Vanessa Sacchet Im Gespräch mit Franziska Bösch
02.04.2022 Leute aus der RegionFranziska Bösch, geboren am 30. Mai 1968 in Neuenburg, wuchs mit einem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester auf. Die verheiratete, gelernte Köchin hat drei Kinder und ist mit einem Pensum von 30 Prozent in einem Altersheim als Köchin tätig. In einer Generationengemeinschaft führt sie zusammen mit ihrem Sohn Michael den landwirtschaftlichen Betrieb in der vierten Generation. Seit drei Jahren stellt sie für den eigenen Hofladen diverse Schokoladenprodukte selbst her. «Ich habe eine Kochlehre absolviert, wo wir uns nur wenig mit der Herstellung von Patisserie beschäftigt haben. Es kam aber vor, dass wir ab und zu Geburtstagszahlen aus Schokolade anfertigten, was mich schon immer sehr fasziniert hat. Meine Tochter Andrea lernte Bäckerin-Konditorin und hatte im Lehrbetrieb die Möglichkeit, vieles aus Schoggi herzustellen. Das war für mich der Auslöser, dieses Thema wieder aufzugreifen und ich widmete mich der eigenen Herstellung. Andrea war später für ein Jahr in Neuseeland und ein knappes halbes Jahr in Irland, wo sie in ihrem Beruf tätig war. An diesen zwei Orten lernte sie sehr viel Neues. Meinerseits habe ich mit der Fertigung von Pralinen angefangen. Danach wollte ich einen Schritt weiter gehen und beschäftigte mich mit der Produktion von Osterhasen. Mich fasziniert daran, dass es ein Produkt ist, das exaktes Arbeiten erfordert und bei dem auf vieles geachtet werden muss. Die Temperatur der Schokolade muss genau stimmen, ebenso das Raumklima. Das alles fordert ein gewisses Mass an Perfektion. Das gefällt mir, da ich eine Perfektionistin bin und das genaue Arbeiten liebe. Von meiner Tochter konnte ich viel profitieren und lernen; sie hat mir eine Menge beigebracht. Am Anfang hatten wir nicht immer Erfolg mit dem, was wir machten. Zur Weiterbildung belegte ich an der Fachschule Richemont in Luzern einen mehrtägigen Confiserie-Kurs. Dort ging es darum, vieles über Schokoladenprodukte von Grund auf zu lernen und zu verstehen. Ich lernte, wie man Hohlkugeln giesst und Praline-Masse herstellt. Wir machten Garnituren aus Schokolade, produzierten Marzipan-Masse und lernten die Rezepte weiterer Basis-Massen. Daheim habe ich mir einen eigenen Raum für meine Produktionen eingerichtet mit Chromstahltischen, einem kleinen Schokoladen-Temperier-Apparat, diversen Utensilien, sowie Osterhasenformen. Wir besitzen keine grossen Maschinen oder einen Schokoladen-Automaten. Alles wird in liebevoller Handarbeit hergestellt.»
Die Schokolade von Felchlin ist die beste
«Ich beziehe die Schokolade von Felchlin in Ibach Schwyz. Seit mehr als einem Jahrhundert ist Felchlin eines der führenden Unternehmen in der Herstellung von edelster Schweizer Schokolade und Halbfabrikaten» erzählt Franziska Bösch weiter. «Was mich am meisten beeindruckt ist, dass die Firma klein ist und ausschliesslich mit kleinen Kakaoproduzenten zusammenarbeitet. Nach dem Eintreffen werden die Kakaobohnen bei Felchlin mit Milch und Zucker aus der Schweiz verarbeitet. Das ist mir sehr wichtig und bedeutet für mich ein Stück Heimat.
Vor Ostern werde ich in meiner Eigenproduktion tatkräftig von Andrea an ihrem freien Tag unterstützt. Jeweils am Montag kommt sie dann zu mir, und wir sind den ganzen Tag mit der Herstellung der Schoggihasen beschäftigt. Es dauert eine Weile, bis die Schokolade aufgewärmt ist. Danach muss sie herunter gekühlt werden, damit man sie anschliessend wieder auf die Verarbeitungstemperatur hochtemperieren kann. Es ist ein ziemlich zeitaufwendiger Prozess, den wir in Handarbeit bewältigen. Das wird mit weisser, schwarzer und mit Milchschokolade gemacht. Wir besitzen mehr als zehn verschiedene Osterhasenformen, die wir schminken. Das heisst, man malt die Augen, Blumen oder andere Verzierungen mit schwarzer Schokolade in die Form. Danach muss alles austrocknen. Nun folgt die weisse Schokolade, die wiederum trocknen muss, was relativ schnell geht. Zeitintensiv allerdings ist das genaue Arbeiten. Sobald die Schokolade der ersten beiden Arbeitsgänge trocken ist, werden die beiden Formhälften zusammengeklammert. Wir arbeiten nach der Methode, dass wir zwei Mal giessen. Das heisst, dass die Schokolade in die Form gegossen und diese anschliessend geklopft wird, damit sich keine Luftlöcher bilden. Danach wird die noch flüssige Schokolade wieder aus der Form gelassen und die Form abgestanden. Die Masse zieht an und wird fest, wichtig für die Qualität ist dabei die Zeitspanne. Als Nächstes wird die Form ein zweites Mal gefüllt und sofort wieder geleert. Nun muss die Form mit der Schokolade auskühlen. Anschliessend werden die Hasen mit einem Boden versehen: Wichtig hierbei, dass die Schokolade wirklich ganz trocken ist, sonst bekommt sie einen grauen Schimmer.
Ich liebe diese Arbeit; wenn ich gemeinsam mit Andrea am Herstellen bin, sind wir am Fachsimpeln, tauschen uns aus und suchen nach Fehlern, die wir beim nächsten Mal verhindern können. Die Formen aus Hartplastik, die wir mit grosser Vorsicht behandeln müssen, sind zwar teuer, können aber jedes Jahr wieder verwendet werden. Man darf sie jedoch nicht mit spitzen Gegenständen verletzen, weil man später jeden Kratzer in der Form sehen kann. Wenn wir die Hasen ausformen, bereitet es uns jedes Mal eine grosse Freude zu sehen, wie gut sie geworden sind. Die Zusammenarbeit mit meiner Tochter bedeutet mir sehr viel. Da sie nicht mehr bei uns auf dem Hof wohnt, geniesse ich es umso mehr, wenn sie hier ist und mir hilft. Dann können wir plaudern und haben Zeit für uns.»
Gerne experimentiert Bösch an neuen Kreationen. Sie erzählt: «Ich habe versucht, Kirschstängeli herzustellen. Was um einiges schwieriger ist wegen der enthaltenen Flüssigkeit. Es hat jedoch gut geklappt und es ist eine Frage der Zeit, bis ich sie perfektioniert habe. Im Moment stelle ich Truffes mit verschieden Füllungen her, die ich selber kreiert habe. Mein Ziel wäre es, Pralinen anzubieten mit Formen, die gegossen werden. Das habe ich ebenfalls schon ausprobiert. Ebenso habe ich einen Versuch gestartet, Tafeln mit verschiedenen Geschmacksrichtungen herzustellen, was auf Anhieb gut gelungen ist. Ich liebe Schokolade wirklich über alles, aber nach Ostern kommt eine Zeit, in der ich für eine Weile keine Schoggi mehr sehen kann», meint die 54-Jährige lachend. Lässt es die Arbeit zu, fährt sie gerne mal nach Winterthur und lässt sich bei den Confiserien inspirieren. Dort schaut sie sehr genau, was es für Angebote gibt, wie die Osterhasen aussehen und wie sie verziert sind.
Die Schokoladenproduktion ist Familiensache
«Pralinen können das ganze Jahr über in unserem Hofladen bezogen werden. Die Osterhasen darf ich unter anderem bei der Bäckerei Fritz in Elgg verkaufen. Seit drei Jahren beliefere ich zudem ein Geschäft in Winterthur. Wichtig ist mir, dass wir alles selbst und in Handarbeit produzieren. Alles geschieht familienintern: Von der Verpackung über die Etiketten – meine jüngere Tochter Barbara hat sie kreiert – bis zum Einpacken, wo auch mein Mann mithilft. Barbara unterstützt auch mit filigranen Schläufchen und Maschen, sie hat dafür ein gutes Händchen; meine Feinmotorik lässt zu wünschen übrig, was das betrifft. Es ist ein Familienprojekt und die ganze Familie steht hinter mir und meinen Produkten. Sie nehmen auch Rücksicht, wenn ich vor Ostern die Schoggihasen produziere.
Eigentlich helfe ich meinem Sohn Michael jeden Tag im Stall und unterstütze ihn. Wenn ich am Produzieren bin, habe ich sozusagen frei im Stall, da es von der Hygiene her nicht möglich ist, beides am gleichen Tag zu erledigen. Dann darf ich mich einfach meinen Hasen widmen und werde von niemandem gestört, was ich sehr schätze. Das freie Arbeiten und Kreieren war schon immer ein Traum von mir. Schon immer wollte ich etwas herstellen, um es zu verkaufen. Ich liebe mein Beruf als Köchin und arbeite sehr gerne mit Nahrungsmitteln. Mit der Schokolade habe ich etwas gefunden, was mir Freude bereitet und jeder von unserer Familie trägt ein kleines Stück dazu bei.»
VANESSA SACCHET