So eine Wümmet ist kein Ponyhof!
18.09.2025 EttenhausenDer Ausspruch einer Helferin im stotzigen Rebberg in Ettenhausen bringt es auf den Punkt: Die Weinlese geht in die Knochen, und der steile Aufstieg zum Rebhäuschen tut sein Übriges; ein allfällig geplanter Besuch im Fitnesscenter kann getrost abgesagt werden.
Das wird der ...
Der Ausspruch einer Helferin im stotzigen Rebberg in Ettenhausen bringt es auf den Punkt: Die Weinlese geht in die Knochen, und der steile Aufstieg zum Rebhäuschen tut sein Übriges; ein allfällig geplanter Besuch im Fitnesscenter kann getrost abgesagt werden.
Das wird der Schreibenden bereits bei der Ankunft beim Rebberg klar, gut erfolgte die Anfahrt mit dem Velo, das Aufwärmen darf abgehakt werden. Am Ende der steilen Treppe, die zum Rebhaus, dem vereinbarten Treffpunkt führt, wartet Pascal Mettler bereits mit einer Schere und Instruktionen, wie die Trauben zu ernten sind: «Abschneiden, die faulen oder vertrockneten Beeren entfernen und dann in der bereitstehenden Eimer legen. Die höher hängenden, kleinen Trauben am Stock lassen, die sind meist sauer.» Er erzählt, dass die Müller-Thurgau Rebstöcke nun 50 Jahre alt sind, die im oberen Teil gepflanzten Solaris-Reben gerade mal etwas mehr als ein halbes Jahr. Sie hätten ebenfalls erste kleine Trauben getragen, die man aber zugunsten des Wachstums abgeschnitten habe. «Nächstes Jahr könnte es dann aus ihnen den ersten Grappa geben. Oder wir mischen sie den Müller-Thurgau-Trauben bei für einen Cuvée. Das entscheiden wir, wenn es so weit ist.»
Von einem Rebstock dürfen nicht beliebig viele Trauben gelesen werden, meist befindet sich die Grenze bei 1500, 1600 Gramm pro Stock. In Ettenhausen werden ungefähr 900 Gramm gelesen – natürlich steht nicht bei jeder Pflanze eine Waage; die abgelieferte Menge wird über den gesamten Bestand gerechnet. Ein guter Jahrgang hängt definitiv nicht von der geernteten Menge ab, sondern von der Qualität und der Reife der Früchte. Die Trauben hätten gut noch ein, zwei warme Tage vertragen können, aber die verarbeitende Kellerei hat den Termin zur Anlieferung festgesetzt, wie in Gesprächen durch die Blätter mehrmals zu vernehmen ist: «Ein warmer Tag mit Sonne und vielleicht etwas Föhn kann den Zuckergehalt der Trauben steigern – und so schon mal ein zusätzliches Öchslegrad bewirken.»
2025 verspricht ein guter Tropfen zu geben
Das Schneiden der Trauben im steilen Gelände erfordert Trittsicherheit und gutes Schuhwerk – besonders bei diesem unsicheren Wetter, wo ein Regenschauer das Gras im Nu noch rutschiger machen könnte. Doch Petrus zeigt sich gnädig: Er «zeukelt» nur einmal mit einem kurzen Schauer und begnügt sich sonst mit dunklen bedrohlichen Wolken. Die Arbeit hat meditativen Charakter, ist man allein in einer der langen Reihen beschäftigt, schweifen die Gedanken ab. Was im Büro vielleicht noch beschäftigt oder gar hässig gemacht hat, ist plötzlich weit weg oder wenigstens nur noch halb so wild. Ist man zu zweit auf gleicher Höhe an der Arbeit, bietet sich eine gute Gelegenheit über dieses und jenes zu plaudern. So ist zu erfahren, dass das Gegenüber bald losmuss, weil ein Cousinen-Cousins-Treffen ansteht und dass der Herr zwei Meter weiter oben morgen in die Ferien fährt. Die Gruppe in der Nachbarreihe unterhält sich angeregt über Olivenernte und die Qualität der verschiedenen Olivenöle. Etwa ein Dutzend fleissige Helfer und Helferinnen beteiligen sich dieses Jahr an der Weinlese – man müsse auch nicht im Männerchor sein, um mitzuhelfen – auch Auswärtige oder Nichtmitglieder seien willkommen. «Es gibt Mitglieder, die zwar nicht singen, aber gerne im Rebberg helfen – oder umgekehrt. Jeder macht, was er gut kann und was er mag.»
Berufliches, Vergangenes, Gfreuts und weniger Schönes, vieles hält Einzug in die Gespräche und lässt die Wümmet noch kurzweiliger werden, als sie eh schon ist. Nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden sind alle Trauben geerntet. Die Träger haben sie in unzähligen Auf- und Abstiegen durch den Rebberg zum Lastwagen unten an der Strasse gebracht, wo auf der Ladefläche drei grosse Stahlfässer bereitstehen. «Die Ausbeute des Tages liegt bei 855 Kilogramm, eine eher durchschnittliche Menge, was auch daran liegt, dass wir wegen der Neubepflanzung nur rund 60 Prozent der Fläche nutzen können», erklärt Pascal Mettler. «Daraus ergeben sich etwa 900 Halbliterflaschen ‹Ettehuser Sängerwy›. Mit seinen 77 Öchslegraden wird es ein sehr guter Tropfen.»
Bestnote fürs Wümmet-Vergnügen
Den Abschluss der Traubenlese macht – wie üblich – ein gemütliches gemeinsames Mittagessen; aber erst, nachdem Scheren und Hände vom klebrigen Traubensaft befreit sind, die leeren Eimer im Rebhaus gestapelt und alles ordentlich versorgt ist.
Probieren kann man den Wein bei verschiedenen Anlässen im Dorf, besonders natürlich bei jenen des Männerchors. Pascal Mettler verweist ausdrücklich auf die 50-Jahr-Jubiläumsfeier am 8. November: «Dann wird sogar der Chorus Elgg zu Gast bei uns sein». Ob der Jahrgang 2025 von den Weinjuroren prämiert wird, lässt sich heute noch nicht sagen. Sicher ist aber: Würden Freude und Spass an der Wümmet bewertet, stünden sie ganz oben auf dem Podest.
MARIANNE BURGENER