Spuren der Eiszeit
21.06.2022 SchneitbergAm letzten Samstag lud die Naturschutzkommission Hagenbuch die Bevölkerung zu einem Rundgang auf den Schneitberg ein. Besichtigt wurde ein ehemaliger Steinbruch, gebildet durch die letzten Eiszeiten. Gut 20 Naturfreunde, von Gross bis Klein, nahmen daran teil.
Man muss weder auf hohe Berge steigen, noch in weit entfernte Länder reisen; Spuren der letzten Eiszeit finden sich überall – manchmal direkt vor unserer Haustüre. Östlich der Siedlung Schneitberg, verborgen im Wald, befindet sich ein ehemaliger Steinbruch, wo in früherer Zeit Kies für den Bau von Strassen und wohl auch für die Betonherstellung abgebaut wurde. Wann das letzte Mal Kies abtransportiert wurde, lässt sich nicht mehr feststellen, es muss wohl so in der Mitte des letzten Jahrhunderts gewesen sein. Der Kies wurde für die zahlreichen Waldstrassen in der Region verwendet. Und wahrscheinlich ist er auch Bestandteil einzelner Häuser in der Umgebung des Schneitbergs.
Gebildet wurde die Gesteinsschicht vor Tausenden von Jahren durch Gletscherverschiebungen in der Eiszeit. Geröll, in der Form von Nagelfluh und Sandstein, lagerte sich in Schichten ab und bildete eine Molasse, die bis 5000 Meter tief ins Erdinnere reicht. Im oberen Bereich bildete sich eher lockeres Gestein, dass sich in der Tiefe immer mehr verfestigte. Zahlreiche Gesteinsarten lassen sich darin finden, die teilweise einen weiten Weg von den Alpen her, bis in den Norden der Schweiz, zurückgelegt hatten.
Vielfältige Steinarten
Der Geologe Oskar Keller verwies in seinen Ausführungen auf ein paar besondere Exemplare. So lassen sich verschiedene Kalksteine finden, die durch Fliessgewässer hierher gespült wurden. Ein rötlicher Stein, der wohl Spuren von Eisen enthält, entpuppte sich als «Verrocano». Dieser ist vor allem südlich des Walensees und im Vorarlberg zu finden, hat also ebenfalls eine weite Strecke zurückgelegt. Auch Steine mit leichtem Kristallanteil lassen sich finden. Die meisten wurden wohl durch eine Art «Urrhein», einem Vorläufer des jetzigen Rheins, von den Alpen her bis in unsere Gegend geschoben. In den letzten Jahren hat Wald und Buschwerk die Abbruchstelle immer mehr zugedeckt. In wenigen Jahren wird sie wohl nicht mehr sichtbar sein, wenn nicht durch menschliche Eingriffe das Gehölz regelmässig entfernt wird.
Vom Schneitberg reicht die Aussicht südwärts Richtung Alpstein und Churfirsten und nordwärts bis ins deutsche Gebiet. All die Hügelzüge, Täler und Flusslandschaften wurden durch die letzten Eiszeiten geformt und ausgeprägt. Die Geologie geht davon aus, dass bis zu fünf verschiedene Eiszeiten, unseren Planeten heimgesucht und dabei immer neu gestaltet und umgewälzt hatten.
Für uns ist vor allem die letzte Eiszeit prägend, die vor einigen Tausend Jahren stattgefunden hatte, sind doch deren Auswirkungen bis heute eindrucksvoll sichtbar. Immer wenn der Gletscher wanderte, bildete er natürliche Grenzen, Wälle von Fels und Gestein. Solch ein aufgeschütteter Wall trennt beispielsweise den Unter- vom Bodensee, den Silser- vom Silvaplanersee oder den Brienzer- vom Thunersee. Die Thur, die sich erst nordostwärts durch den Thurgau bewegt und im Raum Bischofszell scheinbar abrupt die Richtung ändert und westwärts Richtung Rhein fliesst, floss in früherer Zeit in den Bodensee. Erst ein Gletscherwall machte den Durchfluss dahin zunichte und führte dazu, dass sich der Fluss einen anderen Weg bahnen musste. Mit Hilfe zahlreicher Zeichnungen und Karten zeigte der Geologe auf, wann ungefähr die einzelnen Eiszeiten stattfanden, welche Temperaturen da vorherrschten und wie weit jeweils das Eis vorrücken konnte.
ROLF HUG
Ausstellung auf dem Säntis
Wer sich noch mehr mit der Eiszeit und den verschiedenen Gesteinsarten befassen will, findet eine ausführliche Galerie davon auf dem SäntiS. In einer Dauerausstellung wird viel Wissenswertes über Geologie und Geografie der Alpen vermittelt. Der Referent des Hagenbucher Anlasses, Oskar Keller, hat massgeblich daran mitgearbeitet und zahlreiche Zeichnungen und Illustrationen dazu beigesteuert.