Realklasse besuchte ehemaligen Mitschüler – Reise nach Lecce (Cutrofiano)
12.07.2025 ElggBericht erschienen in der «Elgger/Aadorfer Zeitung» vom Dienstag, 7. Juli 1987
Diese Reise war eigentlich gar nicht geplant. Es war vorgesehen, dass unser ehemaliger Schulkamerad Ivano während seinen Sommerferien in die Schweiz kommt, und mit uns auf die Schulreise ...
Bericht erschienen in der «Elgger/Aadorfer Zeitung» vom Dienstag, 7. Juli 1987
Diese Reise war eigentlich gar nicht geplant. Es war vorgesehen, dass unser ehemaliger Schulkamerad Ivano während seinen Sommerferien in die Schweiz kommt, und mit uns auf die Schulreise gekommen wäre. Doch dann wurden wir von Signorellas nach Cutrofiano/Lecce (Luftlinie: Elgg – Cutrofiano zirka 1100 Kilometer. Cutrofiano liegt in Apulien, im «Absatz des italienischen Stiefels») eingeladen. Aber ob es klappen würde? Bis wir das Einverständnis der Oberstufenschulpflege und auch alles andere (Schlafgelegenheit, Essen, etc.) mit der Familie Signorella geklärt hatten, glaubten wir nicht so recht daran. Nach den Heuferien nahm unsere Reise konkrete Formen an. Es verging kein Tag, an dem wir in der Schule nicht über Lecce redeten. Je näher der Reisetag heranrückte, umso nervöser wurden wir, sogar unser Lehrer war ganz zappelig.
Endlich war es soweit!
Am Freitag, dem 19. Juni wurden noch die letzten Einkäufe erledigt. (Proviant für eine 20-stündige Bahnreise!) Am Abend um 17 Uhr stiegen alle (also die 3b Real samt Lehrer, Frau Baier und Frau Bosshard) aufgeregt in den Zug. In Zürich ergriffen alle eilig ihr Gepäck und schleppten es zum Schnellzug Zürich – Lecce. Obwohl wir die Plätze reserviert hatten, waren unsere Abteile bereits besetzt. Bald hatten die anderen das Abteil geräumt, und wir richteten uns gemütlich ein. Mit Erzählen, Spielen, Jassen und Essen verging die Zeit wie im Flug und schon drehten wir eine Runde im Bahnhof «Milano Centrale». Einige blieben zurück und bewachten unser Gepäck. Übrigens, es regnete auch in Mailand! Gegen Mitternacht, Richtung Bologna fahrend, versuchten wir zu schlafen. Der ratternde Zug und ein kleiner, dauernd fluchender Mitreisender, der Jocki den halben Platz wegnahm, hinderte uns vorerst daran. Die Müdigkeit besiegte uns mit der Zeit doch und wir versanken in einen unruhigen Schlaf. Als wir erwachten, bestaunten wir das Meer und den Regen. Unsere Leiter wollten sich mit einem Kaffee stärken, wurden aber gewaltig übers Ohr gehauen (ein Espresso kostete 4000 Lire) und so schmeckte ihnen der Kaffee nicht mehr sonderlich. Mit zwei Stunden Verspätung kamen wir endlich in Lecce an. Schade, dass es kein Foto vom Gesicht unseres Lehrers gibt, als er in Lecce (Süditalien!) im Regen stand. Während wir auf Signorellas warteten, sahen wir plötzlich, wie ein Mann ein Auto aufbrechen wollte. Doch die eingebaute Sirene hinderte ihn daran, und er spazierte seelenruhig davon. Und endlich fanden wir auch den Bus, wo Ivano und seine Eltern schon auf uns warteten. Nach einer langen Begrüssung stiegen wir in den riesigen Pullman und fuhren nach Cutrofiano. Dort angekommen, mussten wir uns gleich an einen grossen gedeckten Tisch setzen. Es gab hausgemachte Fusilli und Cappellini, Fleisch und Salat. Nach dem Essen konnten wir unsere Unterkunft aufsuchen. Dass es zu wenig Betten hatte, sahen wir auf den ersten Blick, so mussten wir wenigstens nicht frieren. Wieder bei Signorellas, überreichten wir die Geschenke, aber auch wir bekamen jeder einen handbemalten Teller. Anschliessend besuchten wir die Verwandtschaft in Cutrofiano. Alle wollten die «Svizzeri» sehen. Wir besuchten auch die Töpferei, in der unsere Teller hergestellt worden waren. Als wir wieder zurückkamen, konnten die Hungrigen noch etwas essen, und anschliessend gingen wir schlafen.
MICHAEL OETTLI, JOACHIM HUGI UND ROLAND SCHENK
Sonntag: Baden im Ionischen Meer
Wir hatten am Sonntag um acht Uhr Tagwache. Wir frühstückten und machten es uns in der Stube gemütlich und spassten herum, bis zirka um elf Uhr der Car kam. Mit viel guter Laune stiegen wir ein, denn wir wollten so schnell wie möglich im Ionischen Meer baden gehen. Aber wir mussten noch auf die Leiter warten. Als wir endlich abfuhren, ging es aber nicht lange, bis der Car wieder anhielt. Der Chauffeur zeigte uns eine Kirche, die wir mit Staunen besichtigten. Bald fuhren wir weiter und sahen auch schon das Meer. Am Strand angekommen und ausgestiegen, hatten die Mädchen bereits einen Haufen italienischer Jungen um sich. Schnell gingen wir ins Wasser und planschten wie die Wilden. Wir bewarfen uns gegenseitig mit Sand. Als unser Lehrer ins Wasser kam, wollten wir ihn tauchen, aber er war vorerst nicht mit unserem Plan einverstanden und tauchte uns (die meisten von uns dreimal)! Aber schliesslich kam er auch noch unter Wasser. Nach vier Stunden fuhren wir weiter, und zwar nach Gallipoli, wo einige von uns die Stadt besichtigten und frische Muscheln und Gelati assen. Bald ging es wieder heimwärts. Im Garten von Signorellas assen wir Aprikosen frisch vom Baum. Als wir endlich zu Hause angekommen waren, machten sich alle hübsch für den Ausgang. Zum Abendessen gab es gebratene Peperoni, Tomaten, Artischocken, Oliven und Crevetten. Dann gingen fast alle in die «Villa» (Park), um zu sehen und gesehen zu werden. Um halb zwölf waren alle in ihren Zimmern, aber nur wenige dachten bereits an Schlafen.
MARTIN STIEFEL, THOMAS BLUM, ROLAND METTLER
Montag: Sehenswürdigkeiten
Tagwache 7 Uhr. Die Knaben wurden von Herrn Heldstab, und die Mädchen von Gina Signorella geweckt mit den Worten: «Guet gschlafä, gälä, gälä». Die Mädchen assen jeweils vor den Knaben. Es war ein normales Frühstück. Dann machten wir uns frisch für die Reise. Der Car kam ungewöhnlich pünktlich. Wir griffen den Lunch und die Badetasche und stiegen ein. Der Chauffeur liess während der ganzen Zeit den Motor laufen. Nun fuhren wir in Richtung Mura Leccese, um die megalithischen Mauern (mehrere Jahrtausende alte, aus Vierkantblöcken ohne Mörtel aneinander geschichtete Steine) anzuschauen. Nichtinteressierte blieben im Car zurück und hörten zum x-ten Mal Eros Ramazzotti. Wir fuhren weiter, nach Otranto. Leider war das Kastell geschlossen. Auch bei der berühmten Kathedrale Santa Maria Annunziata mit dem einmaligen Mosaikfussboden aus dem 12. Jahrhundert wurden wir vom Pech verfolgt. Kaum hatten wir einen Blick auf das Mosaik geworfen, kam ein Priester angerannt und warf die unzüchtig gekleidete (sie trugen Shorts) Schülerschar zur Kirche hinaus. Langbehoste durften länger bleiben. Unser Lehrer Heldi (in Italien Giacomo genannt) hatte uns alle zu einem Gelato (Glace) eingeladen. Wir verschmorten fast vor Hitze. Endlich fuhren wir weiter Richtung Santa Maria di Leuca. Beim Leuchtturm an der südlichsten Spitze assen wir unseren Lunch. Wir wollten den Leuchtturm besteigen, der aber entgegen dem Bericht im Reiseführer militärische Zone ist. Als es dann kurz und heftig regnete, verzichteten wir aufs Baden und fuhren weiter zu den Grotten Zinzulusa, Azzurra, Palombara. Dort angekommen, stach die Sonne vom Himmel und wir erfrischten uns an «Granita» (Eis-Sirup). Wir wurden durch die grosse Grotte Zinzulusa geführt. Ivano übersetzte uns, was der Führer erzählte. Er zeigte uns in dieser Grotte unter anderem einen Süss-Salzwasserteich und drei Säulen, die man «die Bewacher der Höhle» nennt. Diese Grotte wurde 1906 entdeckt. Der Kot der Fledermäuse, die zu Hunderten diese Grotte bewohnen, wurde während Jahren abgebaut (600 Tonnen). Zurück aus der Grotte, bestiegen wir ein kleines Boot, dieses fuhr uns in die Blaue und die Taubengrotte. Ziemlich feucht bespritzt brachte uns der Bootsmann ans Ufer zurück. Da die Sonne wieder stark brannte, tauchte der Wunsch nach Baden wieder auf. Es war nicht einfach, einen geeigneten Platz zu finden, denn die Küste besteht hier meistens aus steil abfallenden Felsen. Doch wieder wusste unser Chauffeur Rat und führte uns zu einer kleinen sandigen Bucht. So kamen wir nun auch zu einem Bad in der Adria.
Kaum waren wir im Bus, hielt der Chauffeur (er hielt oft, für einige viel zu oft) erneut. Er zeigte uns, wie man frische Seeigel isst. Einigen löschte es ab beim Anblick und Geschmack des salzigen «Geschluders», andere wollten unbedingt probieren und waren dann angenehm überrascht. Meister im Seeigelessen war natürlich Nino, der Chauffeur: er ass die Seeigel samt den Stacheln! Da es nun schon ziemlich spät geworden war, fuhr uns der Chauffeur auf unseren ausdrücklichen Wunsch direkt nach Hause, wo wir uns gierig auf riesige Spaghetti-Portionen stürzten, was dann einige in der Nacht büssen mussten. Im Ausgang war es dann so, dass die Mädchen bald einmal von einem Rudel Burschen umringt waren, während sich die Knaben unter der Leitung von Ivi in einem italienischen Spielsalon umsahen. Sicher, aber für einige viel zu früh, brachten uns dann die Leiter nach Hause, ganz nach dem Rat Signorellas: «Muesch scho guät uf dr Maiteli ufpasse».
DORIS, BEAT, CLAUDIA
Dienstag: Besuch im Trulli Dorf
Nach dem Frühstück (tatsächlich ‹Früh›-Stück, um 7 Uhr!) stiegen wir in den Car, der uns schon erwartete. Zwei Freunde von Ivano durften mitkommen! Wir fuhren etwa vier Stunden, die eigentlich recht schnell vergingen mit all dem Trubel und der Musik und dem Geplauder. In der Nähe von Bari angekommen, besichtigten wir die Festung Castel del Monte! Wir besichtigten es, soweit es uns interessierte. Die Begleiter sowie unser Lehrer interessierten sich mehr dafür, und so mussten sie warten! Diese aber genossen einen grossartigen Blick über die apulische Landschaft!
Nachher assen wir ein wenig abseits in einem Wäldchen. Es schmeckte uns sehr, denn wir hatten alle Hunger. Als unsere Bäuche beruhigt waren, fuhren wir weiter nach Alberobello, dem berühmten Trulli-Dorf. Trulli sind steinerne Rundhäuser, die einem Zimmer entsprechen. Also braucht eine Familie drei bis sieben Trulli für eine Wohnung. Dort gab es Souvenirläden. Für einige war es das erste Mal, dass sie «gemärtet» haben, was uns grossen Spass machte.
Auf der Rückreise besuchten wir den Hafen von Brindisi. Danach fuhren wir mit dem Car weiter und suchten eine Pizzeria. Nach langer Fahrt fanden wir endlich ein Restaurant, wo wir Pizza assen. Es gab verschiedene Arten von Pizza. Als wir unsere Bäuche gefüllt hatten (die Pizzas waren riesengross), bekam Martin einen Coca-Cola-Kalender, der im Restaurant aufgehängt war. Dazu bekam er noch eine Jubiläums-Cola-Flasche! Dann verabschiedeten wir uns und fuhren spät nach Hause. Dort bekamen wir von Signorellas noch Glace. Wir gingen bald zu Bett.
ISABELLE MICHEL, MONIKA WAGNER, SABRINA PELUSO
Mittwoch: Meister im «märten»
Halb 8 Uhr! Es ist wieder einmal so weit. Obwohl es draussen schon heiss war, wollten wir nicht aufstehen. Mit viel Überwindung gelang es uns dann schliesslich doch noch. Die meisten waren schon im Badezimmer. Eine andere stand unter der Dusche, eine andere trocknete sich die Haare und wiederum andere zogen sich bereits an. Da rief Signorella: «Gelle! Bizeli Morgä ässä, mitä Brotä und ä Milgä.» Also gingen wir in die Küche und deckten den Tisch. Nachdem wir fertig gegessen hatten, räumten wir das Geschirr weg und wuschen ab. Danach gingen wir wieder ins Zimmer, machten unsere Betten und packten einige Sachen. Um neun Uhr spazierten wir zum «Mercato». Dort kauften wir unter anderem Kassetten, das Stück zu 5.40 Franken, sowie auch Pfirsiche, das Kilo für 1.20 Franken. Einige von uns wurden wahre Meister im «märten». Mit vielen Gesten und wenig Sprachkenntnissen kleideten sie sich für wenig Geld neu ein! Bald darauf mussten wir wieder nach Hause zurückgehen, denn das Mittagessen wartete auf uns. Es gab: Gamberi, Voressen mit Paprikasauce und zum Schluss noch Spaghetti. Bis wir endlich alle 50 Teller plus 50 Bestecke und drei Pfannen abgewaschen hatten, waren wir total fertig. Die Knaben mussten dafür ihre Unterkunft selber sauber machen. Als wir endlich alles aufgeräumt und gepackt hatten, trugen wir die Koffer nach unten. Nun bekamen wir noch Glace. Um fünf Uhr holte uns der Car ab. Als alles eingeladen war und alle eingestiegen waren, fuhren wir nach Lecce, um dort noch einige historische Bauwerke zu bewundern.
Das grosse Heulen
Kaum ausgestiegen, führte uns Nino direkt ins historische Museum. Da konnten wir sehen, dass Süditalien einst eine griechische Kolonie war. Im fürchterlichen italienischen 5 Uhr-Verkehr stürmten wir durch die Altstadt zum Amphitheater. Das Amphitheater kann man nur noch zur Hälfte sehen. Die andere Hälfte ist überbaut. Früher war das ganze Theater mit Marmor ausgekleidet. Aber als man gegenüber eine Kirche baute, wurde der ganze Marmor geklaut und für die Kirche gebraucht. Als Letztes wollten wir noch die berühmte Barockkirche Santa Croce besichtigen. Wir sahen fast nichts, weil die Fassade wegen Renovationsarbeiten eingekleidet war. Nun marschierten wir endlich zurück zum Car. Unterwegs spendierte uns der Chauffeur noch ein Glace und die Laune stieg beachtlich. Kaum im Car, sank sie aber auf den Nullpunkt, weil jeder wusste, dass es jetzt Abschiednehmen hiess. Als wir die Koffer ausluden, fingen die ersten schon an zu weinen. Frau Signorella und der Chauffeur lachten die Weinenden ein wenig aus. Dann ging’s ab auf den Perron. Während wir auf den Zug warteten, wurden noch letzte Adressen ausgetauscht und mittlerweile weinten fast alle. Auch Frau Signorella war nicht mehr so laut! Als der Zug einfuhr, herrschte ein Durcheinander. Herr Heldstab spurtete in den Wagen, um gleich Abteile zu besetzen. Diesmal hatten wir auch alle Platz. Wir gaben die Koffer zum Fenster hinein und stiegen ein. Ivi und die «Ferienschätzchen» kamen mit in den Zug, wo totales Chaos herrschte. Nun verabschiedeten wir uns fast zum letzten Mal. In unserem Abteil haben alle geheult.
Die einen schrien unter Tränen, dass sie hierbleiben wollten, die anderen wussten gar nicht so recht, warum sie weinten. Wir waren zirka 20 Minuten im Zug, bis er endlich anfuhr, aber mit Weinen war noch lange nicht Schluss. Als sich langsam alle beruhigt hatten, redeten wir noch über alles, was wir erlebt hatten. Danach löschten wir das Licht. Das Radio mit der Kassette drin, spielte wieder einmal, na was wohl? Natürlich Eros Ramazzotti, zum 931. Mal. Dann schliefen etliche erschöpft ein. Einige geisterten aber immer noch im Abteil herum. Auch der Lehrer fand keine Ruhe! Er ging von Abteil zu Abteil. Nicht etwa, weil er nicht schlafen konnte, sondern weil er eine Frau im Abteil hatte. Das ging so: Während der Fahrt riss diese Person die Tür zum Abteil auf und bevor die Leiter etwas sagen konnten, stand sie schon mittendrin. Sie verstaute das Gepäck, setzte sich hin und schon streckte sie die Füsse auf das gegenüberliegende Polster. Und jetzt begann das Drama: ein penetranter, ekelerregender Fussschweissgeruch hüllte die Leiterin in einen stinkigen Nebel. Zusätzlich verströmte sie noch andere unangenehme Gerüche. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, befanden wir uns kurz vor Rimini und bemerkten, dass wir schon eine Stunde Verspätung hatten. Bis Zürich wurden es dann zwei Stunden und wir verpassten den Zug, in dem wir einen Wagen für uns reserviert hatten. Wir fanden trotzdem noch Platz. In Winterthur hiess es das letzte Mal Koffer schleppen und als wir im Zug sassen, kamen uns plötzlich bekannte Gesichter entgegen: Es waren Elgger, die an der Töss-Stafette teilgenommen hatten. Sofort wurden Erlebnisse ausgetauscht. In Elgg angekommen, verloren sich dann alle aus den Augen. Jeder wollte so schnell wie möglich nach Hause. Wir waren alle erschöpft, aber glücklich und voller schöner Erinnerungen an die Tage in Cutrofiano! Nur der Koffer von «Frau Bossardi» fuhr noch ganz alleine weiter …
MICHAELA, ELVIRA, NICOLE, VANESSA