SP-Kandidatin fordert Barbara Müllers Rücktritt
07.10.2023 AadorfTraudi Schönegger behauptet, Müller habe ihr 2019 versprochen, noch vor den Kantonsratswahlen 2024 zurückzutreten, um ihr den Platz freizumachen. Die Ettenhausener Kantonsrätin bestreitet dies. Auch die SP-Münchwilen kann Schöneggers Äusserungen nicht ...
Traudi Schönegger behauptet, Müller habe ihr 2019 versprochen, noch vor den Kantonsratswahlen 2024 zurückzutreten, um ihr den Platz freizumachen. Die Ettenhausener Kantonsrätin bestreitet dies. Auch die SP-Münchwilen kann Schöneggers Äusserungen nicht bestätigen.
Barbara Müller hat viele Gegner innerhalb der SP. Just für diese Partei engagierte sich die Ettenhausener Kantonsrätin, die bis vor kurzem noch Präsidentin der SP im Bezirk Münchwilen war, über viele Jahre. Doch inzwischen hat sie mit der SP nichts mehr am Hut. Ende 2022 hat die Partei, für die sie im Kantonsrat sitzt, sie ausgeschlossen aufgrund ihrer Kritik an den Corona-Massnahmen.
Das hindert SP-Politiker, für die Müller inzwischen ein rotes Tuch ist, nicht, noch immer Druck auf das ehemalige Mitglied auszuüben. Die Sirnacher SP-Politikerin Traudi Schönegger will Müllers Sitz offenbar ergattern und fordert, dass Letztere aus dem Kantonsrat zurücktritt. In einer E-Mail-Nachricht, die Schönegger kürzlich an Müller sowie auch an Fredi Kuhn von der SP Sirnach versendet hat, schrieb sie: «Du hast vor der letzten Wahl das Versprechen abgegeben, dass du kurz vor den Neuwahlen zurücktreten wirst, damit nachfolgende(r) Kandidat(in) als Bisherige(r) gute Wiederwahl-Chancen hat. Nun bitte ich dich, dieses Versprechen einzulösen.» Schönegger verwies in ihrer E-Mail an Müller darauf, dass die SP-Bezirkspartei Münchwilen offenbar unlängst die Kandidatenliste für die Kantonsratswahlen 2024 besprochen habe. Hierzu muss man wissen: Traudi Schönegger kandidierte 2020 auf dem Listenplatz zwei. Von der Bezirkspartei schaffte Barbara Müller, die auf Listenplatz eins stand, als einzige den Sprung in den Grossen Rat. Nun erhofft sich Schönegger, noch vor den Wahlen in den Kantonsrat nachrücken zu können. Damit hätte sie im April 2024 bessere Chancen, um einen Sitz ergattern zu können.
Vorgehen sei eine Unverfrorenheit
Über das Vorgehen von Schönegger zeigt sich Müller gegenüber der «Elgger/Aadorfer Zeitung» empört. «Ich erachte das als eine Unverfrorenheit. Das geht gar nicht und ist inakzeptabel.» Die Kantonsrätin sagt zwar, dass Ende 2019 verschiedene Szenarien hinsichtlich der Wahlen 2024 diskutiert worden seien. Auch ein möglicher frühzeitiger Rücktritt sei im Raum gestanden. Müller hält aber auch fest: «Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich jemals Versprechungen hinsichtlich eines frühzeitigen Rücktritts gemacht habe.» Und sie fügt hinzu: «Selbst wenn dies der Fall wäre, würde ich das Versprechen heute nicht mehr einhalten.» Müller macht darauf aufmerksam, dass sie ohnehin schon aus der SP rausgeworfen worden sei. Deshalb habe die Partei ihr nun auch nichts mehr vorzuschreiben. Ob sie sich nochmals für den Grossen Rat zur Verfügung stellen wird, hänge davon ab, wie sie bei den Nationalratswahlen Ende Oktober abschneiden wird. Müller hat sich für die Organisation Mass-Voll aufstellen lassen. Sollte sie gewählt werden, würde sie aufgrund der Doppelbelastung nicht nochmals für die Kantonsratswahlen kandidieren. Klar sei aber auch: «Bis zu den Wahlen im Frühling 2024 werde ich auf keinen Fall zurücktreten.» Ein solches Geschenk wolle sie ihrer ehemaligen Partei nicht machen.
Schönegger wollte sich auf Anfrage der «Elgger/Aadorfer Zeitung» nicht näher äussern. Zur erwähnten Angelegenheit habe sie nichts zu sagen. Zu ihrer E-Mail-Nachricht an Müller stehe sie.
Schönegger zufolge habe Müller die angeblichen Versprechen im Rahmen der Nominationsversammlung 2019 getätigt. Darauf angesprochen, wer an der Versammlung damals alles anwesend war und ihre Aussagen bestätigen könnte, nennt Schönegger keine Namen. Ein entsprechendes Protokoll der Sitzung gibt es nicht. Das bestätigt auch Brigitte Gallucci-Widmer, Kassierin der SP Münchwilen, gegenüber der «Elgger/Aadorfer Zeitung». Grund dafür sei gewesen, dass Müllers Nomination 2019 ohnehin unangefochten gewesen sei. Von Michel Ketterle und Serge Müller, den Co-Präsidenten der SP Münchwilen, wollte diese Zeitung wissen, ob das Vorgehen von Schönegger mit der Parteileitung des Bezirks abgesprochen gewesen sei. Auf Anfrage äusserten sich die beiden Co-Präsidenten jedoch nicht konkret. Auskunftsfreudiger zeigte sich Galluci-Widmer. Dass allfällige Rücktritte nicht auf Ende einer Legislatur zu erfolgen hätten, sei im Vorstand seit langem Konsens, sagt die Kassierin.
Zu Schöneggers Aussagen hinsichtlich Müllers angeblichem Versprechen erklärt Galluci-Widmer weiter: «Es könnte durchaus sein, dass es informelle Gespräche und Zusicherungen zwischen Barbara Müller und Traudi Schönegger gegeben hat; dies kann der Vorstand aber auch nicht bestätigen.» Sicher ist: Innerhalb der SP-Münchwilen wäre man nicht unglücklich, wenn Müller frühzeitig zurücktreten würde. Dazu Galluci-Widmer: «Falls es wirklich solche informellen Zusicherungen gegeben haben sollte, würde sich der Vorstand der SP Bezirk Münchwilen freuen, wenn Barbara dem Nachkommen würde. Er versteht es jedoch, wenn dies aufgrund jüngerer persönlicher Differenzen mit dem Vorstand für Barbara nicht infrage kommt.»
RAFAEL LUTZ