So ein Theater im Pflegezentrum, voll daneben

  09.04.2022 Elgg

Zum Glück nur auf der Bühne! Die Seniorenbühne Frauenfeld führte das Lustspiel «Voll denäbe» im Pflegezentrum Elgg vor zahlreich erschienenem, erwartungsvoll tuschelndem Publikum auf. Ein Theaterstück, das es in sich hat und das zum Schluss kommt, dass Männer halt einfach ein Lumpenpack seien. Frauen übrigens auch.

Ruedi lag sichtlich verkatert mit blutender Kopfwunde auf dem Sofa und schlief seinen Rausch aus. Bevor das Publikum den Grund für seinen desolaten Zustand erfahren konnte, begrüsste Maja Berger, die Leiterin der Aktivierungs-Therapie, die Anwesenden und stimmte sie auf das bevorstehende Stück ein – schliesslich habe man schon hie und da ein Theater mit seinen Mitmenschen; dem konnten die meisten beipflichten. Und manchmal würde man sich auch voll danebenbenehmen. Das Gute daran sei nur, dass man es selbst oft nicht merken würde. Mit diesen Worten gab sie die Bühne und damit den Blick auf den schnarchenden Ruedi frei. So war bald zu erfahren, dass der Gute nach einer Versammlung nicht den direkten Weg nach Hause genommen hatte, sondern eher den indirekten. An diesem lag die «Burg-Bar». Dort schaute er etwas zu lange ins Glas und die blauen Augen von Barmaid Natascha. Es endete, wie es enden musste: Betrunken stolperte er – endlich zu Hause – auf der Treppe und schlug sich den Kopf auf. Zu allem Überdruss hatte er irgendwo sein Portemonnaie verloren, aus dem er doch grad just an diesem Morgen seiner Frau das Haushaltsgeld hätte auszahlen müssen. Nur, seiner Frau konnte er das nicht erklären, da sie für solche Eskapaden überhaupt kein Verständnis gehabt hätte. So beschloss er, ihr eine faustdicke Geschichte aufzutischen: Er habe Überstunden machen müssen und auf dem Heimweg sei er von zwei Halunken überfallen, niedergeschlagen und seines Geldbeutels beraubt worden. Vor Schreck habe er jetzt seine Stimme verloren – er schrieb ihr in knappen Worten auf einen Zettel, was passiert war. Kaum aus dem Raum, bat er wehklagend seinen Freund Kurt um Hilfe, der mit schnellen Lösungsvorschlägen Ruedi aus der Misere retten wollte. Die beiden machten die Rechnung ohne die Schlauheit und das Misstrauen der involvierten Frauen. Diese verbündeten sich nach anfänglicher Abneigung und gegenseitiger Überhäufung von Vorurteilen und entwickelten durch ihr Kennenlernen eine gewiefte Strategie, das Lügengebilde der Männer zum Einsturz zu bringen. Dieses entpuppte sich als nicht allzu tragfähig und stürzte nach kurzer Zeit ein und alles flog auf. Ausgelöst durch die Ehrlichkeit von Natascha, die der Ehefrau das in der «Burg-Bar» gefundene Portemonnaie vorbeibrachte und ihr erzählte, wie dieses in ihren Besitz gelangt war. Die Damen spielten das böse Spiel eine Weile mit, um dann dem Ganzen ein fulminantes Ende zu setzen.

Ein Stück mitten aus dem (Männer-)Leben

Das Stück war gespickt mit witzigen Sprüchen, die dem Publikum immer wieder spontane Bemerkungen, Zustimmung und laute Lacher entlockten. So etwa die Feststellung von Ruedi, dass er halt an einer Lederallergie leiden würde: Immer, wenn er am Morgen mit den Schuhen an den Füssen aufwachen würde, habe er solche Kopfschmerzen. Auch die Fürsorge seiner Ehefrau, die ihm einen besonderen Tee gemacht hatte, in den sie Rizinusöl gab, um die Stimmbänder zu schmieren, löste lautes Gelächter und einige Kommentare im Saal aus. Von den Schauspielern war nach dem Spiel zu erfahren, dass sie sich oft wieder hätten auf den Text konzentrieren müssen, weil die Kommentare aus dem Publikum sie belustigt und manchmal etwas «drausgebracht» hätten – aber es sei eine enorme Freude gewesen, vor einem so engagierten Publikum spielen zu dürfen. Zum Glück hatten sie eine zuverlässige Souffleuse an ihrer Seite, damit die Spielenden wieder die richtigen Worte fanden, wenn sie den Faden verloren hatten. Von den Bewohnerinnen und Bewohnern waren nach dem Applaus ebenfalls nur lobende Voten zu vernehmen, so meinte etwa eine Dame: «Das war sehr lustig und hat gutgetan, wieder einmal herzhaft gelacht zu haben». Einem Statement, dem die Umstehenden nur beipflichten konnten. Es waren rundum nur zufriedene Gesichter zu sehen und wahrscheinlich grinst so mancher später in sich hinein, wenn ihm die eine oder andere Pointe wieder in den Sinn kommt.
Abschliessend wurde die Seniorenbühne mit grossem Applaus verabschiedet und Maja Berger informierte noch über den nächsten wichtigen Anlass: Bald ist Maitanz!

MARIANNE BURGENER


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