Vanessa Sacchet im Gespräch mit Michael Büsser
04.01.2025 Ettenhausen, Leute aus der RegionMichael Büsser, geboren am 17. Januar 1994 in Frauenfeld, wuchs zusammen mit seiner jüngeren Schwester in Aadorf auf. Seine Lehre als Zimmermann EFZ absolvierte er bei der Firma P. Baumgartner AG in Ettenhausen, die seit 75 Jahren besteht. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung ...
Michael Büsser, geboren am 17. Januar 1994 in Frauenfeld, wuchs zusammen mit seiner jüngeren Schwester in Aadorf auf. Seine Lehre als Zimmermann EFZ absolvierte er bei der Firma P. Baumgartner AG in Ettenhausen, die seit 75 Jahren besteht. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung blieb er dem Unternehmen treu. Vor vier Jahren übernahm er gemeinsam mit Yves Baumgartner und Philipp Schrakmann die Geschäftsführung, und im Januar 2024 kauften sie das Unternehmen. Gemeinsam stellten sie sicher, dass die traditionsreiche Firma zukunftsorientiert und erfolgreich weitergeführt wird.
«Schon früh spielte Holz eine wichtige Rolle in meinem Leben. Ich bastelte und werkelte gerne, verbrachte viel Zeit im Wald und baute Baumhütten. In meiner Familie stand zwar eher das Thema Autogarage im Vordergrund. Ich absolvierte sowohl eine Schnupperlehre als Automechaniker als auch als Zimmermann. Schnell wurde klar, dass mir das Handwerk des Zimmermanns mehr lag. So entschied ich mich, meine Lehre bei der Firma P. Baumgartner zu absolvieren. Im Alter von 19 Jahren, direkt nach meinem Abschluss, eröffnete mir Paul Baumgartner im Weihnachtsgespräch, dass er in mir das Potenzial sieht, eines Tages als Nachfolger in seine Fussstapfen zu treten. Er zeigte mir die Möglichkeit auf, die Firma zu übernehmen. Die zukünftige Leitung des Unternehmens war nicht von Anfang an klar, aber in den letzten fünf bis sechs Jahren kristallisierte sich heraus, dass Philipp Schrakmann, Yves Baumgartner und ich die Geschäftsführung übernehmen würden. Philipp, ursprünglich gelernter Schreiner, bildete sich zum Zimmermann weiter und ist Fertigungsspezialist. Yves, der Sohn von Ivo Baumgartner, schloss ebenfalls seine Lehre als Zimmermann ab und ist inzwischen diplomierter Holzbautechniker und Brandschutzfachmann.»
Ein Generationswechsel mit Verantwortung und Vertrauen
«Der Übergang in die Geschäftsleitung war ein spannender Schritt für uns drei. Ebenso für die Seniorchefs, die ihre Führungsaufgaben Stück für Stück an uns übergaben und uns das Tagesgeschäft anvertrauten. Sie blieben im Hintergrund aktiv, und einmal wöchentlich hielten wir gemeinsam eine Geschäftsleitungssitzung, um uns abzustimmen. Jahr für Jahr zogen sie sich weiter zurück, und wir erhielten immer mehr Freiraum, um uns mit den neuen Aufgaben vertraut zu machen. Diese Freiheit war für mich besonders wertvoll, und ich wusste sie sehr zu schätzen. Eine neue Herausforderung bestand darin, das gesamte Unternehmen zu leiten, anstatt nur das Projektgeschäft, mit dem wir alle vertraut waren. Für mich persönlich bedeutete das vor allem, die Verantwortung für die Personaleinteilung zu übernehmen. Ich musste die 24 Mitarbeiter so organisieren, dass ihre Fähigkeiten den Anforderungen der jeweiligen Baustellen entsprachen und alles zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.
Spezielle Weiterbildungen brauchte ich nicht, da ich bereits gut vorbereitet war. Im Jahr 2014 schloss ich die Vorarbeiterschule ab und absolvierte zwei Jahre später die Polierschule. Anschliessend vertiefte ich meine Kenntnisse im Nachdiplomstudium in Unternehmensführung in Biel und erwarb den Abschluss als Holzbaumeister. Es war dennoch eine neue Erfahrung, plötzlich in der Geschäftsleitung zu stehen. Die Akzeptanz im Team war jedoch sehr gross, obwohl ich jünger bin als viele meiner Kollegen. Es ist mir eine grosse Ehre, von den älteren Mitarbeitern Respekt und Anerkennung zu erhalten. Im Januar 2024 haben Ivo und Paul Baumgartner die Liegenschaft und die Firma an uns verkauft und sich vollständig aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Paul geniesst nun seinen Ruhestand und besonders die Zeit mit seinem Enkelkind. Ivo hingegen hat eine kleine Firma gegründet, um weiterhin in seinem Bekanntenkreis Bauleitungs- und kleinere Architekturaufträge zu übernehmen.»
Tradition bewahren, Innovation fördern
«Von Anfang an haben wir klar kommuniziert, dass wir nicht alles radikal verändern wollen. Natürlich versuchen wir, kleinere Verbesserungen vorzunehmen und veraltete Prozesse sowie Maschinen zu modernisieren. Dennoch stehen wir voll und ganz hinter der Art und Weise, wie der Betrieb über all die Jahre geführt wurde, und möchten die bestehenden Werte weiterleben lassen, insbesondere in den verschiedenen Geschäftsbereichen. Stark vertreten sind wir seit Jahren im Bereich Pferdesport. Dort wollen wir das Bild korrigieren, dass wir ausschliesslich Reithallen und Pferdeställe bauen. Es ist uns wichtig, zu betonen, dass wir auch als lokale Zimmerleute, Schreiner und Architekten tätig sind und das sowohl für kleine als auch für grosse Holzbauprojekte. In den letzten zehn Jahren entstand fälschlicherweise der Eindruck, dass wir nicht der geeignete Betrieb sind für den Hausbau. Doch im Bereich Architektur sind wir ein kompetenter Ansprechpartner, sei es für den Bau eines Wintergartens, eines Carports, einer Aufstockung oder sogar eines kompletten Neubaus. Wir bieten unseren Kunden eine umfassende Lösung an. Dazu gehört die Vertretung gegenüber Behörden, die Erstellung von Baueingaben und die Koordination aller erforderlichen Vorleistungen. Vom Entwurf über den Holzbau bis hin zur Schreinerei decken wir das gesamte Spektrum ab. Dabei haben wir festgestellt, dass die Kunden es schätzen, einen zentralen Ansprechpartner für alle Arbeiten zu haben. Wir übernehmen auch die Bauleitung und koordinieren die Arbeiten der Subunternehmer wie Maurer, Maler oder Plattenleger.»
Mitarbeiterentwicklung und Ausbildung im Fokus
«Viele unserer Mitarbeiter sind seit langer Zeit im Unternehmen tätig. Besonders stolz sind wir auf drei Mitarbeiter, die ihre berufliche Laufbahn bei uns im Alter von 15 Jahren begonnen und bis zu ihrem 65. Lebensjahr in der Firma P. Baumgartner gearbeitet haben.
Die Ausbildung von Lehrlingen spielt für uns eine zentrale Rolle, besonders im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Erfreulicherweise haben wir nun zum ersten Mal eine Zimmerin in Ausbildung. Unser Ziel ist es, jedes Jahr zwei Lehrlinge auszubilden. In Spitzenzeiten bedeutet dies, dass wir bis zu acht Lehrlinge im Bereich Holzbau betreuen – vom ersten bis zum vierten Lehrjahr. Zudem bilden wir auch einen Hochbauzeichner aus, der in den Zuständigkeitsbereich von Yves Baumgartner fällt. In der Schreinerei planen wir eine Aufstockung des Personals, und langfristig möchten wir dort ebenfalls einen Schreinerlehrling ausbilden. Derzeit sind wir 37 Mitarbeiter im Betrieb, einschliesslich der Geschäftsleitung.
Als Ausgleich zur Arbeit geniesse ich meine Freizeit, so knapp sie auch sein mag, beim Ausreiten mit meinem eigenen Pferd. Zudem bin ich Präsident des Kavallerievereins Hinterthurgau. Gemeinsam mit meiner Partnerin kümmern wir uns um unseren Parson Russell Terrier Welpen, der uns auf Trab hält. Ein weiterer wichtiger Rückzugsort ist für mich mein eigenes, kleines Waldstück in der Umgebung. Im Sommer verbringe ich dort gerne Zeit beim Spazieren und Grillieren. Im Winter bewirtschafte ich den Wald, indem ich Bäume fälle und neu anpflanze. Langeweile kenne ich nicht, und den Schritt in die Selbstständigkeit, den ich gemeinsam mit meinen beiden Kollegen gewagt habe, habe ich bis heute keine Sekunde bereut.»
VANESSA SACCHET