Romeo und Julia und die Schuhe aus Paris
09.06.2022 ElggAm Pfingstsonntag, dem zweiten Öffnungstag des Heimatmuseums in dieser Saison, ist das zahlreich erschienene Publikum dort in den Genuss eines kleinen Theaterstücks namens «Schuh in Love» gekommen.
Aus Anlass der diesjährigen Sonderausstellung «175 Jahre Schuhfabrik Elgg» engagierte das Heimatmuseum das Schuhtheater Zürich für seinen Auftritt mit «Schuh in Love». In dIesem Zweipersonenstück, angekündigt als «komödiantischer Mix aus aktueller Thematik und klassischen Elementen», geht ein verlassenes Muttersöhnchen und Hygienefreak mittels einer Datingplattform auf Brautschau. Dabei spielen seine Schuhe, welche der möglichen Partnerin passen müssen, eine grosse Rolle.
Das Schuhtheater Zürich besteht aus Placid Maissen (Zürich), Schuhhändler in der vierten Generation, Schauspieler und Drehbuchautor, und Sabine Meisel (Winterthur), Autorin und Schauspielerin, sowie dem Regisseur Hanspeter Allenspach, Lehrer, Sozialpädagoge und Schauspieler. Bis im August 2020 fanden ihre Auftritte stets in Maissens (nun geschlossenem) Herrenschuhladen in Zürich statt. Seither geht das kleine Ensemble mit seinen Stücken, welche die drei selbst schreiben, auf Tournee. Sie spielen in Bars, Museen, Kulturbeizen; ihre feine Kleinkunstbühne kommt mit nur wenigen Requisiten aus.
Freudig überrascht vom grossen Aufmarsch begrüsste Museumspräsidentin Renate Katterbach das Publikum – aufgrund des Regenwetters im Museumsinnern – unter anderem mit den Worten: «Ihr macht unser Museum lebendig.»
«Schuh in Love»
Der (imaginäre) Vorhang wird gelüftet und der von seiner Frau verlassene Romeo betritt die «Bühne», respektive sein Bistro, via Kopfhörer klassischer Musik lauschend. Auf seinem Handy chattet er mit möglichen Partnerinnen. Eine nach der anderen erscheint bei ihm – so eine Bäuerin, die Mimose, die von ihrem Übergriff erzählt, den sie mit zwölf Jahren auf dem Weg zum Schwimmunterricht in einem Tram erlebt hatte, die ordinäre Nelly aus dem Milieu, welche mit ihren Seitensprüngen prahlt, und dann eben Julia, die sich schliesslich doch als Elise entpuppt. Für Romeo ist klar: «Für mich kommt nur eine Frau in Frage, welcher diese Schuhe passen; diese sind aus Paris.» Und er probiert den Damen jeweils seine Schuhe an. Bei entsprechenden Szenen wirft er auch Zitate aus der Weltliteratur ein, wie beispielsweise aus Heinrich Heines Liebesgedicht «Hast du die Lippen mir wund geküsst, so küsse sie wieder heil», und natürlich von Shakespeares «Der Narben lacht, wer Wunden nie gefühlt», oder «Doch still, was schimmert durch das Fenster dort?».
Ein Portion Erotik und bisweilen die eine oder andere Zweideutigkeit waren auch mit im Spiel. Besonders die Schlussszene zur Musik von Serge Gainsbourg «Je t’aime, moi non plus» hatte es in sich. Aber natürlich war alles im grünen Bereich, witzig dargeboten und halt eben aus dem Leben gegriffen. Alle Frauenfiguren wurden herrlich und treffend von Sabine Meisel dargestellt.
Alles in allem: Glänzend gespielt und eine knappe Stunde amüsante Unterhaltung geboten. Und das Publikum hat mitgemacht, was die Schauspieler besonders freute. «Hoffentlich ist das Museum nicht rot geworden», meinte Renate Katterbach nach dem grossen Schlussapplaus scherzhaft.
HEDI LUTZ