Spektakuläre und magische Erlebnisse mit Fährleuten

  20.08.2022 Eulachtal

Die Bestsellerautorin Daniela Schwegler, auch verantwortlich für die Kommunikation der Pflege Eulachtal, taucht mit ihrem neuen Buch «Uferlos» in Wasserwelten von Fährleuten ein. Frauen und Männer von zehn Fähren erzählen aus ihrem Leben – stimmungsvoll untermalt durch Fotografien von Ephraim Bieri.

«Nach ihren erfolgreichen Bergfrauen-Büchern taucht Daniela Schwegler mit ‹Uferlos› in Wasserwelten ein: ein Klangmagier und Fährmann, der zur blauen Stunde auf der Fähre konzertiert und sein Publikum in den Bann zieht; ein Bauer, der seine Rinder auf der Pfaffenfähre auf die Insel Ufenau überschifft; eine junge entschlossene Frau, die sich ihren Platz am Steuerruder erkämpft. Fährfrauen und -männer von zehn Fähren erzählen aus ihrem Leben und von ihrer Liebe zum Wasser, von Stromschnellen, die sie umschiffen mussten, von unfreiwilligen Tauchgängen, die sie fast das Leben gekostet haben, davon, was das Rauschen des Flusses sie gelehrt hat und weshalb das Leben immer nur im Jetzt stattfindet. Feinfühlig und eindringlich erzählt die Bestsellerautorin aus dem Leben der Fährleute. Stimmungsvolle Reportage-Fotos von Ephraim Bieri runden das Buch ab», heisst es in der Buchbeschreibung auf Schweglers Website.

Lebensgeschichten, die fast greifbar sind

Beim Lesen von «Uferlos» beschleicht einem bald eine innere Ruhe – zumindest diejenigen, welche Wasser als beruhigendes Element empfinden. Es wird aber auch klar, wie die Naturgewalten spielen können und zuweilen mit roher Gewalt an den Fähren rütteln. Für Abwechslung ist gesorgt mit den Erzählungen der Fährleute, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Aber eines eint sie alle: die Verbundenheit zur Natur. Angefangen mit Bernadette Burger und Otmar Baumann, welche die Rotseefähre betreiben. «Der Rotsee, ein Göttersee, ist nicht nur ein Ruder-Mekka für Athleten aus aller Welt, sondern auch ein bezauberndes Naturschutzgebiet und eine kleine Idylle vor den Toren der Stadt Luzern», beschreibt die Buchautorin. Auch Nicole Sacher von der Reichenbachfähre auf der Aare bei Bern bringt die Schönheiten der Natur zum Leser, indem Sie fast schon philosophisch erzählt, wie der seltene Eisvogel an ihr vorbeiflitzte. Solche Beispiele ziehen sich durchs ganze Buch.
Die Fährleute erzählen ihre Lebensgeschichten, sodass man sie fast greifen könnte. Beispielsweise Barbara Buser von der Rheinfähre Münster, die im Südsudan schon Brunnen für ein Hilfswerk baute. Oder Tancredi Rochira, der bis vor Kurzem zusammen mit seiner Frau Silvia die Sitterfähre im Kanton Thurgau betrieb. Er wurde vom Krieger zum Pazifisten, vom Bauunternehmer zum biodynamischen Bauern und schliesslich vom Fährmann zum Überseereisenden – wegen eines unseligen Behördenentscheids wanderte er mit seiner ganzen Familie kurzerhand nach Uruguay aus. Und da wäre noch Bauer Josef Häcki, dessen Rinder jeweils reif für die Insel sind. Er schifft sie auf dem Zürichsee zweimal im Jahr von Pfäffikon zur Ufenau hinüber. Seine Rindviecher sind schweizweit die einzigen, die nur mittels Boot auf die Weide kommen – quasi eine Fahrt ins Paradies.

Einzigartigkeit mit natürlicher Verbundenheit

Was Daniela Schwegler dazu bewog, von den Bergen zum Wasser zu wechseln, und ob sie selbst naturverbunden ist, erzählt sie im nachstehenden Interview:

NACH IHREN ERFOLGREICHEN BERGFRAUEN-BÜCHERN TAUCHEN SIE MIT «UFERLOS» IN WASSERWELTEN EIN. BERGE UND WASSER – BEIDES PASSEND ZUR SCHWEIZ. WIE IST IHR VERHÄLTNIS ZUR BERG- UND WASSERWELT?
Ich bin selbst liebend gerne in den Bergen unterwegs, bewege mich auch im und am Wasser. Als naturverbundener Mensch pflücke ich mir für meine Porträtbände gerne Menschen hinaus, die selbst eng mit der Natur verbunden sind.

SIE PORTRÄTIEREN FÄHRLEUTE AUS FAST DER GANZEN DEUTSCHSCHWEIZ – VON DER AARE ÜBER DEN RHEIN BIS ZUM WALENSEE. WIE KAM DIESE AUSWAHL ZUSTANDE?
… inklusive dem Greyerzersee im Kanton Freiburg. Bei all meinen Büchern gehe ich nach einem Raster vor. Ich möchte Menschen von Jung bis Alt porträtieren und möglichst jede Region abdecken. Es muss natürlich ein gegenseitiges Interesse vorhanden sein.

DIE MENSCHEN IM BUCH KÖNNTEN UNTERSCHIEDLICHER KAUM SEIN. HAT SICH DAS EINFACH SO ERGEBEN?
Wir Menschen sind alle einzigartig. Das Spannende ist: Wenn man sich auf sie einlässt, kommen so viele Geschichten zum Vorschein, die ich natürlich nicht alle im Vorneherein abchecken kann. Bei Sarina Scherrer dachte ich beispielsweise: Eine so junge Kapitänin – sicher die jüngste auf dem Walensee, vielleicht sogar der ganzen Schweiz – muss ich einfach porträtieren.

Fährleute anstelle einer Bühnenkünstlerin

UND TROTZ IHRER VERSCHIEDENHEITEN LANDETEN ALLE AUF DER FÄHRE. WIESO GENAU DIESES THEMA?
Wie gesagt bin ich selbst ein naturverbundener Mensch, gerne in den Bergen, am Wasser oder in meinem geliebten Garten. Ich machte auch eine Kräuterausbildung und sammle Wildkräuter. Nach meiner Bergfrauen-Serie fiel mir dort niemand mehr ein zum Porträtieren. So begann ich zuerst ein anderes Projekt mit einer Bühnenkünstlerin, die aber nach kurzer Zeit wieder einen Schlussstrich unter unsere Zusammenarbeit zog. Nach zwei, drei Monaten Arbeit stand ich vor dem Nichts. Mir kam das SRF-Format «Persönlich» in den Sinn, wo 2009 der «Fährimaa» Jacques Thurneysen von der Münsterfähre in Basel interviewt wurde. Er ist ein bunter Hund und erzählte solch spannende Geschichten, sodass ich sofort Feuer fing. Ich wollte vor mehreren Jahren ein Buch über ihn allein schreiben, was ich ihm mitteilte. Er lehnte aber leider ab. So landete ich nach dem Rückzug der Bühnenkünstlerin wieder beim Thema Fähren, doch nun bei meinem altbewährten Format mit mehreren Porträts.

NEBST DEN LEBENSGESCHICHTEN STEHT DIE NATUR IM VORDERGRUND DER PORTRÄTS. ERLEBTEN SIE DAS?
Man muss natürlich wind- und wetterfest sein. Auf der Fähre sind sie bei jedem Wetter unterwegs, ausser es gibt eine Sturmwarnung wie auf dem Walensee erlebt. Oder beispielsweise auch bei Hochwasser auf der Sitter. Die Fährleute sind meist selbst ziemliche Wasserratten – ausser Bauer Josef Häcki, den mit dem Wasser eher eine Hassliebe verbindet. Seine Insel, sagt er, sei auf dem Maiensäss, dem Schönboden. Aber ja, ich denke ohne Naturverbundenheit wäre man als Fährfrau oder -mann am falschen Platz.

ALS ICH «UFERLOS» LAS, ÜBERKAM MICH EINE INNERE RUHE, EINE ZUFRIEDENHEIT MIT MIR UND MEINER WELT. DIE INTERVIEWS VERLIEFEN ABER NICHT IMMER GANZ SO RUHIG UND GEPLANT, ZUM BEISPIEL BEI BAUER HÄCKI. WIE VIELE TERMINE BRAUCHTE ES?
Ich hatte immer zwei Termine bei den Fährleuten. Einmal zusammen mit dem Fotografen Ephraim Bieri, wo ich mehr Beobachterin im Hintergrund war, und das andere Mal allein zum Gespräch. Bei Josef Häcki lief nicht alles rund beim Fototermin. Das Steuerseil riss und es war ungewiss, ob wir mit den Rindern überhaupt zur Insel übersetzen könnten. Doch schlussendlich kam doch noch alles gut. Zum Glück, denn die Rinder werden nur zweimal jährlich – im Herbst und Frühling – auf die Insel rübergeschifft.

Spektakuläre Rinder und ein magisches Konzert

WELCHE WAR FÜR SIE DIE EINDRÜCKLICHSTE GESCHICHTE ODER PERSON?
Imponiert haben mir die Ruhe von Josef Häcki und auch die RindeR selbst. Diese sind beim Einsteigen auf die Fähre sehr nervös, beruhigen sich dann während der Fahrt. Aber wenn sie schliesslich ankommen und wieder an Land können, vollführen sie freudige Luftsprünge, werfen ihre Schwänze in die Höhe und rennen ausgelassen über die Weide. Das war ein herzerfreuendes Spektakel!
Ein solches gab es auch bei Mich Gerber, dem Fährmann und Klangmagier aus Muri bei Bern. Seine Konzerte zur blauen Stunde mit der Fähre auf der Aare sind magisch. Das Boot mit Lampions beleuchtet, beginnt er mit Andi Pupato zu konzertieren und verwandelt seinen Kontrabass mithilfe eines Loopgeräts in eine Singstimme und musikalische Wunderkammer. Fabelhaft!

MÖGEN SIE FÜR UNSERE LESERINNEN UND LESER IHRE LIEBLINGSPASSAGE AUS DEM BUCH ZITIEREN UND ERZÄHLEN, WESHALB ES DIESE EINE IST? Da gibt es mehrere. Was ich aber sehr schön finde ist der Einstieg ins Buch, ein Zitat aus Hermann Hesses «Siddharta»: «Heute aber sah Siddharta nur eines von den Geheimnissen des Flusses, und ergriff seine Seele: das Wasser lief und lief, immerzu lief es, und war doch immer da, war immer und allezeit dasselbe und doch jeden Augenblick neu! O wer dies fasste, wer dies verstünde!»
Das Schöne an diesem Zitat ist, dass es sich auf mehreren Ebenen lesen lässt. Auf der rein Gegenständlichen, wenn man sich den Fluss vorstellt, wo das Wasser läuft und läuft, es immer das gleiche und doch jeden Augenblick neu ist. Es ist aber für mich auch ein Sinnbild für unsere Leben. Der Lebensfluss läuft und läuft ebenfalls und das Leben ist immer da, immer neu. Unser wahrer Wesenskern aber, bleibt stets derselbe.

WAS WIRD DAS NÄCHSTE PROJEKT DER DANIELA SCHWEGLER SEIN?
Ich bin schon auf Hochtouren mit Fototerminen und Interviews dran. Das Thema aber ist noch geheim (lacht).

TEXT UND INTERVIEW: RENÉ FISCHER


Autorin

Daniela Schwegler ist Juristin und folgt als Autorin und Texterin ihrer Berufung. Als Redaktorin arbeitete sie bei der schweizerischen Depeschenagentur (sda), beim juristischen Fachmagazin «Plädoyer» und bei der Kirchenzeitung «Reformiert». Als freie Journalistin schrieb sie für verschiedene Schweizer Medien. Seit einigen Jahren ist sie freischaffend und den Menschen in der Region vielleicht bekannt als Kommunikationsverantwortliche der Pflege Eulachtal. In dieser Funktion erschienen schon einige ihrer Beiträge in dieser Zeitung.

 


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