Vanessa Sacchet im Gespräch mit Kurt Bühler
02.12.2023 ElggKurt Bühler, geboren am 6. November 1980 in Winterthur, wuchs mit zwei älteren Schwestern auf. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und stammt aus einer Metzgerfamilie. Sein Vater, Grossvater sowie sein Onkel waren leidenschaftliche Fleischproduzenten. Wie es dazu kam, dass auch er den ...
Kurt Bühler, geboren am 6. November 1980 in Winterthur, wuchs mit zwei älteren Schwestern auf. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und stammt aus einer Metzgerfamilie. Sein Vater, Grossvater sowie sein Onkel waren leidenschaftliche Fleischproduzenten. Wie es dazu kam, dass auch er den Beruf des Metzgers erlernte und weshalb er heute ein Restaurant besitzt, erzählt uns der 43-Jährige.
«Mein Grossvater übernahm vor 80 Jahren die Metzgerei an der Vordergasse 18 in Elgg und führte diese für lange Jahre zusammen mit meiner Grossmutter. Er war sehr erfolgreich im Fleischhandel tätig. Leider verstarb er früh und die Metzgerei wurde zehn Jahre lang verpachtet. Danach übernahm sie meine Grossmutter. Mein Vater sowie mein Onkel waren gelernte Metzger. Als meine Grossmutter starb, hatte mein Onkel andere Pläne, mein Vater übernahm die Metzgerei und führte diese zusammen mit meiner Mutter für 40 Jahre. Meine Schwestern und ich wuchsen sozusagen in der Metzgerei auf, da sich die Küche und der Wohnbereich auf gleicher Etage befanden. Um 5 Uhr wurde der Kutter eingeschaltet und Sauerkraut gekocht. So erwachten wir wegen der lauten Motoren und dem Geruch. Früher produzierte man noch im Dorf und wir Kinder waren mittendrin.
Geplant war nicht von Anfang an, dass ich ebenfalls den Beruf des Metzgers erlerne. Da ich mich bereits als kleiner Bube für Sport interessierte, wollte ich mich lieber körperlich betätigen. Als es zur Berufswahl kam, entschied ich mich doch für die Metzgerlehre, da ich es für eine gute Sache hielt. Bereut habe ich es bis heute nicht. Ich bildete mich weiter, machte die Berufsprüfung und den technischen Kaufmann, arbeitete in der Industrie. Als 25-Jähriger führte ich bereits eine Metzgereifiliale in Winterthur, die ich einmal übernehmen wollte. Damit klappte es aber nicht und ich wechselte in die Fleischindustrie, wo ich mit der ganzen Produktion und Technologie eine Menge lernte.
Als meine Eltern mit der Metzgerei aufhörten, mussten wir uns Gedanken darüber machen, ob wir weiterhin unsere Hamburger am Äschlimittwoch anbieten möchten. Ich fand es cool, für ein bis zwei Tage im Jahr am Grill zu stehen und Fleisch zu braten. Meine Frau Noëmi und ich entschlossen uns, dies weiterzuführen. Der Stand meiner Eltern war in all den Jahren etwas marode geworden. Da kam mir die Idee mit dem Schiffscontainer.»
Ausschreibung der Stadt Winterthur gewonnen
«Wir begannen zu planen, und merkten schnell, dass ein solcher Schiffscontainer zu teuer ist, um ihn nur ein- bis zweimal im Jahr zu nutzen. Daraus entstand die Idee, ihn in der Stadt Winterthur aufzustellen. Vorgängig war am späteren Standort immer ein Marronistand platziert. Für den Betreiber wurde es zu teuer, die Stadt suchte nach einer neuen Lösung und schrieb diesen Standort aus. Wir nahmen an der Ausschreibung teil und gewannen sie. So durften wir unseren Container am 17. Oktober 2019 vis-à-vis des Restaurant Tibits im Graben platzieren und starteten erfolgreich damit.
Dann kam Corona und es gab zusätzlich eine riesengrosse Diskussion wegen des Containers. Private Personen gingen juristisch gegen uns vor und wir mussten dort weg. Obwohl die Gewerbepolizei einverstanden war, dass unser Container für die nächsten Jahre dort platziert bleibt und das ganze Jahr betrieben wird. Juristisch gesehen ist es so, dass man in der Stadt eine Baubewilligung benötigt, wenn man einen Stand betreibt und mehrmals in der Woche etwas verkauft. Wir mussten ein Gesuch eingeben, doch das wurde nicht bewilligt, da das ganze viel zu komplex ist mit all den Ämtern. Eine neue Lösung musste her, denn die Nachfrage nach den Burgern war gross. Wir merkten schnell, dass wir im Container das alles nicht bewältigen können. Um Planungssicherheit zu haben, wollten wir etwas Festes.»
«Burgerchuchi by Küde»
«Vor zweieinhalb Jahren konnten wir uns in Winterthur in ein Restaurant einmieten und etablierten uns seither. Die Leute kennen uns, das Tagesgeschäft läuft super und wir sind mehr als zufrieden. Wir bieten ein sehr leckeres Produkt und die Grundrezeptur des Fleisches ist einzigartig. Das Burgerproduzieren ist mein Beruf, den ich beherrsche. Wer bei uns einen bestellt, bekommt diesen rasch. Das Essen ist frisch, qualitativ hochstehend und der Preis stimmt.
Ein Teil unseres Konzepts ist die Zusammenarbeit mit regionalen Produzenten. Wir schauen auch auf das Herkunftsland der Rohmaterialien und dass diese, soweit möglich, aus der Schweiz sind. Wir bieten auch einen Burger-Eistee vom Holderhof St. Gallen an. Die veganen Saucen lassen wir herstellen, nach Rezeptur meines Vaters. Neu bieten wir eine Burgerbox an, die man mit nach Hause nehmen kann, um die Burger selbst daheim zuzubereiten – inklusive der feinen Saucen. Von den ersten 20 Bestellungen, die wir erhielten, waren 80 Prozent von Personen aus Elgg. Das war cool!»
Zehn Angestellte, teils mit Migrationshintergrund
«Dieses Jahr waren wir zum ersten Mal an der Musikfestwoche dabei. Unter anderem bieten wir auch Caterings an und expandieren stark. Soziales Engagement ist uns wichtig. Deshalb beschäftigen wir Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen mit Migrationshintergrund. Früher als ich in der Industrie tätig war, hatte es viele solche und ich arbeitete sehr gerne mit ihnen zusammen. Sie benötigen eine Perspektive.
So entwickelte ich ein Verkaufskonzept. Meine Mitarbeiter haben einen engen Kundenkontakt, da wir die Burger direkt an der Front vor dem Kunden produzieren. Dieser kann den Burger, das Brot und die Sauce selbst wählen und alles wird innert weniger Minuten zusammengestellt. Gerade für Leute mit Migrationshintergrund ist es wichtig, mit unseren Kunden zu kommunizieren. Nur so lernen sie unsere Sprache und Kultur. Sie kommen in Kontakt mit den unterschiedlichsten Leuten und erhalten wiederum eine grosse Wertschätzung. Der Arbeitsplatz ist optimal, denn die Prozesse sind sehr einfach gehalten und lernbar. Es ist keine hochkomplexe Küche, die wir betreiben. 50 bis 60 Prozent unserer Angestellten haben einen Migrationshintergrund. Das Ziel ist nicht, dass die Leute alle vom selben Ort stammen und sich in ihrer Heimatsprache unterhalten können. Wir beschäftigen Syrer, Eritreer, Letten, Kolumbianer und Rumänen.
Wir sind nun seit vier Jahren in Winterthur und können uns vorstellen, das ganze weiter auszubauen. Die Zeiten wandelten sich, den Metzger im Dorf, der von Montag bis Samstag produziert, gibt es nicht mehr. Das ist heute schlichtweg nicht mehr möglich. Man muss sich den Gegebenheiten anpassen. Zu guter Letzt wurde ich Gastronom und das bereitet mir enorm Freude. Ich habe immer noch mit Lebensmitteln zu tun, bin für meinen Hintergrund dankbar und weiterhin offen für Neues.»
VANESSA SACCHET