Vanessa Sacchet im Gespräch mit Jürg Rengel
04.11.2023 Elgg, Leute aus der RegionJürg Rengel, geboren am 16. Juni 1969 in Winterthur, wuchs zusammen mit seinem Bruder auf. Der Diplomierte Betriebsleiter im Strassentransport ist verheiratet und arbeitet als Gattermeister-Chef im Schwarzwildgewöhnungsgatter Elgg. Dies ist eine Ausbildungsstätte für Hunde, ...
Jürg Rengel, geboren am 16. Juni 1969 in Winterthur, wuchs zusammen mit seinem Bruder auf. Der Diplomierte Betriebsleiter im Strassentransport ist verheiratet und arbeitet als Gattermeister-Chef im Schwarzwildgewöhnungsgatter Elgg. Dies ist eine Ausbildungsstätte für Hunde, welche auf die Schwarzwildjagd und für die Nachsuche auf Schwarzwild eingesetzt werden. Dort lernen die Hundeführer mit ihren Vierbeinern unter fachkundiger Begleitung den zielgerichteten Umgang mit Wildschweinen.
«Das Schwarzwildgewöhnungsgatter wurde 2019 eröffnet und umfasst sechs Hektaren, welche in vier Arbeitsbereiche unterteilt sind. In diesen leben insgesamt zwölf Wildschweine. Bei den Übungen geht es darum, dass die Hunde, die auf der Jagd eingesetzt werden, mit dem Schwarzwild in Kontakt kommen, um dessen Verhalten kennenzulernen. Das ist wichtig, da Wildschweine als wehrhafte Tiere gelten und durchaus einen Angriff gegen die Hunde starten können.
Um Gattermeister zu werden, braucht es eine grosse Passion für die Hundearbeit und Jagd. Man muss Jäger sein. Weiter ist es von Vorteil, wenn man Nachsuchehundeführer ist oder Stöberhunde hat. Solche Gatter gib es auch in Deutschland und Frankreich. Die Schweiz hebt sich diesbezüglich vom Ausland ab, da es hier eine sehr detaillierte Ausbildung braucht. Diese ist fachspezifisch und berufsunabhängig nötig zur Haltung von Schwarzwild für den Einsatz in der Jagdhundeausbildung ‹FBA-Gattermeister nach TKJ›. Sie ist sehr intensiv und umfasst rund 60 Praktikumstage. Abgeschlossen wird sie mit einer schriftlichen Theorieprüfung in den Bereichen Umgang mit Wildschweinen, Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen sowie Erste Hilfe bei Tier (Hund und Wildschwein) und Mensch.
Wir sind sicher Idealisten und machen diesen Job aus Verbundenheit gegenüber den Jagdhunden und der Jagd. Wahrscheinlich muss man auch ein bisschen verrückt sein. Gatterbetrieb ist jeweils ab anfangs März bis Ende Oktober, danach gehen die Wildschweine in ihre wohlverdiente Winterpause. Während der Saison werden während vier Halbtagen pro Woche Termine für unsere Besucher angeboten. Jeweils am Dienstag- und Freitagnachmittag sowie Mittwoch- und Samstagmorgen. So werden die Gattermeister und Wildschweine nicht überbeansprucht. Wir sind ein Team von 17 motivierten Gattermeistern, die jede Übung genau planen, durchführen und danach im Detail besprechen. Dabei hilft uns eine sehr gute IT-Lösung damit alles schriftlich kommuniziert und erfasst ist.»
Im Gatter befinden sich zwölf Wildschweine
«Die Wildsauen sind keine Wildfänge, die man draussen im Wald eingefangen und ins Gatter gebracht hat. Sie stammen aus Schweizer Tierparks und sind allenfalls ein wenig daran gewöhnt, dass ab und zu eine Person da ist. Wir haben einen intensiven Kontakt zum Schwarzwild, was auch den Umgang erleichtert. Nicht alle zwölf Wildsauen stammen aus demselben Tierpark. Der grosse Vorteil der Wildgewöhnung in einem solchen kontrollierten Umfeld wie dem Gatter ist, dass der Hund im geschützten Rahmen die Wehrhaftigkeit des Schwarzwilds erkennen und erlernen kann. Klar gibt es keine Garantie dafür, dass später nie etwas passieren wird. Aber es hilft dem Hund, das Risiko besser zu beurteilen. So lernen sie, nicht auf Wildsauen loszugehen. Das möchte weder der Jäger noch sonst wer. Wenn die Hunde kontrolliert an das Schwarzwild herangeführt werden merken sie schnell, dass die Wildsauen stärker sind, jedoch kein interesse haben, den Hund anzugreifen oder herauszufordern, sondern – wenn möglich – lieber flüchten. Wir wecken auch das Interesse, damit der Hund das Schwarzwild nicht zu meiden versucht und es sucht. Das können wir ihm im Gatter gut angewöhnen.
Alle, die zu uns kommen, sind Jäger mit ihren Hunden. Hauptsächlich geht es darum, die Jagdhunde auf das Schwarzwild zu sensibilisieren. Das sind einerseits Nachsuchhunde mit denen man zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall verletzte Sauen sucht. Oder wenn sie durch etwas anderes verletzt worden sind. Andererseits die Stöberhunde, die bei der Jagd allenfalls in Kontakt mit dem Schwarzwild kommen. Es geht darum, wie sie reagieren müssen. Das Training im Gatter vermittelt Hund und Besitzer eine gewisse Sicherheit. So sieht Letzterer beispielsweise, wie sein Hund mit dem Wild umgeht, wenn er auf dieses trifft. So, dass er nicht halsbrecherisch auf die Sau losgeht, sondern sie anzeigt und Druck macht, damit sie sich beweg und man sie wahrnimmt.»
Vielfältige und anspruchsvolle Ausbildung
«Bei uns im Gatter wird der Hund je nach Einsatz individuell an das Thema herangeführt. Man nennt es Gewöhnungsgatter, da man den Hund an die Wildart gewöhnt. Wenn der Hund das begriffen hat und weiss, wie es funktioniert, kann man den sogenannten Nachweis erbringen und prüfen, ob es wirklich klappt. Ist dieser erbracht, ist die Ausbildung im Gatter abgeschlossen. Zurück kommt nur, wer auf der Jagd ein negatives Erlebnis hatte, bei dem vielleicht trotz allem ein Hund von einer Sau verletzt oder überrannt wurde. dann könnte man das im Gatter noch einmal aufbauen, um dem Hund mehr Sicherheit zu vermitteln, damit er im Umgang gelöster mit der Situation umgehen kann», erklärt Jürg Rengel.
Auf die Frage, was er an seiner Arbeit am meisten schätze, gibt der Gattermeister zur Antwort: «Dass ich mit sehr vielen Jägern und ihren unterschiedlichen Hunden in Kontakt komme. Das ist eine grossartige Erfahrung. Auch die Kontakte, die sich mit all den Besuchern ergeben. Es ist eine sehr spannende, schöne Aufgabe und eine wirklich wichtige Sache für den Hund. Das gibt mir persönlich ein gutes Gefühl.
Meine Ziele als Verantwortlicher von 17 Gattermeistern ist, dass wir die Ausbildungen auf einem sehr hohen Level halten können. Es ist nicht getan mit einer Grundausbildung. Wir schulen uns permanent weiter. Jedes Jahr gibt es Weiterbildungen mit hochspezialisierten Trainern. Auch die erste Hilfe für Hund und Person gilt es immer wieder aufzufrischen. Ich glaube, was den Ausbildungsstand der Gattermeister betrifft, kann ich mit Recht sagen, dass wir eines der führenden Schwarzwildgewöhnungsgatter sind. Darauf bin ich sehr stolz und es ist ein Ansporn, dieses Niveau weiterhin hochzuhalten, mit einer grossartigen Crew, die eine tolle Arbeit leistet. Ihnen gilt mein spezieller Dank.»
VANESSA SACCHET