Sich aufopfern und Geld sammeln für einen guten Zweck, das ist keine neue Idee. Aber im Alter von zehn Jahren und mit einer Ausdauer, die ihresgleichen sucht, das ist ein beachtliches Engagement. Was treibt zwei Mädels dazu an, einen Teil ihrer Freizeit am Strassenrand zu verbringen und Süssigkeiten zu verkaufen?

Bei schönem Wetter installieren sie am Nachmittag nach Schulschluss oder an freien Tagen ihren Holztisch, hängen das selbstgemachte Plakat auf, deponieren die Süssigkeitengefässe aus dem Grossmarkt auf dem Tisch und warten auf Kundschaft. Den Platz für ihren Stand haben Lyia und Yuna geschickt gewählt; er steht an der grössten Kreuzung im Ort, die alle passieren müssen, die in Wittenwil unterwegs sind. Vor allem die Schüler auf dem Heimweg – entsprechend das Gewusel an diesem Dienstag nach Unterrichtsende. Antony sitzt ebenfalls hinter dem Tisch, er gehöre sozusagen dazu, erklären die beiden Chefinnen. Sie hätten ihn angestellt, aber mit aufs Bild möchte er dann doch nicht. Trotz des regen Betriebs finden sich ein paar Minuten, um der Hauptinitiantin des Projekts, Lyia, ein paar Fragen zu stellen.

WIE LANGE MACHT IHR DAS SCHON?
Aktuell gerade sind wir etwa seit fünf Tagen am Verkaufen, früher in diesem Jahr schon einmal zwei Wochen und letztes Jahr waren wir ungefähr fünf Wochen dran.

WAS WAR DER AUSLÖSER, WARUM MACHT IHR DAS?
Unser Hund Sunny kommt aus Carmona Sevilla in Spanien, von Parenas Pfotenhilfe. Wir haben mitbekommen, dass auf dem Grundstück irgendwelche römischen Funde gemacht wurden, die ausgegraben werden sollen; deshalb muss das Tierheim umziehen. Momentan konnte der Ausgrabungsstart noch hinausgeschoben werden, aber wahrscheinlich nächsten Frühling geht es los. Ein Umzug und ein Neubau kosten sehr viel Geld. Darum hat das Tierheim einen Spendenaufruf gemacht. Da beschloss ich, Geld zu sammeln, um den Neubau zu unterstützen; so kam ich auf die Idee, Süssigkeiten zu verkaufen.

Über 400 Franken seit letztem Jahr

WIEVIEL HABT IHR DENN SCHON EINGENOMMEN?
In diesem Jahr haben wir unsere Einnahmen noch nicht geschickt, werden aber sicher 150 Franken überweisen können. Mit dem letzten Jahr zusammen werden es dann über 400 sein.

HABT IHR KONTAKT MIT DEM TIERHEIM, RESPEKTIVE MELDETEN SICH DIE VERANTWORTLICHEN SCHON BEI EUCH?
Ja, sie bedankten sich bei uns und die Aktion wurde sogar auf ihrer Facebookseite mit über 10’000 Followern gepostet. Per Post haben wir als Dankeschön zwei Anhänger erhalten.

MUSSTET IHR EURE ELTERN VON EUREM PLAN ÜBERZEUGEN, ODER HABEN SIE EUCH SOFORT UNTERSTÜTZT?
Meine Mutter war von Anfang an dabei und fand es eine super Idee. Wir haben dann zusammen geschaut, wie wir das machen könnten. Dem Papa war es eigentlich eher ein wenig egal.

Da mischt sich die zweite Standbetreiberin, Yuna ein und erzählt, dass ihre Eltern dem Vorhaben erst ziemlich neutral gegenübergestanden hätten, sie es nun aber auch wirklich gut finden würden, was sie mache.

WAS DENKT IHR, WIE LANGE MACHT IHR DAS NOCH? VIELLEICHT SOGAR SPÄTER?
Naja, wenn wir erwachsen sind, machen wir das hier sicher nicht mehr. Im Moment bleiben wir hier noch so lange, bis alles verkauft ist – vieles ist ja schon weg – und dann sicher nächstes und vielleicht auch übernächstes Jahr noch. Ob und wie wir Zeit haben werden, wenn wir die Oberstufe besuchen, wissen wir jetzt noch nicht.

WAS WÜNSCHT IHR EUCH?
Wir fänden es cool, wenn alle bei uns etwas kaufen würden. Bald ist Schluss für dieses Jahr, vielleicht noch ein- oder zweimal am Nachmittag. Oder dann halt 2023 wieder.

Damit ist das Gespräch beendet, eine neue Kundin erkundigt sich nach dem Angebot und tritt mit Yuna in Verhandlung um den Preis der Süssigkeiten. Die Jugendlichen lernen fürs Leben; die Schreibende ist ziemlich beeindruckt vom Engagement und Durchhaltewillen und drückt die Daumen, dass am Ende der Sammelaktion wiederum ein schöner Betrag nach Spanien geschickt werden kann.

TEXT UND INTERVIEW: MARIANNE BURGENER