zeit im Skigebiet verbringt – wie kein anderer. Ich biete auch Guiding-Dienstleistungen an, bei denen ich die Gäste durchs Skigebiet führe und von der Pistenwahl, über das Mittagessen und den Apéro alles organisiere. Es gibt Klienten, die für ein bis zwei Monate in Arosa bleiben. Ich betreue sie von morgens um 8:15 Uhr bis nachmittags um 16 Uhr. Da sie hier bereits alles gesehen haben, meinten sie, dass es grossartig wäre, andere Skigebiete zu besuchen. So fing ich vor zwei Jahren an, mit den Gästen in andere Skigebiete zu fahren. Da ich sie gut kannte, wusste ich, welche Pisten ihnen gefallen, ob sie mit dem Helikopter auf den Berg hoch möchten, was sie für Hotels bevorzugen und was sie auf der Piste gerne essen. Es entstand eine Art Freundschaft, so dass wir auch den Sommer über Kontakt pflegen. Klar gibt es auch weniger angenehme Gäste. Gerade am Anfang musste ich mir einiges gefallen lassen. So hiess es zum Beispiel: ‹Hier, trag meine Ski!› Für solche Gäste hatte ich im nächsten Jahr einfach keine Zeit mehr», meint Kägi lachend.
Die kommende Wintersaison planen wir ein Jahr im Voraus
«Die Gäste fragen mich jeweils bereits, wo wir im nächsten Jahr Skifahren gehen wollen. Es ist von Gast zu Gast verschieden. Die einen buchen selbstständig, wenn nicht, organisiere ich alles. Ich wähle die Hotels aus, buche Flüge und Helikopterflüge, Mietautos, bis hin zur Weinauswahl im Restaurant. Es gilt dem Gast etwas zu bieten und nicht nur den ganzen Tag Ski zu fahren. Weihnachten und Silvester verbringe ich meistens in Arosa und im Januar bin ich zwei bis maximal drei Wochen im Ausland. Letztens war ich mit griechischen Gästen in Lech am Arlberg. Wir kehrten zurück in die Schweiz und verbrachten zwei Wochen in St. Moritz. Von da ging es für fünf Wochen nach Arosa und danach direkt nach Levi in Finnland und Åre in Schweden – einem komplett anderen Skigebiet. Es gibt keine hohen Berge, sondern eher eine hügelige Landschaft, und man sieht zum Beispiel die bekannten Nordlichter und Rentiere. Zusätzlich sind die Schneequalität und die Ansicht zum Schneesport anders als in der Schweiz. ich mag die verschiedenen Destinationen. Zum einen den grossen Nobelort Courchevel 1850 mit seinem privaten Flughafen, wo man mit dem Jet landen kann. Oder Cortina d’ Ampezzo in Italien, wo der jährliche Weltcup stattfindet. Auch Gröden und Zermatt gefallen mir gut. Das beste Ski-Resort ist für mich Les Trois Vallées bestehend aus Val Thorens, Courchevel und Meribél mit rund 600 Pistenkilometern. In Arosa ist es wie nach Hause zu kommen. Dort fühle ich mich wohl. Das Dorf hat eine ideale Grösse, ist wunderschön und die Gastronomie ist super. Arosa ist und bleibt für mich die Nummer Eins!»
Seit acht Jahren auf der Piste unterwegs
«Das Organisieren und Planen ist etwas, was mir liegt. Zu den schönsten Aufgaben für mich gehört, ein Erlebnis zu schaffen und den Leuten etwas Neues zeigen zu können, was sie noch nie zuvor gesehen oder erlebt haben. Ich habe Gäste, die nur ein oder zwei Skistunden bei mir buchen, Familien mit Kindern bis hin zum Grossvater. Vom Normalverdiener bis zum Milliardär ist alles vorhanden. Am Ende der Ferien schneide ich ein cooles Video von meinen Gästen zusammen. Es ist grossartig mit anzusehen, dass Kinder, denen ich mit sieben Jahren das Skifahren beigebracht habe und die jetzt im Teenageralter sind, immer noch zu mir kommen, obwohl sie super Skifahren. Dann gibt es Kinder, die bereits 18 Jahre alt sind und selbst mit der Skilehrer-Ausbildung begonnen haben. Für mich ist klar, dass meine Winter in den Bergen kürzer werden und ich nicht ein Leben lang so weitermachen kann wie bis jetzt. Das liegt nicht drin, weil der Gartenbau immer mehr überhandnimmt und ich mir mehr Zeit für meine Partnerin nehmen möchte, was schwierig zu vereinbaren ist, wenn ich den ganzen Winter unterwegs bin. Dass ich meine beiden Berufe bislang verbinden kann, hat für mich grosse Vorteile. Die Menschenkenntnis, die ich während des Winters mit den Skigästen aufbaue, hilft mir im Gartenbau und bringt mir viel für meine persönliche Weiterentwicklung und die Mitarbeiterführung. Wenn ich an die Zukunft denke und weiss, dass ich die Wintersaisons nicht mehr so verbringen kann, wie ich es in den letzten acht Jahren getan habe, mag ich gar nicht daran denken. Aber alles hat seine Zeit und man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Ich werde den kommenden Winter noch Vollzeit als Skilehrer tätig sein und dann auf maximal zwei Monate reduzieren. Es gibt bereits junge, gute Skilehrer, die nachrücken. Ich möchte es mir jedoch nicht nehmen lassen, am liebsten bis ins hohe Alter mindestens zwei bis drei Wochen im Winter mit meinen liebsten Stammgästen Ski zu fahren. Das ist mein Lebensziel».
VANESSA SACCHET