Sek-Projekt «Marathon»
03.07.2025 ElggJede Sekundarschülerin und jeder Sekundarschüler wusste um die Abschlussprojektphase zum Schulende. Und dennoch wurde so manch einem wohl flau, wenn – wie im Schulhaus Ritschberg in diesem Januar – zur Infotagung in den Singsaal aufgeboten wurde. Powerpointiert hob Tihomil ...
Jede Sekundarschülerin und jeder Sekundarschüler wusste um die Abschlussprojektphase zum Schulende. Und dennoch wurde so manch einem wohl flau, wenn – wie im Schulhaus Ritschberg in diesem Januar – zur Infotagung in den Singsaal aufgeboten wurde. Powerpointiert hob Tihomil Krmpotic, Fachlehrer Werken, hervor, was er von seinen Zöglingen im nächsten Halbjahr erwartete. Von den 60 Jahrgängern in den vier betroffenen Klassen sollte jeder etwas zurechtlegen, was ihm oder ihr wichtig wäre, zu bauen, darzustellen oder auszuprobieren. Sich quasi eine Vorschau aufs Leben zu erarbeiten. Mit Mindmaps, Projektvertrag und Euphorie, bitte.
Um es gleich vorwegzunehmen; Handwerkliches liegt Luis gleich gar nicht. Luis Prisciantelli ist ein Bewegungsmensch. Er spielt Mittelfeld im FC Elgg, wuchtet regelmässig Gewichte im Gym und krault beständig seine Längen in der Badi Elgg. Bei den Zwei-Kilometer-Läufen an der Schule belegte er auch schon mal Jahrgangsbestzeit. Kein Wunder sieht ihn seine Mutter Catia an einem Marathon!
Im Gremium der Projektleiter sticht das Unterfangen durch seine Einzigartigkeit auf. Kann Bewegung Projekt sein? Oder ist es doch nur Ausrede, Auszeit vom Schulbetrieb zu nehmen? Für den Projektvertrag muss detailliert vorgelegt werden, wie das ablaufen soll. Zur Klärung der Ernsthaftigkeit bringt Luis seine Ernährungs- und Trainingspläne bei.
Um den hilfreichsten Laufschuh zu definieren, lässt der 15jährige gleich zu Beginn des bewilligten Projekts bei Ochsnersport eine Laufanalyse erstellen. Der Laktatstufentest an der Medbase misst auf dem Laufband den anzustrebenden Pulsbereich und die maximale körperliche Leistungsfähigkeit. Diese medizinische Auswertung prognostiziert Luis unter optimalem Training eine Zeit von drei Stunden und achtzehn Minuten, die originale Marathondistanz über 42,195 Kilometer zu leisten.
Er startet mit drei Trainingsläufen wöchentlich. Am Sonntag – jeden Sonntag – nimmt er zusätzlich einen Halbmarathon von 20 Kilometern unter die Füsse. Eine speziell zusammengestellte Ernährung von 3000 kcal am Tag, ein Trainingsplan nach Viktor Röthlin und die neue Garmin Sportuhr takten nun die Tage. Luis läuft auf tiefem Puls für die Ausdauer, rennt auf den Schauenberg für die Kondition und trainiert im Intervall für die muskuläre Tempoverbesserung. «Davon hätte es mehr sein sollen.» moniert Luis, ungeachtet der zusätzlichen Belastung durch die anhaltenden Gym-Besuche und dem Fussballtraining.
Luis Prisciantelli ist diszipliniert und ehrgeizig. Und er hat sich ein Ziel gesetzt, das er auch erreichen kann und will. Jede Woche werden es 40 Kilometer Lauftraining. Kälte, Hitze oder Regen werden ausgeblendet, aber manchmal fordert die Erschöpfung ihren Tribut. Da hilft Eisbaden zur Erholung, Massagen oder – ganz selten – ein Tag Ruhe zur Regeneration. Sein längster Lauf im Training liegt nun bei 28 Kilometern und der Marathon in greifbarer Nähe. Da Luis noch nicht 18 ist, wird ihm der Zugang zu offiziellen Veranstaltungen verwehrt. Nach vier Monaten des Trainings läuft Luis seine 42 ausgemessenen Kilometer rund um den Greifensee. Bei bedecktem Himmel und 15 Grad fallen ihm die ersten 35 Kilometer relativ einfach. Hält ein Tempo, das er sich vorgenommen hat. Bis er ein paar Stufen falsch einschätzt, überdehnt und sich einen Krampf im Oberschenkel zuzieht. Die folgenden 3000 Meter werden für ihn zur Willensprüfung. Abbrechen ist keine Option. Luis würde nie aufgeben, selbst wenn alles schmerzt. Ein starkes Mindset und seine mentale Stärke tragen ihn nach drei Stunden und zweiundzwanzig Minuten ins Ziel, nur wenige Minuten hinter dem Bestmöglichen, was für ihn physisch überhaupt machbar wäre.
Mit dem Beginn seiner KV-Lehre wird Luis sein Training wohl reduzieren müssen. «Auf 80 Prozent oder so. Was halt neben der Lehre noch Platz findet.» Fernziel? «Olympia, warum nicht?»
Am 10. Juli werden alle Projekte öffentlich Vernissage in den Zimmern des Sekundarschulhaus Ritschberg feiern, bevor am Abend die drei Siegerprojekte im Werkgebäude gekürt- und Zeugnisse zur Verabschiedung ausgehändigt werden.
BEAT MORELL
www.sek-elgg.ch