Scheinbar doch Ansichtssache
12.09.2024 LeserbriefeLeserbrief zum Artikel «Wie es der Biodiversität geht, ist keine Ansichtssache» von Loïc Pellissier (5.9.2024)
Sobald eine Fläche landwirtschaftlich genutzt wird, gilt sie bei den Umweltverbänden als schlecht, egal wie hoch die Biodiversität darauf ist. ...
Leserbrief zum Artikel «Wie es der Biodiversität geht, ist keine Ansichtssache» von Loïc Pellissier (5.9.2024)
Sobald eine Fläche landwirtschaftlich genutzt wird, gilt sie bei den Umweltverbänden als schlecht, egal wie hoch die Biodiversität darauf ist. Meiner Meinung nach sind landwirtschaftliche Produktion und Biodiversitätsförderung zusammen möglich, werden aber aufgrund bürokratischer Vorgaben und von den Umweltverbänden nicht anerkannt.
Dass Wissenschaftler oft unterschiedlicher Meinung sind, ist nichts Neues. Wir sind es inzwischen auch gewohnt, dass die Medien Landwirte oft so darstellen, als wäre ihnen die Ökologie völlig gleichgültig. Ich will daher nicht darauf eingehen, ob die vom Bauernverband oder von Ökolobbyisten bezahlten Wissenschaftler bessere Studien schreiben; diese Diskussion werden wohl noch unsere Enkel führen.
Nur so viel: Ein Bericht des Bundesamts für Umwelt zeigt, dass Flächen wie alpine Gebiete, Wildtierzonen, Naturschutzgebiete oder Biotope nationaler Bedeutung heute offiziell gar nicht zu den Biodiversitätsflächen gezählt werden (SRF, 13.06.2023). Für mich zählen solche Flächen auch zur Biodiversitätsförderung, und ich frage mich, warum die Umweltschützer das nicht auch so sehen – und damit ist Biodiversität wohl doch Ansichtssache.
Ja, es ist wichtig, die Vernetzung zu fördern. Ich kann hier aber aus persönlichen Erlebnissen am Heurütiweiher berichten, dass dies aufgrund bürokratischer Vorgaben von Bund und Kanton sehr schwierig ist. Die praktischen Vorgaben erfüllen wir schon lange, doch ohne Verträge zählt diese Fläche nicht zur Vernetzung. Die Hürden sind so gross, dass ich und vorher mein Vater nun schon seit über zehn Jahren in Verhandlungen mit dem Kanton stehen, nur um diese Vernetzung endlich offiziell umzusetzen. Schon logisch, haben wir zu wenig vernetzte Flächen, wenn das immer so lange dauert.
Die Gesetzesgrundlagen für die Vernetzung gibt es also schon, nur sind diese sehr bürokratisch. Es ist für mich fraglich, wie diese bürokratischen Hürden weniger werden sollen, wenn wir nun noch mehr Gesetze dazu schaffen. Es ist richtig, dass die Fläche zur Förderung der Biodiversität zugenommen hat, aber die Qualität dieser Flächen ist verbesserungswürdig. Daher ist es für mich unverständlich, wieso die Ökolobby immer mehr Fläche fordert, statt endlich die Landwirte beim Qualitätsaufbau zu unterstützen.
Ein Beispiel: Die gefährdete Fromental-Wiese benötigt eine zurückhaltende Düngung, am besten mit etwas Mist. Damit eine Fläche aber als Biodiversitätsförderfläche gilt, ist Düngung jedoch gänzlich verboten. Wenn ein Landwirt also die Fromentalwiese fördert, gilt das aufgrund dieser Bundesvorgabe nicht als Biodiversitätsförderfläche.
Für die Biodiversitätsförderung braucht es also regionale und an die Standorte angepasste Massnahmen und nicht noch mehr nationale Einschränkungen, welche die Biodiversitätsförderung behindern. Darum stimme ich Nein zur Biodiversitätsinitiative, weil bürokratische Hürden die Biodiversitätsförderung nicht beschleunigen.
JÖRG BÜCHI, BSC AGRONOM, HEURÜTI/ELGG