Solides Ergebnis trotz herausforderndem Umfeld
13.04.2023 Aadorf, RegionZur Generalversammlung der Raiffeisenbank Aadorf, zu der auch die Niederlassungen in Elgg und Wiesendangen gehören, pilgerten über 2000 Personen nach Winterthur unter die Zirkuskuppel. Sie erlebten einen unaufgeregten, geradezu harmonischen Anlass mit der einen oder anderen ...
Zur Generalversammlung der Raiffeisenbank Aadorf, zu der auch die Niederlassungen in Elgg und Wiesendangen gehören, pilgerten über 2000 Personen nach Winterthur unter die Zirkuskuppel. Sie erlebten einen unaufgeregten, geradezu harmonischen Anlass mit der einen oder anderen Überraschung.
Trotz der ungewöhnlichen Lokalität führten Verwaltungsrat (VR) und Bankleitung in der Manege keinen Zirkus auf. Frank Gössi, Präsident des VR, eröffnete am Mittwoch vor Ostern die 108. Versammlung der Raiffeisenbank Aadorf mit einigen persönlichen Worten zur aktuellen Situation im Bankensektor. Zum Niedergang der Crédit Suisse fand er markige Worte für alle Beteiligten. «Es wäre wünschenswert, wenn in den Chefetagen wieder Tugenden wie Bescheidenheit, Bodenständigkeit, Demut und das Gespür für die Anliegen der Menschen auf der Strasse einziehen würden», so seine Äusserung, welche vom Publikum mit grossem Applaus quittiert wurde.
Einleitend zur Präsentation des Geschäftsberichts 2022 rief er die anfängliche Zuversicht auf ein gutes Anlagejahr in Erinnerung, die mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und weiteren globalen Krisen umgehend zunichte gemacht worden sei. Anstelle der erwarteten Normalisierung hätten wir alle mit grossen Herausforderungen zu kämpfen gehabt. Die Inflation erreichte Werte wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Zentralbanken hätten mit Zinserhöhungen auf die Entwicklungen reagieren und die seit sieben Jahren herrschende Phase der Negativzinsen mit diesen Massnahmen beenden müssen.
Trotz dieser Widrigkeiten sei es der Raiffeisenbank gelungen, ein ansprechendes Ergebnis mit einem Reingewinn von 1,84 Millionen Franken zu erzielen. Der um fast zehn Prozent geringere Geschäftserfolg habe keine Freude ausgelöst. Der Grund für den Rückgang liege vor allem bei getätigten Absicherungen gegen Zinsänderungsrisiken, die im vergangenen Jahr höher ausgefallen seien als 2021. Gössi bedankte sich bei allen Mitarbeitenden, die mit ihrer Leistung zum soliden Resultat in diesen turbulenten Zeiten beitrugen. Der Geschäftsbericht wurde einstimmig angenommen.
Vertrauen als Schmiermittel im Bankensystem
Patrick Müller, der Vorsitzende der Bankleitung, präsentierte im Anschluss die Jahresrechnung. Er betonte, dass Stabilität und Kontinuität in den letzten Monaten schmerzlich vermisst wurden; stattdessen seien Agilität und Flexibilität gefordert. Mit der Einführung der Negativzinsen 2015 hätten grössere Absicherungsgeschäfte getätigt werden müssen, die als Versicherung gegen die Minuszinsen bis 2020 sogar Gewinn generierten. In den darauffolgenden zwei Jahren hätte die Situation gedreht. «Die markante Anpassung des Leitzinses durch die Schweizerische Nationalbank hat sich zusätzlich negativ auf unseren Zinserfolg ausgewirkt», begründete Müller die Jahresrechnung weiter. Immerhin dürfe positiv in die Zukunft geschaut werden, die Auswirkungen dieser Politik nähmen in den kommenden Jahren ab und würden ganz verschwinden. «Wir wollen die Abhängigkeiten von solchen externen Entwicklungen reduzieren. So haben wir in den letzten drei Jahren die Diversifizierung vorangetrieben. Wir kennen, was wir finanzieren.»
Sowohl die Jahresrechnung wie auch die unter dem nächsten Traktandum vorgeschlagene Verzinsung der Anteilscheine wurden einstimmig angenommen.
Bestätigungswahl, Abschied und ein neues Gesicht
Frank Gössi wurde ohne Gegenstimme als VR-Präsident bestätigt. Ebenso wurden die Mitglieder des VR in globo wiedergewählt, ausser Erwin Lutz, der nach 13 Jahren auf eigenen Wunsch von seiner Tätigkeit zurücktrat. Mit herzlichen Worten wurde er durch den Präsidenten geehrt und verabschiedet. Als Ersatz stellte sich die Rechtswissenschafterin und diplomierte Lehrerin Britt Schefer zur Verfügung. Gössi präsentierte die vielseitige Kandidatin, die besonders den Elggerinnen und Elggern aus dem schulischen Umfeld ein Begriff sein dürfte. Vor der Wahl gab es eine der beiden einzigen Wortmeldungen aus dem Publikum. Eine Genossenschafterin rief: «Chame sie mal gseh?» Schefer folgte dieser Aufforderung umgehend und betrat die Manege unter warmem Applaus. Ihre Wahl erfolgte mit grossem Mehr.
Die zweite Wortmeldung des Abends folgte der allgemeinen Umfrage zum Schluss der Versammlung. Aus dem Dunkel des Chapiteaus betrat überraschend der langjährige ehemalige Bankleiter Peter Bühler unter grossem Beifall und Zustimmungsrufen das Scheinwerferlicht. Wegen Corona sei es ihm nach seinem Austritt verwehrt geblieben, sich gebührend und persönlich von den Genossenschaftsmitgliedern zu verabschieden. «Für mich ist es wichtig, dass ich Ihnen allen adieu sagen darf. Ich freue mich sehr, heute hier zu sein.»
Dann wurde die Manege für jene umgebaut, die von Berufs wegen zu überraschen verstehen. Die Artisten des Zirkus Knie präsentierten dem Publikum eine atemberaubende Show der Extraklasse. Nach der Generalversammlung ohne Skandale, böse Worte und erhitzte Gemüter stockte doch da und dort kurz der Atem und ging der Puls manchmal etwas schneller.
MARIANNE BURGENER