Vanessa Sacchet im Gespräch mit Mathias Eisenring
10.08.2024 Ettenhausen, Leute aus der RegionMathias Eisenring, geboren am 2. November 1994 in Wil, wuchs mit zwei Brüdern und einer Schwester auf. Der gelernte Metallbauer lebt in einer Partnerschaft. Schon früh hegte er den Traum, sich selbstständig zu machen. Mit gerade einmal 22 Jahren fasste er den mutigen Entschluss, ...
Mathias Eisenring, geboren am 2. November 1994 in Wil, wuchs mit zwei Brüdern und einer Schwester auf. Der gelernte Metallbauer lebt in einer Partnerschaft. Schon früh hegte er den Traum, sich selbstständig zu machen. Mit gerade einmal 22 Jahren fasste er den mutigen Entschluss, sein Vorhaben in die Realität umzusetzen. Er erzählt von den Herausforderungen und dem Einsatz, der nötig war, um diesen Schritt zu wagen.
«Mein Onkel besitzt einen Schlossereibetrieb, in dem ich schon früh gelegentlich aushalf. Dabei wurde mir klar, dass ich mich in diese Richtung entwickeln wollte, weil mir gefiel, was mein Onkel tat. Ich absolvierte eine Schnupperlehre und entschied mich für die vierjährige Metallbauerlehre. Während der Ausbildung musste jeder eine Selbstvertiefungsarbeit schreiben, über ein beliebiges Thema, das wir vor der Klasse präsentieren mussten. Ein Kollege schlug mir das Thema Unternehmensgründung vor, da er vorhatte, sich selbstständig zu machen. Obwohl ich damals noch nicht konkret darüber nachdachte, in die Selbstständigkeit zu gehen, weckte es Ambitionen in mir. Die Arbeit, die ich verfasste, war sicherlich mitverantwortlich, dass ich mich intensiv mit der Thematik auseinandersetzte. Was benötigt man, um sich selbstständig zu machen? Was bedeutet es, selbstständig zu sein? Welche Fähigkeiten und Aufgaben sind damit verbunden?»
Mit 22 Jahren in die Selbstständigkeit
«Klar macht man sich Gedanken darüber, dass das Vorhaben scheitern könnte. Die Angst vor dem Versagen oder Übersehen wichtiger Details war stets präsent. Manche Dinge, von denen ich ausging, dass sie funktionieren würden, könnten eine Herausforderung darstellen und gar scheitern. Es erforderte vor allem Mut, den Schritt wirklich zu wagen und nicht nur darüber zu sprechen. Mein Onkel war eine wichtige Stütze und half mir dabei, den Einstieg zu erleichtern. Gerade in den ersten Wochen und Monaten der Selbstständigkeit konnte er mir bestimmte Aufträge zuweisen, sodass ich nicht bei null beginnen musste. Auch durfte ich von Beginn an für meinen ehemaligen Lehrbetrieb arbeiten, was ich auch heute noch gelegentlich bei Montageaufträgen tue. So baute ich mir ein kleines Netzwerk auf, das sich deutlich erweiterte.
Der Gedanke, was passiert, wenn doch alles schiefgeht, ist immer im Hinterkopf. Ein grosses finanzielles Risiko hatte ich nicht, da ich keine Werkstatt oder Räumlichkeiten mieten musste. Ich durfte die Werkstatt meines Onkels nutzen, was meine Fixkosten niedrig hielt. Die grösste Investition war der Kauf eines Montageautos etwa ein halbes Jahr nach der Firmengründung. Das ermöglicht mir, für Montagearbeiten voll einsatzfähig zu sein. Weil ich einen Einblick in viele Betriebe erhielt, konnte ich mir einen soliden Ruf in der Branche erarbeiten.»
Führen eines Einmannbetriebs
«Mein Cousin arbeitete nach seinem Lehrabschluss für ein halbes Jahr bei mir, bevor er in die Rekrutenschule musste. Zwischendurch beschäftigte ich Mitarbeiter auf Stundenbasis. Grundsätzlich bin ich jedoch ein Einmannbetrieb. Seit Beginn meiner Selbstständigkeit hatte ich das Glück, kontinuierlich mit Arbeit versorgt zu sein. Ich musste nie aktiv Kunden akquirieren, da meine Auslastung recht konstant war.
Die Branche bot mir auch während Corona interessante Möglichkeiten, wenngleich anfangs gewisse Ängste aufkamen, dass alles einbrechen könnte. Entgegen meinen Befürchtungen erwies sich die Pandemie als Chance, da ich vermehrt Privatkunden gewinnen konnte. Dies war anfangs nicht mein Hauptgeschäftsfeld, da ich mich mehr auf Montageaufträge konzentrierte. Doch während der Pandemie stieg die Nachfrage nach individuellen Projekten. Wahrscheinlich bedingt durch die verstärkte Zeit zu Hause und den Wunsch nach Verbesserungen im Eigenheim, sei dies eine Treppe vom Balkon in den Garten, ein Geländer oder ein Vordach.
Die Arbeit wurde intensiver, aber auch abwechslungsreicher. In meinem Beruf schätze ich vor allem die Vielseitigkeit. Als Metallbauer bin ich nicht nur in der Werkstatt tätig, sondern auch auf Baustellen, wo ich mit verschiedenen Menschen wie Zimmerleuten, Installateuren, Maurern oder Bauleitern zusammenarbeite. Ein grosser Vorteil meiner Arbeit ist, dass ich das Ergebnis direkt sehen kann. Vom Entwurf in der Werkstatt bis zur fertigen Montage vor Ort erlebt man den Fortschritt und Erfolg jedes Projekts hautnah mit. Manche Aufträge sind Routine, wie die Montage von Geländern. Andere Projekte stellen hingegen echte Herausforderungen dar, bei denen man stolz darauf sein kann, was man geschaffen hat. Es ist befriedigend, zu sehen, wie aus den Halbfabrikaten in der Werkstatt am Ende ein fertiges Produkt entsteht und es das Umfeld des Kunden verschönert.
Mein grösster Auftrag war die Montage von Aluminiumfenstern an der ZHAW, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, in Winterthur. Es waren rund 300 Laufmeter Fenster, keine Standardfenster, sondern hohe mit einem Fassadenteil. Für dieses Projekt musste ich zusätzliche Arbeitskräfte auf Stundenbasis einstellen. Wir waren zu dritt, manchmal zu viert auf der Baustelle.»
Ein Schritt ohne Reue
«Die Entscheidung, mich selbstständig gemacht zu haben, bereue ich keine Sekunde. Ich war gerade mal 22 Jahre alt, als ich diesen Schritt wagte. Und ich würde ihn sofort wieder tun, ohne gross zu überlegen. Natürlich gibt es Momente, in denen man sich nach der Sicherheit eines Angestelltenverhältnisses sehnt, wo man morgens zur Arbeit geht, einen Auftrag erhält und abends nach Hause zurückkehrt, ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen. Doch die Selbstständigkeit bedeutet eine andere Form der Verantwortung. Man fühlt sich rund um die Uhr verantwortlich und denkt anders über die Arbeit, wenn man für sich selbst sorgen muss und in die eigene Tasche wirtschaftet.
Auch die Ferienzeit als Selbstständiger ist anders. Ich nehme mir frei, wenn meine Partnerin Urlaub geplant hat. Ich gewöhnte mir an, während dieser Zeit den Telefonbeantworter einzuschalten, wo klar erwähnt wird, dass ich nicht zu erreichen bin. Da mein privates Handy gleichzeitig mein geschäftliches ist, erfordern einige Anrufe und E-Mails auch während der Ferien meine Aufmerksamkeit. Es fällt mir jedoch immer leichter, abzuschalten, um die Erholung zu geniessen. Die ist schliesslich nötig, um danach wieder mit voller Energie durchzustarten.
In Zukunft möchte ich eine eigene Werkstatt besitzen und mich mehr auf private Projekte konzentrieren. Zwar sind Montageaufträge interessant, aber langfristig will ich weniger als Subunternehmer tätig sein. Mein Ziel ist es, mich in der Branche weiter zu etablieren und weiterhin Freude an meiner Arbeit zu haben.»
VANESSA SACCHET