Unterflurcontainer: Viel Lob, aber auch Kritik
18.09.2025 ElggDas neue Abfallkonzept mit Unterflurcontainern sorgt in der Gemeinde weiterhin für Diskussionen. Neben den von den Behörden betonten Vorteilen melden sich aus Elgg und Weilern wie Jakobstal kritische Stimmen. Leserbriefe und Unterschriftenaktionen zeigen: Die Umstellung verläuft ...
Das neue Abfallkonzept mit Unterflurcontainern sorgt in der Gemeinde weiterhin für Diskussionen. Neben den von den Behörden betonten Vorteilen melden sich aus Elgg und Weilern wie Jakobstal kritische Stimmen. Leserbriefe und Unterschriftenaktionen zeigen: Die Umstellung verläuft nicht reibungslos.
Zahlreiche Zuschriften erreichten in den letzten Wochen die Redaktion der «Elgger/Aadorfer Zeitung». Von einem «Abfallensorgungszwang» war die Rede; das Konzept sei «familienfeindlich, ohne Respekt für alte und kranke Einwohner, unpraktisch und mühsam».
Thomas Ziegler bezeichnet das neue Elgger Abfallkonzept als «unerfreulichen Abbau des Service public». Besonders Ältere und Gehbehinderte litten unter den langen Wegen zu den Containern – teilweise über 200 Meter, teils mit Steigung. Besonders ausserhalb der Kernzone sei dies problematisch, etwa im «locker besiedelten Neu-Elgg». Ziegler fragt besorgt: «Wie soll das gehen – den Gehstock in der einen, den Güselsack in der anderen und den Schirm in der dritten Hand?»
Kein Container im Jakobstal
Er fordert ein engmaschigeres Netz der Container und dass die bisherige Gü- seltour erst aufgehoben wird, wenn es wirklich allen gebührenzahlenden Einwohnerinnen und Einwohnern problemlos möglich ist, ihren Hauskehricht zu entsorgen. In der ehemaligen Gemeinde Hofstetten sei die Situation sogar noch prekärer, weil in einigen kleinen Weilern gar keine Entsorgungsmöglichkeiten geplant seien.
So wie in Jakobstal. Hier wohnt die 75-jährige Marianne Tychicus. Erst rechnete sie mit einem Container bis Juni 2025 – dann stellte sie fest: Jakobstal fehlt ganz im Konzept. Seither fährt sie knapp 1,2 Kilometer nach Dickbuch oder Wenzikon, um ihren Abfall dort zu entsorgen. «Zuerst dachte ich, ich sei die Einzige, die sich darüber aufregt. Doch dann stellte ich fest: Wir sind ziemlich viele ohne Container in der Nähe.»
Auch in anderen Weilern wie Steig, Sennhof und Burghof sind bisher keine Container vorgesehen. Marianne Tychicus hält das für unzumutbar. «Vor allem im Winter ist es unmöglich, Säcke so weit zu tragen, zumal die Handhabung der Unterflurcontainer Kraft und Geschick erfordert». Und mit dem Auto fahren zu müssen, um Müll zu entsorgen, ist für sie «ökologisch unsinnig».
Nachrüstung am Schluss
Aus Protest sammelte die 75-Jährige, zusammen mit Unterstützern, über 30 Unterschriften aus den betroffenen Quartieren. Diese wurden der Gemeinde übergeben, um auf die ungenügende Abdeckung aufmerksam zu machen und eine Nachbesserung zu fordern. «Wir haben zwei konkrete Standorte angeboten – einen auf Gemeinde-, einen auf Privatgebiet». Die Antwort der Gemeinde: Ein Container sei zwar vorgesehen, aber frühestens 2026/27 realisierbar.
Da im Jakobstal die Kehrrichttour eingestellt wurde, bedeutet das für viele Betroffene nun faktisch einen Ausschluss vom bisherigen Entsorgungssystem – «Wie handhaben wir die Entsorgung in der Zwischenzeit?» fragt Tychicus. «Man machte mich darauf aufmerksam, dass ich privat einen Industriecontainer erwerben oder mieten könnte. Ich bin jedoch der Meinung, dass die Abfallentsorgung gesetzlich Sache der Gemeinde ist.»
Einkaufen und Entsorgen
Gemeinderat Daniel Hungerbühler (Abfallwesen) und Entsorgungsleiter Sämi Böhlen verweisen auf Nachfrage der «Elgger/Aadorfer Zeitung» auf das Grundkonzept: Erst nach der Umsetzung werde überprüft, wo Nachrüstungen nötig seien. «Das Konzept funktioniert in anderen Gemeinden erst durch sukzessive Optimierungen vollständig», sagt Böhlen. Marianne Tychicus sei darüber informiert worden. Ob die weiteren Unterzeichnenden dieselbe Information erhielten, bleibt unklar. Deshalb wird über eine Optimierung der Kommunikation nachgedacht.
Das Konzept sieht im Siedlungsgebiet Distanzen bis 350 Meter vor, ausserhalb bis 1,3 Kilometer. In den Weilern lebten meist mobile Personen. «Da Einkäufe ohnehin mit dem Auto erledigt werden, lässt sich die Entsorgung oft verbinden», so Hungerbühler. Für Ausnahmen prüfe die Gemeinde individuelle Lösungen und setzt auch auf nachbarschaftliche Hilfe. Kritik an der Handhabung schwerer Säcke relativiert Böhlen: Die meisten nutzten 35-Liter-Säcke, neu gebe es auch kleinere 17-Liter-Säcke, die besonders Älteren den Umgang mit den Containern erleichtern sollen.
Informationsveranstaltung fand statt
Ein in dieser Zeitung gezeigter überfüllter Container im Flecken sorgte für Diskussionen. Laut Gemeinde handelte es sich um einen einmaligen Vorfall wegen Verzögerungen bei der Leerung; künftig sollen Zyklen optimiert und überstehende Säcke eingesammelt werden. Im Flecken, wo noch nicht alle Container installiert sind, zeige die Auslastung zugleich ihre Nutzung, so Ruth Büchi.
Ein zentrales Anliegen der Kritiker betrifft die fehlende Mitsprache. Zwar wurde das Abfallkonzept an der Gemeindeversammlung vom 23. Juni 2022 vorgestellt, diskutiert und genehmigt, doch Thomas Ziegler bemängelt das Fehlen einer vorgängigen Orientierung. Gemeindepräsidentin Ruth Büchi verweist darauf, dass bereits am 7. Juli 2020 eine «sehr gut besuchte Infoveranstaltung für die Oberen Höfe stattfand».
Zudem ist auf der Homepage weiterhin der Bericht mit allen 32 geplanten Standorten abrufbar. Einige davon haben sich durch neue Bauvorhaben verschoben. «Ursprünglich war beispielsweise nur ein Unterflurcontainer zwischen Tiefenstein und Huggenberg geplant, inzwischen wurde jedoch in beiden Weilern je ein Container installiert», so die Gemeindepräsidentin.
Konzentration auf Neu-Elgg
In den Oberen Höfen ist die Umsetzung des Grundkonzepts abgeschlossen, dort wird Kehricht nur noch über Container entsorgt. «Im Dorf dauert die Umstellung bis 2029. In vollständig umgerüsteten Quartieren könnte die Sackabfuhr früher eingestellt werden», sagt Büchi. Derzeit gibt es vier Container im Dorfkern, zwei in Neu-Elgg (drei weitere folgen noch dieses Jahr) sowie Standorte in Dickbuch, Huggenberg, Tiefenstein, Heurüti, Hofstetten und Wenzikon.
Laut Hungerbühler läuft die Umsetzung schrittweise, genaue Termine für weitere Standorte könne die Gemeinde nicht nennen. Die Haushalte würden regelmässig über neue Container und Zuteilungen informiert. Eine Gesamtorientierung sei erst nach Abschluss aller Installationen vorgesehen, was aber noch einige Jahre dauern werde, meint Ruth Büchi.
Vorteile aus Sicht der Gemeinde
Trotz Kritik hebt die Gemeinde die Vorteile hervor: flexible Entsorgungszeiten, weniger Abfallsäcke im öffentlichen Raum, weniger Geruchsbelästigung und mehr Sicherheit für Kinder, da keine Sammelfahrzeuge mehr in die Quartiere fahren. Hungerbühler erinnert: «Das Hauptargument für die Einführung war der Schutz vor Wildtieren und Krähen, die Kehrichtsäcke aufrissen.» Das neue System biete mehr Komfort und ermögliche effizientere Logistik sowie ökologische Fortschritte. Die Gemeinde anerkennt die Umstellung als Herausforderung – für die Verwaltung und die Bevölkerung. Sie bleibt aber bei ihrer Linie: Der Feinschliff erfolgt anhand von Praxiserfahrungen.
SARAH STUTTE