Vanessa Sacchet im Gespräch mit Monika Wartenweiler
20.01.2024 Häuslenen, Leute aus der RegionMonika Wartenweiler, geboren am 20. April 1992 in Frauenfeld, wuchs zusammen mit einer Schwester und einem Bruder auf. Die gelernte Umweltingenieurin FH trifft auf ihrem Landwirtschaftsbetrieb Fördermassnahmen für Hermeline und Mauswiesel und erzählt, wie sie dabei vorgeht.
Monika Wartenweiler, geboren am 20. April 1992 in Frauenfeld, wuchs zusammen mit einer Schwester und einem Bruder auf. Die gelernte Umweltingenieurin FH trifft auf ihrem Landwirtschaftsbetrieb Fördermassnahmen für Hermeline und Mauswiesel und erzählt, wie sie dabei vorgeht.
«Ich bin Umweltingenieurin von Beruf und beschäftige mich viel mit Ökologie. Auf dem Hof lebten schon immer Wiesel, die wir beobachteten. Es gibt Hermelin und Mauswiesel. Sie sind die kleinsten einheimischen Raubtiere. Das Mauswiesel ist sogar das kleinste der Welt. Beide haben sich auf das Jagen von Wühlmäusearten spezialisiert. Sie führen ein verborgenes Leben. Auf der Jagd nach Mäusen bewegen sie sich vorwiegend unterirdisch in deren Gängen und im Winter auch oft unter der Schneedecke. Wenn sie sich an der Erdoberfläche aufhalten, nutzen sie jegliche Deckungsmöglichkeiten.
Obschon sie nachts wie tagsüber aktiv sind, bekommt man sie höchst selten zu Gesicht. Ich dachte es wäre schön, den Wieseln Strukturen zu geben, damit sie hierbleiben und sich vielleicht sogar vermehren. Werden die Obstbäume geschnitten, hackten wir früher das Holz, um es als Brennholz zu verwenden. Nun schichteten wir einen Teil davon zu Wieselburgen auf. Unten bilden die dickeren Äste ein Nest, das wir mit Stroh ausstatteten. So entstand eine Art Höhle. Rundherum bauten wir mit den feineren Ästen den ganzen Haufen auf, damit keine Füchse zum Nest gelangen. Wahrscheinlich machte man das bereits früher so und legte das Holz, welches sich zu spalten nicht lohnte, in eine Ecke.»
Nachhaltiger Ansatz in der Landwirtschaft
«20 Prozent unseres Betriebs ist Biodiversitätsförderfläche. Der grösste Teil davon sind Wiesen, die wir nicht düngen und später schneiden. Dadurch gibt es sehr viele Blumen und altes Gras, das stehenbleibt. Somit haben wir viel mehr Insekten und Schmetterlinge. Im Obstgarten mit den alten Bäumen und dem toten Holz Haben wir viele Spechte, Singvögel, Fledermäuse und das Hermelin. Auf dem Acker legten wir einen Krautsaum an, der nicht komplett geschnitten wird. Dort haben Insekten und grössere Tiere ihren Rückzugsort. Auch gibt es immer wieder ein paar Meter Hecken, die den Vögeln und Wieseln ein Nahrungsangebot und ebenfalls einen Rückzugsort bieten.
Bei uns gibt es viele Mäuse. Da ich keine Lust habe, Fallen aufzustellen, wird die Mäusejagd von den Wieseln übernommen. Vor allem wenn man junge Obstbäume setzt, sind deren Wurzeln sehr beliebt. Dann ist es gut, wenn Wiesel hier zum rechten schauen, damit die Mäuse diese nicht kaputt machen.
Wird es Herbst, wechseln die Hermeline das Fell von braun zu weiss, was biologisch bedingt, hier jedoch nicht von Vorteil ist, da es meist wenig Schnee hat. Dadurch fallen sie mit ihrem weissen Fell nur noch mehr auf. Der Unterschied vom Hermelin zum Mauswiesel ist, dass Letzteres etwas kleiner ist und im Winter nicht weiss wird. Deshalb kann man sie dann fast am besten unterscheiden. Beide Arten halten keinen Winterschlaf.»
Der Feind der Wiesel
«Greifvögel, Füchse und Katzen sind die Feinde der Wiesel. Deshalb ist es wichtig, dass sie Strukturen haben, wie zum Beispiel Wiesen, wo das Gras ein bisschen höher steht. So können sie sich oberirdisch bewegen, ohne dass der Turmfalke sie gleich erblickt. Ist das Gras ganz abgeweidet, sind sie besser sichtbar. Bekomme ich mal ein Hermelin zu Gesicht, weiss ich nie, ob es sich dabei immer um dasselbe handelt, da man sie nie aus der Nähe sieht. Sobald sie mich sehen, verschwinden sie. Würde ich gleichzeitig einige zusammen sehen, wüsste ich mit Bestimmtheit, dass es tatsächlich mehrere sind, die hier leben. Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass eines hier lebt.
Grundsätzlich bin ich schon froh, wenn ich überhaupt eines erblicke. Ich prüfte einmal, ob die Wieselburgen angenommen werden und stellte dafür extra Kameras auf. auf den Bildern war jedoch nie etwas zu sehen. Es kann sein, dass sie einfach von einer anderen Seite herkommen, oder von weiter weg, und die Kamera nicht auslöst. In der Biologie ist es so, dass man Tunnelfallen aufstellt, wo die Wiesel durchgehen müssen. So kann anhand der Pfotenabdrücke ermittelt werden, ob es sich um ein Hermelin, Mauswiesel oder Marder handelt.
Mein Ziel ist es nicht, genau herauszufinden, was für Tiere hier bei uns leben. Zumal mir vorher der Bestand auch nicht bekannt war. Letzten Winter bekam ich eines zu Gesicht. Das heisst für mich: Es hat immer noch welche hier und sie nehmen die Wieselburgen an. Wenn nicht, ist es für mich auch in Ordnung. Dann profitieren Spatzen und andere Tiere davon.»
Spechte, Turmfalken und Schleiereulen
«Ich besitze nicht den Anspruch, eine bestimmte Tierart zu fördern. Allen Tieren um uns herum soll es gut gehen. Und wenn sie sich hier wohlfühlen, ist es umso besser. Ich finde es immer wieder grossartig, Tieren in der Natur zu begegnen – beispielsweise dem Specht, der vorbeifliegt, oder welchen ich höre, wenn er an einen Baum klopft. Schön zu sehen ist auch, wenn der Wiedehopf ab und an zu Besuch kommt und hier sitzen bleibt. Es reicht mir zu sehen, wenn die verschiedenen Arten, die hier sind, auch hierbleiben.
Wir haben einen Turmfalkenkasten oben in der Scheune, der bewohnt ist. Vor drei Jahren brütete eine Schleiereule bei uns. Ihre Jungen wurden von der Vogelwarte beringt, da sie ein Projekt führen, um die Population zu überwachen. Immer wenn es am Abend eindunkelte konnten wir sie beobachten, als sie ausflogen. Achtet man nicht spezifisch auf sie, sieht man sie nicht, da sie nachtaktiv sind. die Schleiereule brütete danach nicht mehr bei uns im Kasten. Ich weiss nicht, ob sie allein ist oder vielleicht in einem Baum brütete, wo ich es nicht mitbekam. Es wäre schön, wenn sie wieder einmal bei uns brüten würde. Es reicht mir aber, wenn ich sie einmal im Jahr zu Gesicht bekomme, sie vorbeischaut und wieder davonfliegt. So weiss ich, dass sie noch hier ist.»
Vermeidung von übermässigem Aufräumen
«Konkrete Pläne oder ein Konzept für die Zukunft habe ich nicht. Ich achte darauf, dass ich beim Bewirtschaften des Betriebs möglichst insektenschonend arbeite und ab und zu eine Hecke plane, wenn es sich irgendwo ergibt. Beim Obstbaumschnitt wird es wieder einen Haufen geben. Wie und wo ich es mache, ergibt sich meistens spontan. Bereits mein Vater tat in der Vergangenheit schon sehr viel und ich konnte einiges übernehmen und optimieren. Und das auf höchstem Niveau.
Ökologisch gesehen kann man nicht alles verändern. Man betreibt schliesslich Landwirtschaft. Es sollte jedoch beides Platz haben. Es gibt Bereiche, in denen man mehr für die Natur tun kann als in anderen. Ich achte darauf, nicht mit Insektizid und Fungizid zu arbeiten. Die Qualität, die wir erreichten, möchten wir beibehalten. Ich kenne viele Bauern, die ebenfalls einiges dafür tun. Da ich eine ökologische Ausbildung besitze ist es für mich einfacher, gewisse Zusammenhänge zu sehen. Schliesslich beschäftigte ich mich tief mit dieser Materie. In der landwirtschaftlichen Lehre ist das kein grosses Thema. Jeder Betrieb soll das tun, was in seiner Möglichkeit steht.
Auf meinem Hof merke ich den Effekt der Diversität. Für mich ist das jedoch typisch schweizerisch, räumen wir doch immer und überall viel zu sehr auf – sei dies um das Haus herum, im Garten oder auf den Landwirtschaftsbetrieben. Alles muss stets sauber sein. Das ist nicht förderlich für die Biodiversität. Schön wäre, wenn man ein paar Blumen stehen lassen würde und über den Winter einfach einen Laubhaufen liegen lässt, statt die Blätter in den Kompost zu werfen. Das allein hilft schon enorm. Es kann jede und jeder von uns tun, unabhängig davon, wie viel Land man besitzt.»
VANESSA SACCHET