Vanessa Sacchet im Gespräch mit Ida Horber
26.04.2025 WeiernIda Horber wurde am 30. August 1957 in Lenggenwil geboren und wuchs mit ihren beiden Schwestern in einfachen Verhältnissen auf einem kleinen Bauernhof auf. Schon früh träumte sie davon, Krankenschwester zu werden, doch dieser Wunsch liess sich nicht verwirklichen. ...
Ida Horber wurde am 30. August 1957 in Lenggenwil geboren und wuchs mit ihren beiden Schwestern in einfachen Verhältnissen auf einem kleinen Bauernhof auf. Schon früh träumte sie davon, Krankenschwester zu werden, doch dieser Wunsch liess sich nicht verwirklichen. Stattdessen machte sie eine Ausbildung zur Verkäuferin und absolvierte die Handelsschule. Heute ist sie verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Als Pensionärin bleibt sie weiterhin aktiv und engagiert sich beim Rotkreuz-Fahrdienst der Gemeinde Aadorf, wo sie für die Hauptleitung zuständig ist.
«Der Rotkreuz-Fahrdienst organisiert Fahrten für Menschen, die aufgrund von Alter oder Krankheit nicht in der Lage sind, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Unsere freiwilligen Fahrerinnen und Fahrer bringen die Fahrgäste von zu Hause zu verschiedenen Zielen, wie etwa Arztterminen, Reha-Sitzungen, Physiotherapie oder in die Alters-Tagesklinik und wieder zurück nach Hause. Die Fahrtkosten, 70 Rappen pro Kilometer inklusive anderthalb Stunden Wartezeit, werden direkt beim Fahrgast eingezogen. In manchen Fällen gibt es eine Fahrpauschale, damit die Kilometer nicht jedes Mal ausgerechnet werden müssen. Alle Einsätze basieren ehrenamtlich und auf freiwilliger Basis. Ab und zu erhalten wir eine Spende. Einmal im Jahr organisiere ich das obligatorische Fahrertreffen, wofür wir vom Rotkreuz Weinfelden 30 Franken pro Fahrer erhalten. Wer sich für den Freiwilligendienst engagiert, dem ist bewusst, dass das Geld nicht im Vordergrund steht».
Eine bereichernde Aufgabe nach der Pensionierung
«Nach meiner Pensionierung überlegte ich, wie ich etwas Gutes tun könnte, da ich in meinem Leben viel Glück hatte und oft auf der Sonnenseite des Lebens stand. Durch den Newsletter von Benevol, der Freiwilligenplattform, wurde ich auf verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten aufmerksam. Zunächst interessierte mich der Notrufdienst. So bin ich zwei Mal pro Woche für den Notrufdienst für das Schweizerische Rote Kreuz Zürich in den Regionen Winterthur, Zürich Oberland und Schaffhausen unterwegs. Bestellt jemand ein Notrufarmband, installiere und teste ich das Gerät vor Ort. Da mein Mann bereits im Rotkreuz-Fahrdienst aktiv war, wurde ich von der damaligen Einsatzleiterin gefragt, ob ich die Hauptleitung und die gesamte Administration für den Fahrdienst übernehmen möchte. Dazu gehört das Erstellen von Quittungen, das Übermitteln von Dokumenten für die Statistik und weitere organisatorische Aufgaben. Da ich gerne Büroarbeiten erledige, sagte ich zu und übernahm Ende September 2023 die Hauptleitung.
Ich selbst fahre keine Einsätze. Da wir das Team der Einsatzleitung auf fünf Personen aufgeteilt haben, bin ich alle vier bis fünf Wochen für eine Woche im Einsatz. Während dem Telefondienst von 8 bis 17 Uhr, nehme ich die Aufträge der Fahrgäste entgegen und organisiere bis zum darauffolgenden Dienstag die passenden Fahrer. Einige Anfragen erreichen uns auch per E-Mail. Zusätzlich gehören weitere administrative Aufgaben zu meinem Bereich: Monatsquittungen für die Fahrgäste schreiben, die diese beispielsweise bei der Invalidenversicherung einreichen können. Für die Heilpädagogische Schule in Frauenfeld erstelle ich zudem eine monatliche Rechnung. Zu Beginn eines jeden Jahres müssen die Fahrstatistiken aller Fahrer nach Weinfelden übermittelt werden. Zurzeit sind 22 freiwillige Fahrer aus der Gemeinde Aadorf im Einsatz und machen durchschnittlich 150 Fahrten pro Monat».
Mehr als nur eine Fahrt – Verlässliche Hilfe und Begleitung
«Wir haben Fahrgäste die drei Mal pro Woche nach Frauenfeld zur Dialyse müssen. Diese Fahrten organisieren wir bereits einen Monat im Voraus und achten darauf, dass möglichst dieselben Fahrer an festen Tagen im Einsatz sind. Dadurch entsteht eine gewisse Regelmässigkeit und die Fahrgäste haben nicht jedes Mal eine neue Begleitperson. Oft rufen Fahrer selbst an, um uns mitzuteilen, dass ein Fahrgast einen weiteren Termin hat und sie die Fahrt gerne wieder übernehmen würden. Viele unserer Fahrgäste sind uns inzwischen gut bekannt, vor allem jene, die regelmässig in die Alters-Tagesklinik gebracht werden müssen. Gerade für demenzkranke Personen ist es wichtig, dass sie vertraute Fahrer haben, weshalb wir auch hier auf Kontinuität achten.
Der Rotkreuz-Fahrdienst ist in vielen Kreisen bekannt, doch es gibt immer wieder Menschen, die sich erkundigen, was genau wir tun und welche Kosten anfallen. Unser Dienst ist unter anderem auf der Website der Gemeinde, der Spitex sowie in ausgelegten Flyern zu finden. Auch bei Gemeindeveranstaltungen oder Treffen mit Organisationen wie der Spitex und Pro Senectute wird unser Fahrdienst vorgestellt. Um unseren Service in Anspruch zu nehmen, ist eine Voraussetzung des Roten Kreuzes, dass es den Fahrgästen nicht möglich ist, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Wir dürfen weder mit dem ÖV noch mit Taxis konkurrieren. Der entscheidende Unterschied zum Taxi ist, dass unsere freiwilligen Fahrer die Fahrgäste nicht nur transportieren, sondern sie immer begleiten. Sei es bis zum Schalter im Krankenhaus oder direkt zur Dialyse, wo sie gemeinsam die Abholzeit festlegen. Die Dankbarkeit unserer Fahrgäste ist riesig. Immer wieder kommt es vor, dass sie unseren freiwilligen Fahrern kleine Geschenke machen oder ihnen ein Trinkgeld geben. Besonders zur Weihnachtszeit zeigen sich viele erkenntlich. Solche Gesten und die zahlreichen positiven Rückmeldungen bestätigen uns in unserem Engagement und zeigen, wie wertvoll dieser Dienst für viele Menschen ist».
Flexibilität, Engagement und der Wunsch, Gutes zu tun
«Unsere freiwilligen Fahrer haben unterschiedliche Vorlieben, wenn es um ihre Einsätze geht. Einige bevorzugen längere Fahrten ausserhalb der Gemeinde, während andere lieber innerhalb von Aadorf unterwegs sind. Manche Fahrer stehen nur vormittags oder an bestimmten Tagen zur Verfügung. Da sie ihre Zeit ehrenamtlich zur Verfügung stellen, berücksichtigen wir ihre Wünsche. Gelegentlich kommt es zu Engpässen, da viele unserer Freiwilligen bereits im Ruhestand sind. Manchmal fallen sie krankheitsbedingt aus oder müssen selbst einen medizinischen Eingriff wahrnehmen. Besonders an Dienstagen kann es schwierig werden, da viele unserer Fahrer bei den Turnveteranen aktiv sind und alle 14 Tage an gemeinsamen Wanderungen teilnehmen. In solchen Situationen springen jedoch oft andere ein, selbst wenn sie ursprünglich an diesem Tag nicht fahren wollten. Mein Mann übernimmt in Notfällen häufig eine Fahrt, wenn ich für die Einsatzleitung zuständig bin. Grundsätzlich bitten wir darum, Fahrten zwei bis drei Werktage im Voraus anzumelden. Doch es gibt auch kurzfristige Notfälle. Dann tun wir unser Bestes und setzen alles daran, eine Lösung zu finden. Bisher mussten wir fast keine Fahrten absagen, weil wir trotz aller Bemühungen niemanden für den nächsten Tag organisieren konnten».
Die wahre Erfüllung im Ehrenamt
«Was meine Arbeit so erfüllend macht, ist nicht das Geld, sondern das gute Gefühl, einen sinnvollen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten. Wenn sich neue Fahrer für unseren Fahrdienst interessieren, legen wir grossen Wert darauf, ihnen von Anfang an zu vermitteln, dass es sich hierbei um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt. Unser Engagement basiert auf dem Wunsch, anderen zu helfen und gemeinsam etwas Gutes zu tun. Menschen, die diesen Dienst vor allem aus wirtschaftlichen Gründen in Betracht ziehen, sind daher bei uns nicht an der richtigen Adresse. Wer jedoch Freude daran hat, seinen Mitmenschen zu helfen und die Bereitschaft mitbringt, seine Zeit für das Wohl anderer einzusetzen, wird in dieser Tätigkeit eine tiefe Bereicherung finden. Der persönliche Kontakt, die Dankbarkeit der Fahrgäste und das Wissen, etwas Positives zu bewirken, sind unbezahlbare Erfahrungen, die weit über materiellen Gewinn hinausgehen. Wenn sich jemand angesprochen fühlt, laden wir ihn oder sie herzlich ein, mit uns in Kontakt zu treten. Jeder Freiwillige ist willkommen, denn jede helfende Hand trägt dazu bei, unser wertvolles Angebot aufrechtzuerhalten und möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen».
VANESSA SACCHET