Vanessa Sacchet im Gespräch mit Beata Schmid
04.02.2023 WittenwilBeata Schmid, geboren am 2. Januar 1981 in Polen, wuchs dort auf, zog als Neunjährige mit ihrer Familie nach Deutschland und machte dort Abitur. Die gelernte Polizistin und Ausbilderin arbeitet bei der Polizei in Konstanz. Seit 2017 lebt sie in Wittenwil, ist verheiratet und Mutter zweier ...
Beata Schmid, geboren am 2. Januar 1981 in Polen, wuchs dort auf, zog als Neunjährige mit ihrer Familie nach Deutschland und machte dort Abitur. Die gelernte Polizistin und Ausbilderin arbeitet bei der Polizei in Konstanz. Seit 2017 lebt sie in Wittenwil, ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Sie möchte zukünftig mehr Kurse zur Gewaltprävention für Kids anbieten.
«Schon als Kind war es mir sehr wichtig, dass es gerecht zugeht. Später dachte ich über ein Jurastudium nach. Ich wurde dann auf die Polizei aufmerksam und sah mir das Profil an, das eine Polizistin mitbringen muss. Es passte genau auf meine Person und ich entschied mich für diesen Beruf. Für eine Polizeiausbildung ist es wichtig, dass man sportlich ist, einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit hat und gutes Deutsch beherrscht – auch im Schriftlichen, da man viele Berichte schreiben muss. Zudem sollte man teamfähig und empathisch sein. Im ersten Ausbildungsjahr lernt man verschiedene Fächer wie Verkehrs- und Strafrecht. Auch Psychologie ist ein grosser Aspekt und natürlich Sport. Nach der dreijährigen Polizeiausbildung in Deutschland ging ich nach Kiel und arbeitete dort. Gleichzeitig besuchte ich die Fachhochschule und absolvierte ein Studium im gehobenen Polizeivollzugsdienst, welches ich erfolgreich mit einem Bachelor of Arts abschloss.»
Im Jahr 2012 zog sie in die Schweiz
«Meinen Mann Patrick, der aus Wittenwil stammt, lernte ich eher zufällig in den Ferien auf den Kanaren kennen. Am ersten Abend kamen wir ins Gespräch und tauschten uns aus – auch darüber, was wir beruflich machen. Es stellte sich heraus, dass er als Polizist in der Schweiz arbeitet. So hatten wir einen grossen gemeinsamen Nenner. Am Anfang war nicht klar, wie es mit uns weitergeht. Ich wusste, dass er in der Schweiz lebt und ich in Kiel arbeite, womit uns über 1000 Kilometer trennten. Und doch wollten wir es zusammen versuchen. So hatten wir für zweieinhalb Jahre eine Fernbeziehung.
Nach dem Studium war klar, dass wir zusammenziehen wollen. Ich hatte oben im Norden keine Familie mehr, da meine Eltern in der Zwischenzeit zurück nach Polen gezogen sind. Meine Schwester und mein Bruder sind nach Ludwigsburg in die Nähe von Stuttgart übergesiedelt. So war klar, dass ich mich ebenfalls in den Süden bewege. Im Jahr 2012 kam ich in die Schweiz und war bereits schwanger mit unserer ersten Tochter. Mittlerweile sind unsere Kinder acht und zehn Jahre alt.
Patrick und ich beschäftigen uns beide beruflich mit Polizeitrainings. Das heisst: Wir trainieren Polizisten für den Ernstfall im Schiessen, in Abwehr- und Zugriffstechniken und taktischem Vorgehen. Wir begannen mit unseren Kindern darüber zu sprechen, wie sie sich in gewissen Situationen wehren können. Dies weil sie zunehmend allein unterwegs sind und man nicht ausschliessen kann, dass sie irgendwann einmal in eine Situation geraten, in der sie sich wehren müssen. Wir zeigten ihnen ein paar Techniken und kamen so auf die Idee, dass man das nicht nur unseren Kindern zugutekommen lassen kann, sondern auch anderen. So wuchs die Idee, Selbstbehauptungskurse anzubieten.»
Die Wehrhaftigkeit der Kinder fördern
«2021 bot ich erstmalig, zusammen mit meinem Arbeitskollegen Heiko Szorg, der ein erfahrener Gewaltschutztrainer in Konstanz ist, drei Selbstbehauptungskurse an der Primarschule Wittenwil/ Häuslenen an. Die Kurse kamen derart gut an, dass nun geplant ist, sie in regelmässigen Abständen zu wiederholen, um die Inhalte zu festigen und ergänzen. Wir möchten unser Projekt vorantreiben. Mit weiteren Schulhäusern in der Gemeinde bin ich bereits im Gespräch. An den Primarschulen in Ettenhausen und Guntershausen finden insgesamt elf Selbstbehauptungskurse im Klassenverband statt, die als 90-minütige Doppellektion in den Unterricht integriert werden. Dies ist wichtig, damit wir möglichst alle Kinder mit unserem Angebot erreichen.
Dabei treten wir Polizisten bewusst nicht in Uniform auf, um den Kindern gewisse Berührungsängste zu nehmen. Klar sagen wir ihnen, womit wir uns beschäftigen und was zu unserem Beruf gehört. Das macht ihnen Eindruck. Wir versuchen uns auf der Ebene der Kinder zu bewegen und zeigen ihnen, dass wir Polizisten zum Anfassen sind – im wahrsten Sinne des Wortes. Wir üben mit ihnen, wie sie ich zur Wehr setzen müssen, wenn sie bedrängt oder gar angegriffen werden, und wo sie Hilfe bekommen. Auch müssen sie laut sein und schreien, damit sie sich im Ernstfall gegen körperlich überlegene Personen zur Wehr setzen können. Das braucht Überwindung und muss trainiert werden.
Es ist toll zu sehen, wenn die Kinder den Mut fassen, laut und bestimmt ‹Stopp› zu sagen. Und es gibt ihnen ein gutes Gefühl, zu wissen, wie sie sich wehren und wo sie sich hilfe holen können, wenn es sein muss. Dieses gestärkte Selbstbewusstsein ist eine ganz wichtige Grundlage für die persönliche Entwicklung und Sicherheit der Kinder.»
VANESSA SACCHET